Von Berlin nach Syrien laufen für den Frieden
Zu Fuß von Berlin nach Aleppo. 3400 Kilometer. Viele hielten diese Idee für verrückt. In den sozialen Medien wurde die Initiatorin als "blauäugig" und "eigennützig" beschimpft. Ein halbes Jahr später sind nur noch sechs Teilnehmer der Friedensdemonstration übrig - und die stecken an der türkischen Grenze fest. Ist der Marsch damit gescheitert?
"Nein", sagen unsere Reporterinnen Nadine Wojcik und Carolin Pirich, die die Friedensaktivisten im vergangenen halben Jahr immer wieder besucht haben.
"Es war tatsächlich nie das Ziel, physisch nach Aleppo zu kommen, sondern sich einfach durch diesen Marsch solidarisch zu zeigen mit den Menschen vor Ort. Und ich glaube da haben die Aktivisten tatsächlich ziemlich viel erreicht. Immerhin haben sich insgesamt 3000 Menschen aus 60 Nationen dieser Demonatration angeschlossen."
Und Dennis, ein LKW-Fahrer aus Brandenburg, der schon sehr lange mitläuft, sagt es so:
"Das geht nicht nur nach Syrien, sondern nach links und nach rechts. Das gilt genauso im Alltag. Wenn du die Möglichkeit hast, anderen zu helfen, dann mach!"
Beide Reporterinnen finden, dass Anna Alboth, der Initiatorin, vor allem eins gelungen ist: echte Menschen, die sonst nur durch einen Klick auf den Plattformen der sozialen Medien ihre Anteilnahme ausdrücken, auf die Straße zu holen.
Wer dann tatsächlich mitgelaufen ist, warum, wie es sich anfühlt und wie gefährlich es war und ist - all das haben unsere ReporterInnen in ihren Reportagen im Deutschlandfunk Kultur geschildert.
Am Anfang stand ein Facebook-Aufruf. Drei Wochene später, am Zweiten Weihnachtsfeiertag treffen sich 400 Friedensaktivisten auf dem Tempelhofer Flugfeld in Berlin und marschieren los. Bei Minustemperaturen durch Deutschland, Tschechien, Österreich, Slowenien, Kroatien, Serbien, Mazedonien und Griechenland – 3400 Kilometer, immer entlang der Flüchtlingsroute, nur umgekehrt.
Die erste Etappe ist geschafft. Nach 240 Kilometern erreichen die Aktivisten die tschechische Grenze. Ab hier gibt es keine Begleitung mehr durch die Polizei. Die Truppe muss häufiger durch Wälder und über Felder wählen, weil vielbefahrene Straßen zu gefährlich sind.
Nach knapp 650 Kilometern und 46 Tagen: Ankunft in Traiskirchen. Dem Ort, dessen Auffanglager für Flüchtlinge 2015 traurige Berühmtheit erlangte. Amnesty International beschrieb die Zustände darin als untragbar. Hier treffen die Aktivisten zum ersten Mal auf echte Flüchtlinge. Einige schließen sich ein Stück weit dem Marsch an.
Nach mehr als 2000 Kilometern und 156 Tagen ist die Freidensdemonstration am östlichen Ende der Europäischem Union angekommen, in Alexandropoulis, 43 Kilometer und zwei Fußmärsche von der Außengrenze der EU entfernt. Hier sitzen die Friedensmärschler fest, weil die Türkei keine angemeldete Demonstrantion duldet. Die Grenze wird zu einer echten Belastungsprobe der Gruppe. Antoinne, ein Franzose, den die Gruppe offiziell ausgeschlossen hat, ist auf eigene Faust weitergelaufen. Ihm folgt jetzt Dennis, ein LKW-Fahrer aus Brandenburg. Der harte Kern der Gruppe aber steckt an der Grenze zur Türkei fest. Fast schon ein Sinnbild, zumindest was Europa betrifft. Denn hier endet - zumindest politisch - die EU. Hier endet auch der Marsch für Aleppo.