Eine höchst unterhaltsame Operettenrarität
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Franz Lehárs Operette "Clo-Clo" verschwand nach den 1920er-Jahren aus den Spielplänen. Das Lehár-Festival in Bad Ischl zeigt das selten gespielte Stück wieder. Unsere Kritikerin Franziska Stürz hat Unterhaltung auf höchstem Niveau gesehen.
Spätestens seit seinem Erfolg mit der lustigen Witwe wusste Franz Lehár um die Faszination von Paris als Operettenschauplatz. In seiner 1924 in Wien uraufgeführten Operette "Clo-Clo" ist die Hauptfigur eine umschwärmte Tänzerin des berühmten Varietés Folies Bergère, der die Männer zu Füßen liegen und die den Bürgermeister von Perpignan zu ihren Liebhabern zählt.
Scherzhaft nennt sie den 50-Jährigen "Papa", und als dessen Gattin Melusine einen Brief an ihn abfängt, glaubt diese, in Clo-Clo sein uneheliches Kind gefunden zu haben. Sie möchte das junge Mädchen in den Familienkreis aufnehmen. Die kokette Clo-Clo geht inkognito aufs Land, und das frivole Verwirrspiel nimmt seinen Lauf.
Auch in dieser Operette lässt Lehár sein Publikum in süffigen Walzermelodien schwelgen, spickt aber die Komposition mit ungewöhnlich variantenreichen Tanznummern, als wollte er seinen Kritikern beweisen, dass er durchaus auch Sinn fürs Boulevardeske, Komische hatte. Seine raffinierte Instrumentierung kommt in Bad Ischl besonders gut zur Geltung. Denn das Orchester des Lehár-Festivals spielt unter der Leitung von Marius Burkert auf der Bühne des Kongresshauses und Markus Kupferblum hat für das Ensemble eine absolut unterhaltsame halbszenische Lösung um das Orchester herum inszeniert.
Weniger ist manchmal mehr
Damit dieses Stück gelingt, braucht es vier spielfreudige Sängerdarsteller, allen voran eine schlichtweg umwerfende Titelfigur: Sieglinde Feldhofer überzeugt als Clo-Clo auf ganzer Linie mit hervorragend geführtem Sopran, Spielwitz und Charme. Gerd Vogel als "Papa" unterhält mit Louis-de-Funès-Qualitäten gepaart mit sonor-souveränem Bass.
So wenig und zugleich so viel braucht Operette, um zu überzeugen. Frank Voß führt als Erzähler durch das Geschehen, und lässt den Figuren trotzdem Raum für die knackigen Dialoge. Institutionen wie die Ehe oder die Polizeigewalt werden aufs Korn genommen, großen Gefühlen und kleinen Lastern wird mit Augenzwinkern begegnet, und die herrlich schmissige, kaum gespielte Musik Franz Lehárs geht in die Beine und ins Herz.
Am Ende gibt es als Zugabe sogar ein neu in den Archiven der Lehár-Villa entdecktes Lied der Clo- Clo über den Umgang mit Polizisten, das Sieglinde Feldhofer ohne jegliche Ermüdungserscheinungen ebenso charmant präsentiert, wie sie bereits den gesamten Abend in fast jeder Nummer zu glänzen wusste. Ein bestens unterhaltenes Publikum ist froh, dieses Werk nun kennengelernt zu haben. Glücklicherweise veröffentlicht das Label cpo demnächst den Mitschnitt auf CD.