Claudia-Skoda-Ausstellung in Berlin

Subversives Stricken

10:23 Minuten
Martin Kippenberger, Ohne Titel. Zu sehen ist Claudia Skoda mit ihrer Strickmaschine im U-Bahnhof Kottbusser Tor, Berlin ca. 1976-77.
Martin Kippenberger inszenierte Claudia Skoda mit ihrer Strickmaschine. © Estate of Martin Kippenberger / Galerie Gisela Capitain
Felix Denk im Gespräch mit Timo Grampes |
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Claudia Skoda ist Avantgarde-Modeschöpferin und Berliner Underground-Ikone. Das Kulturforum Berlin ehrt ihr Werk nun mit einer Ausstellung. Und auch der entsprechende Katalog zeigt Skodas Strick-Kunst in seiner ganzen Pracht.
Das Kulturforum Berlin widmet der Modeschöpferin Claudia Skoda jetzt eine Ausstellung in seiner Kunstbibliothek, mit dem programmatischen Titel "Dressed to thrill". Während die Schau coronabedingt noch nicht eröffnen konnte, liegt der Katalog schon vor und gibt Einblick in Leben und Werk einer Frau, die Strickmode für ganz neue Kreise und auf eigene Art gemacht hat. Auch eine Online-Sneak-Preview der Ausstellung kann eingesehen werden.

Selbstermächtigung mit dem Atari-Computer

In dem Buch finden sich jede Menge Fotografien aus dem privaten Archiv Skodas, das sie der Kunstbibliothek gestiftet hat, wie der Kulturjournalist Felix Denk schildert. Die Fotos wurden von Freunden Skodas gemacht, nicht von Modefotografen, aber es sind große Namen darunter, etwa Ulrike Ottinger oder Martin Kippenberger.
Skoda sei bei ihrer Mode ganz eigene Wege gegangen, hebt Denk hervor: "Ihr damaliger Mann Jürgen Skoda, ein Bildhauer, schweißte zwei Strickmaschinen zusammen. Mit einem Atari-Computer programmierte Skoda dann die Muster. Stricken war also nicht betuliche Handarbeit, sondern eine Selbstermächtigung durch Technik, eine Aneignung der Produktionsmittel."
Skoda sei es um eine Lebenshaltung gegangen, meint Denk. Ihre Wohn- und Arbeitsgemeinschaft "Fabrikneu" sei ein "künstlerischer und ein multidisziplinärer Ort" gewesen: "Hier lebten und arbeiteten Maler, Musiker, Filmemacher, Schauspieler und allerhand Szene-People. Für die strickte Skoda Kleidung. Das machte sie erst mal einfach so."

Tonbänder, Bast, Draht und Lurex

Skoda habe erst 1975 ihr eigenes Label gegründet und sich dabei auf Strickmode für Frauen konzentriert. Das höre sich erst einmal komisch an, sagt Denk. Aber: "Skoda praktizierte so etwas wie subversives Stricken."
Tatsächlich sei Stricken ein wichtiges Modethema im Punk gewesen. Vivienne Westwood, ebenfalls eine Freundin von Claudia Skoda, habe in der "Sex-Boutique" zerlöcherte Strickpullis verkauft. "Und Claudia Skoda strickte ja nicht nur mit Wolle, sondern auch mit Tonbändern, mit Bast, bisweilen sogar mit Draht und ziemlich durchsichtig. Transparenz war ein wiederkehrendes Thema bei Skoda." Ein anderes Lieblingsmaterial seien Elastan-Garne gewesen, die auch nicht blickdicht seien; oder Lurex, das glitzerte und elastisch war, also perfekt für enge Silhouetten.
Die Produktion fand in Skodas Fabriketage statt, und dort inszenierte sie auch ihre ersten Modeschauen, die ziemliche Ereignisse gewesen seien, so Denk, aufwendig inszenierte Performances: "Einmal spielten die Vibrators, eine Punkband aus London; ein andermal machten die Maler Luciano Castelli und Salomé eine Trapeznummer. Später inszenierte Skoda mal eine Art Militärparade, bei der die Models im Stechschritt über den Laufsteg patrouillierten, angetrieben vom Trommelfeuer der Musik."

Fokussierter Blick auf die Mode

"Was ich an dem Katalog wirklich mochte, ist, dass er die Mode wirklich ernst nimmt", sagt Denk. Oft sei im Zusammenhang mit Skoda die Rede davon, dass "Fabrikneu" die Westberliner Variante von Warhols Factory gewesen sei, dass sie mit David Bowie und Iggy Pop befreundet gewesen sei, es gehe also immer viel um das Umfeld Skodas. "Das kann schon mal bisschen blenden und den Blick verstellen auf die Mode selbst", so Denk.

Claudia Skoda - "Dressed to thrill"
Kunstbibliothek des Kulturforums Berlin
11. Februar 2021 bis 24. Mai 2021

Britta Bommert (Hrsg.): Claudia Skoda - "Dressed to Thrill"
Kettler-Verlag, Berlin 2020
240 Seiten, 42 Euro

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