Film "Close"
Rémi (Gustav De Waele, links) und Léo (Eden Dambrine) sind beste Freunde. Als sie an der neuen Schule für ein Liebespaar gehalten werden, zerbricht diese Freundschaft. © Pandora Film
Eine Freundschaft zerbricht
14:53 Minuten
Der belgische Filmemacher Lukas Dhont schaut tief in die Seele seiner jugendlichen Protagonisten. So auch in "Close", der von der innigen, doch letztlich zerbrechenden Freundschaft zwischen zwei 13-Jährigen erzählt.
Der belgische Filmemacher Lukas Dhont kann sich noch gut an den Augenblick erinnern, als er im Kino zum ersten Mal „Brokeback Mountain“ sah: Zwei Cowboys – Prototypen für Härte und Männlichkeit – verlieben sich ineinander.
Sein Herz sei schier explodiert, sagt Dhont, denn damals habe er sein Coming-out noch vor sich gehabt und schwieg lieber über seine Queerness.
Zärtlich und traurig
Zwei Filme hat der erst 31-jährige Belgier aus Gent bislang gemacht, in beiden Filmen geht es um die Suche junger Menschen nach ihrer Identität und der Frage, was Männlichkeit für sie bedeutet. Nach „Girl“ über einen trans Teenager an einer Ballettschule, kommt nun „Close“ in die deutschen Kinos: eine zärtliche und traurige Geschichte über eine Freundschaft am Ende der Kindheit.
Es geht um die beiden 13-jährigen Léo und Rémi. Sie sind sehr eng befreundet, übernachten ständig bei dem jeweils anderen, und nichts kann einen Keil zwischen sie treiben. Bis die Pubertät einsetzt und der Wechsel an eine neue Schule die beiden Jungen auseinanderdriften lässt. Beide gehen jeweils anders mit dieser Entfremdung um.
Die Angst vor dem zweiten Film
Nachdem „Girl“ überaus erfolgreich beim Filmfestival in Cannes war und in der Rubrik „Un certain regard“ den Hauptpreis gewann, sei ihm die Arbeit an seinem zweiten Film zunächst sehr schwer gefallen, sagt Dhont.
„Als ich dann an meinen Schreibtisch zurückkehrte und das leere Blatt sah, das auf mich wartete, war ich blockiert, denn um zu schreiben, musste ich mich wieder mit meinem Herzen und meinem Körper verbinden, und ich hatte das Gefühl, dass ich mich nur im Kopf befand.“
Es habe einige Zeit gedauert, bis er sich wieder auf dem richtigen Weg fühlte und das Skript für "Close" schreiben konnte. Dabei halfen YouTube-Videos, in denen bereits etablierte Regisseure über ihre eigene Panik vor dem nächsten Projekt sprachen und wie sie ihre Blockaden in den Griff bekommen haben.
Innige Jungenfreundschaft
Mit „Close“ ist ihm ein zärtlicher Film über eine innige Jungenfreundschaft geglückt. Sensibel erzählt Dhont, wie jeweils anders Léo und Rémi darauf reagieren, dass man sie an der neuen Schule für ein Liebespaar hält. Léo etwa, indem er Rémi die kalte Schulter zeigt, sich demonstrativ anderen Junge anschließt und beginnt Eishockey zu spielen. Rémi wiederum verzweifelt daran.
Der Regisseur las für den Film die Studie einer US-Psychologin mit männlichen afroamerikanischen Teenagern zum Thema Freundschaft.
Ältere Junge reden anders über ihre Freunde
Sie hatte 150 Jungen im Alter zwischen 13 und 18 Jahren befragt. „Im Alter von 13 Jahren bat sie die Jungen, über ihre männlichen Freunde zu sprechen, und sie sprachen darüber wie über Liebesgeschichten. Mit 16, 17 und 18 Jahren hat sie denselben Jungen erneut dieselben Fragen gestellt. Und diesmal trauten sie sich nicht, dasselbe Vokabular zu verwenden", fasst Dhont einige Ergebnisse zusammen.
Ältere Jungen seien offenbar viel stoischer, wenn es darum gehe, ihre Liebe auszudrücken. „Und als ich das las, fühlte ich mich tief verbunden mit ihnen, denn als junger queerer Junge, der auf dem flämischen Land aufwuchs, fühlte ich so.
Das habe ihm deutlich gemacht: Es gehe nicht um Sexualität, sondern um Männlichkeit. „Und es geht um unsere Angst in der Gesellschaft vor allem, was weiblich ist und was weich ist.“