"Ablenkungsmanöver von Relotius"
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Juan Moreno hat den Fälschungsskandal um den "Spiegel"-Journalisten Claas Relotius aufgedeckt und ein Buch darüber geschrieben. Jetzt klagt Relotius gegen das Werk. Sein Vorwurf: Darin würden sich "erhebliche Unwahrheiten und Falschdarstellungen" finden.
"Tausend Zeilen Lüge - Das System Relotius und der deutsche Journalismus" heißt das Buch von Juan Moreno über den Fälschungsskandal um den "Spiegel"-Journalisten Claas Relotius. Auf rund 300 Seiten beschreibt Moreno, wie er gegen den Widerstand anderer Redakteure aufdeckte, dass der von vielen geförderte Reporter Relotius in seinen Geschichten gelogen hatte.
Jetzt wird Moreno selbst der Lüge bezichtigt: Relotius' Anwalt Christian Schertz hat ein Schreiben an den Rowohlt-Verlag geschickt, in dem es heißt, in dem Buch würden sich "erhebliche Unwahrheiten und Falschdarstellungen" finden.
Größtenteils Kleinigkeiten
Insgesamt gehe es dabei um 22 Textstellen, präzisiert der Medienexperte Stefan Niggemeier: "Davon ist, glaube ich, ein Großteil das, was man so Kleinigkeiten nennen würde." Zum Beispiel, ob Relotius' Bürotür nun offen oder geschlossen gewesen sei, oder wie oft der Reporter in die Kantine gegangen sei.
Natürlich müssen auch solche Kleinigkeiten in einem Buch stimmen, sagt Niggemeier, aber es sei nichts Gravierendes. Allerdings wirft Relotius Moreno vor, Sachverhalte falsch dargestellt zu haben, um bessere Wirkung zu erzielen: "Da beschreibt Juan Moreno, dass ein Kollege gesagt hätte, er hätte von Relotius gehört, er wäre jetzt in der Klinik in Behandlung in Süddeutschland und er wäre auf einem guten Weg. Und am nächsten Tag hätte aber eine 'Spiegel'-Sekretärin Relotius auf dem Fahrrad in Hamburg gesehen", erzählt Niggemeier.
"Eine fantastische Pointe", urteilt Niggemeier, "weil es illustriert, Relotius lügt noch immer, jetzt lügt er sogar, dass er in Behandlung sei." Allerdings wirft Relotius Moreno vor, dass der zeitliche Zusammenhang nicht stimme und er auch gar nicht mit der Sekretärin gesprochen habe.
Versuch, von sich selbst abzulenken
Stefan Niggemeier glaubt aber eher an ein Ablenkungsmanöver von Relotius und seinem Anwalt. Claas Relotius habe sich einer rückhaltlosen Aufklärung bisher entzogen, meint Niggemeier: "Ich glaube nicht, dass man jetzt darauf reinfallen darf und sagen 'Es lügen alle'".
(beb)