"Den weißen Fleck in der Erinnerungskultur überwinden"
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Kulturstaatsministerin Claudia Roth möchte die Rückgabe der Benin-Bronzen als Ausgangspunkt für eine Debatte über Kolonialverbrechen nutzen. "Es geht um ein Erinnern in die Zukunft", sagt sie.
1160 Bronzen aus dem ehemaligen Königreich Benin gibt es in deutschen Museen. Noch - denn sie sollen alle an Nigeria, auf dessen Gebiet sich das Königreich befand, zurückgegeben werden. Kulturstaatsministerin Claudia Roth möchte die Bronzen schnellstmöglich wieder in Nigeria sehen: "Wir wollen in diesem Jahr mit den Rückübergaben beginnen."
Die Museen nicht allein lassen
Den Museen sichert Roth ihre Unterstützung zu. Diese müssten ihre Bestände weiterhin nach Beutekunst durchsuchen: "Ich habe sehr deutlich gemacht, dass wir die Museen nicht allein lassen wollen. Denn die Einrichtungen sind die wichtigen Akteure. Und die will ich unterstützen bei der Provenienzforschung von kolonial belastetem Sammlungsgut."
Die Benin-Bronzen sieht Roth als Ausgangspunkt einer stärkeren Beschäftigung mit den Verbrechen der deutschen Kolonialgeschichte. Der "weiße Fleck in der Erinnerungskultur" müsse überwunden werden: "Raus aus den Zitadellen der akademischen Expertendebatten, rein in eine breite Auseinandersetzung!"
Man könne die Debatte über koloniale Verbrechen nicht nach Frankreich, Großbritannien, Spanien oder Belgien abschieben: "Wir (müssen) anfangen, uns viel intensiver damit auseinanderzusetzen, gegen all diejenigen, die unsere Geschichte relativieren oder die Schlussstriche ziehen wollen, wo es keine gibt", sagt Roth.
Zugang zum kulturellen Erbe ermöglichen
Auch das Thema Benin-Bronzen sei mit der Rückgabe nicht abgeschlossen. "Es muss darum gehen, im verstärkten Dialog mit den Herkunftsgesellschaften dieser Kunstgegenstände dabei mitzuhelfen, dass wirklich allen der Zugang zum eigenen kulturellen Erbe ermöglicht wird."
Dazu brauche es eine verstärkte Kooperation zwischen deutschen und nigerianischen Museen, Ausbildung von Museumsmanagern und -managerinnen und den Aufbau von kultureller Infrastruktur. "Es geht um sehr viel mehr als um das Erinnern an das, was geraubt worden ist, es geht um ein Erinnern in die Zukunft", sagt Roth.
(beb)