Claudius Nießen / Clemens Meyer: Zwei Himmelhunde. Irre Filme, die man besser liest
Voland & Quist, Dresden 2016
208 Seiten, zahlr. farbige Abbildungen, 18,00 Euro
B-Movies in Buchform
Über ihre liebsten Trash-Filme plaudern Autor Clemens Meyer und sein Kumpel Claudius Nießen in ihrem Buch "Zwei Himmelhunde". Es dokumentiert unzählige gemeinsame Filmabende bei Döner und Gin Tonic. Allerdings kommt es über Belanglosigkeiten kaum hinaus.
Clemens Meyer und Claudius Nießen betreten einen kleinen Saal des Abaton-Kinos in Hamburg. Auf dem Podium vor der Leinwand starten sie mit dem Laptop eine wilde Musik voller Schüsse. Auf der Leinwand erscheint dazu das Cover ihres Buches "Zwei Himmelhunde. Irre Filme, die man besser liest" über B-Movies. Die beiden Kumpel nennen sich darin – nach einem Bud-Spencer-Film – Himmelhunde, die über ihre Lieblings-Trash-Filme, die Protagonisten und Regisseure in Dialog treten. Und das ist nicht einfach nur literarisch konstruiert – das Buch dokumentiert nämlich unzählige gemeinsame Filmabende, und zwar in einer Statistik, die Claudius Nießen vorliest:
"91 Filmabende, 207 Filme, 322 0,2-Liter-Flaschen Thomas Henry Tonic Water, 11 Flaschen Monkey-47-Gin, 4 Flaschen Hendrix-Gin, 17 Six-Packs Corona, ein Erdbeerjoghurt. Ein Berg Sushi, Döner, Döner und nochmals Döner …"
Das hört sich nach viel Spaß an, vor allem feucht-fröhlichem. Und auch wenn Nießen und Meyer im Untertitel ihres Buches "irre Filme" versprechen, "die man besser liest", können sie an diesem Abend in einem Kino natürlich nicht nur vorlesen, sondern zeigen auch einige wenige Filmausschnitte, zum Beispiel "Knockoff" mit dem Actionstar Jean-Claude Van Damme. Während Bilder aus dem Streifen über die Leinwand flimmern, fasst Clemens Meyer die hanebüchene Handlung zusammen.
"Es geht um Jeans. – Nießen: Gefälschte Jeans, die schnell kaputtgehen. – Meyer: In diese Jeans sind Mini-Bomben eingenäht, und die Jeans sollen über die ganze Welt verteilt werden von einer Jeansfälscherbande, einer russischen Jeansfälscherbande, die von Hongkong aus operiert. Und dann sollen mit Hilfe einer Fernzündung all diese Minibomben in den Jeans zur Detonation gebracht werden, weltweit, was eine weltweite Krise, eine Jeans-Krise, auslösen würde …"
Pointierte Absurdität
Meyer und Nießen weiden sich genüsslich an der Absurdität der Filme, die sie vorführen und über die sie lesen, und das kann in all seiner pointierten Absurdität durchaus sehr lustig sein.
"Meyer: Asiatischer Undercover-Bulle im Unterhemd will sich dancend in der Disco in die Frauenhändlerbande einschmuggeln, über deren halbschwulen Teilhaber. Der ist sofort geil. – 'Hey, du hast die besten Klamotten an. In England angefertigt?' – Das Unterhemd: 'Ich bin Designer.' – Und schon ist er drin, entlarvt sich aber sofort selbst, um uns seine Kampfkünste zu zeigen. – Nießen: Dann ist er den halben Film über weg."
Immer wieder verlieren sich die beiden Freunde aber auch in lockerem Geplaudere, das mit ihrem Buch oder B-Movies nicht viel zu tun hat.
"Nießen: Das ist einer der seltenen Momente, in denen Clemens Wasser trinkt. Also, wir plaudern nicht aus dem Nähkästchen, wenn wir sagen … Du hast eben im Zug noch mal zu mir gesagt: Es ist das erste Buch, bei dem du nicht ab-, sondern zugenommen hast. – Meyer: Ja, das stimmt, und um das wieder rückgängig zu machen Schritt für Schritt. Also, bei anderen Büchern, die ich geschrieben hab, also, bei 'Im Stein', da hab ich in der Schlussphase ungefähr zehn Kilo abgenommen …"
Fehlender roter Faden
Doch selbst, wenn es den beiden "Trash-Cineasten" um ihr großes Thema geht, fehlt so manches Mal der rote Faden. Was genau ist an mit niedrigstem Budget gedrehten B-Movies eigentlich so faszinierend – wieso haben sich die Beiden mehr als 200 solcher Filme angeschaut? Reicht dafür der Reiz des Absurden wirklich aus? Und warum zitieren Nießen und Meyer auch aus millionenschwere Großproduktionen wie Rambo? Für Freunde abseitiger Genres wie Nazi-Splatter-Filme mögen Buch und Abend durchaus eine Fundgrube sein. Alle anderen bleiben etwas ratlos zurück.
"Ich bin ein Riesenkinofan, aber mir hat es nicht so richtig gut gefallen. Es klingt, als hätten die wahnsinnig viel Spaß gehabt beim Buch und als sei es einfach ihr Buch, aber meins ist es definitiv nicht. – Äh, ich war ein bisschen enttäuscht. Wenn man weiß, dass Clemens Meyer selber Filme schreibt, also auch Drehbücher, original und so, hätte ich ein bisschen mehr … es war eben so eine lustige Plauderei."