"Code 37"

Ein Wiedersehen mit Veerle Baeten

Veerle Baetens wurde im Dezember 2013 mit dem "Europäischen Filmpreis" als "Beste Darstellerin" ausgezeichnet.
Veerle Baetens wurde im Dezember 2013 mit dem "Europäischen Filmpreis" als "Beste Darstellerin" ausgezeichnet. © picture alliance / dpa / Britta Pedersen / Pool
Von Jörg Taszman |
Nicht immer klischeefrei, aber meist doch überraschend: Die Macher der flämischen Krimi-Serie "Code 37" setzen auf komplexere Handlungsstränge - und eine inzwischen gefeierte Hauptdarstellerin.
"Hey, darf ich fragen, was Sie hier tun ?"
"Chefinspektor Maes. Sittendezernat. Ich mache hier meinen Job."
"Sittendezernat? Das ist unser neuer Boss!"
Sie staunen nicht schlecht die drei so unterschiedlichen Mitarbeiter Charles, Kevin und Bob als ihnen ihre neue Chefin Hanna Maes erstmalig an einem Tatort begegnet. Schon im ersten Teil "Sexsüchtig" geht es sofort zur Sache. Bereits nach drei Filmminuten liegt die erste Tote nackt in einem Hotelzimmer. Hanna Maes legt sich sofort mit Kollegen vom Morddezernat an.
"Guten Tag. Willems. Morddezernat."
"Guten Tag. Maes. Sittendezernat."
"Und was machen Sie an meinem Tatort, Schätzchen?"
"Meinen Job. Was ist die Todesursache?"
"Strangulation beim Geschlechtsverkehr."
"Ist das Sperma oder Vaginalflüssigkeit."
"Ich denke Letzteres."
"Vaginalflüssigkeit. Also war sie nicht gerade unwillig."
"Hey, das hier ist mein Fall. Und meines Erachtens war das Mord."
"Ist das so? Herr Willems. Diese Frau wurde ermordet während sie Sex hatte. Ist das richtig?"
"Ja richtig."
"Meines Erachtens ist das ein Code 37. Sie ließ sich wahrscheinlich strangulieren, um ihren Orgasmus zu intensivieren und das ist soweit ich weiß, ein Sexualdelikt."
"Was meint ihr Jungs?"
"Klingt ganz so, als hätten Sie Erfahrung damit?"
"Klingt ganz so, als hätten sie keine."
Code 37 steht in Belgien für alle Sexualdelikte, das beinhaltet auch Gewalt gegen Frauen. Und geschickt spielt die Serie mit einer weiblichen Chefin und ihren Mitarbeitern, die teilweise selber noch in alten Machorollen verharren. Anders als in den überschaubaren, deutschen Polizeiserien, setzen die Macher von "Code 37" inhaltlich auf komplexere Handlungsstränge und visuell auf eine erfrischende Bildsprache.
Kampf den Dämonen der Vergangenheit
So wechseln sich dynamische Bilder einer Handkamera mit fest eingestellten Totalen ab, die aber nicht immer langweilig quadratisch komponiert daher kommen. Und wie aus amerikanischen oder skandinavischen Serie üblich, wird pro Folge nicht nur ein Fall gelöst, sondern Hanna Maes kämpft auch mit Dämonen der Vergangenheit.
In der eigenen Familie gab es einst ein traumatisches Ereignis, einen ungelösten Kriminalfall, den sie nie ganz verwunden hat. In einer kurzen Rückblende erfährt man dann viel über die Motivation der neuen Ermittlerin.
"Frau Maes, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Beförderung."
"Sexualdelikte sind schwierig, wo ziehen Sie die Grenze?"
"Wenn Erwachsene Sex haben im beidseitigem Einverständnis habe ich kein Problem damit."
"Und wenn es nicht einvernehmlich geschieht?"
"Dann sind wir verpflichtet, einzugreifen."
"Ihnen ist klar, dass nicht alle Täter gefasst werden können."
"Es gibt keine unlösbaren Fälle. Nur Polizisten, die nicht lange genug nachforschen."
Die ersten 13 Teile von "Code 37" liefen bereits 2009 im belgischen Fernsehen, insgesamt wurden drei Staffeln mit 39 Episoden abgedreht. Die Serie wurde so populär, dass es 2011 auch einen Spielfilm gab, der erfolgreich ins Kino gelangte. Die Remakerechte verkauften sich nach Großbritannien. Einer der Regisseure, Jakob Verbruggen, drehte nach "Code 37" die BBC-Serie "The Fall".
Nah an der Realität
Stilistisch ähnelt diese flämische Serie den realistisch-harten Serien aus Skandinavien. Inhaltlich ist man nah an der Realität und orientiert sich nur bedingt an amerikanischen Vorbildern. Nicht in jeder Folge geht es gleich um Mord- und Totschlag, sondern auch um Themen wie Voyeurismus, Sexsucht und Vergewaltigung. Im Mittelpunkt steht jedoch eine starke Frauenfigur, die auch über die Musik, die sie hört, definiert wird.
Es ist vor allem die charismatische Hauptdarstellerin Veerle Baetens, die "Code 37" durch ihr intensives, wie natürliches Spiel bereichert. Sie verkörpert eine moderne, junge Frau voller Macken und Kanten, verfügt über viel Humor und ist irgendwo auch eine Einzelgängerin. Und so können alle, die bereits von ihrer Darstellung als vom Schicksal gebeutelter Country-Sängerin in "The Broken Circle" so begeistert waren, sich auf ein Wiedersehen mit Veerle Baetens freuen.
"Code 37" ist erfrischend, gute Unterhaltung, nicht immer klischeefrei - aber meist doch überraschend. Schön dass man bei ZDFneo diesem Rohdiamant aus Belgien eine Chance einräumt und nicht nur auf Kultserien aus den USA setzt. Auch in Europa gibt es Qualitätsserien und nicht nur in Großbritannien und Schweden. Man kann nur hoffen, dass die deutschen Zuschauer das auch zu würdigen wissen.