"In den 50ern war das Hollywoodsystem noch intakt"
Seit mehr als 30 Jahren machen die Coen-Brüder erfolgreiches Kino mit Anspruch. Auch "Hail, Ceasar", der Eröffnungsfilm der 66. Berlinale, kam bei Kritik und Publikum gut an. Wir haben mit den beiden über ihr neustes Werk, das Drehbuchschreiben und die Filmfabrik Hollywood gesprochen.
Es ist eine fast schon unheimliche Symbiose. Die Coen-Brüder machen nicht nur seit über 30 Jahren gemeinsam sehr erfolgreich Filme miteinander wie "The Big Lebowski", "Fargo", "No Country for Old Men". Nein, die Coen-Brüder denken auch jeweils für den Anderen, vervollständigen ihre Sätze, ergänzen ihre Gedanken. Kurzum Joel und Ethan Coen sind eigentlich eins. Dabei ist Ethan der Ruhigere der beiden, lässt seinem drei Jahre älteren Bruder oft den Vortritt. Nach dem Musikerdrama "Inside Llewyn Davis" haben sich die beiden zwei Jahre Zeit genommen für ihren nächsten Film. Aus einem ganz einfachen Grund, erklärt Ethan.
Jeder Film ist eigentlich nur eine Reaktion auf den vorherigen
"Wenn man einmal einen Film fertig hat, versucht man den nächsten komplett anders zu machen. Unser letzter Film war sehr klein, wir haben on location in New York einen Film über New York gedreht, es ging um Musik. Wir haben uns eineinhalb Jahre intensiv damit beschäftigt und wollten etwas komplett anderes machen. Jeder Film ist eigentlich nur eine Reaktion auf den davor. Nur eben ins Negative gedreht."
Tatsächlich hat "Hail Caesar" so gar nichts von der ruhigen melancholischen Stimmung in "Inside Lewin Davis". Es ist eine Komödie über das Hollywood der Fünfzigerjahre, eine Nummernrevue, gespickt mit Zitaten auf die Filmgeschichte. Schnell geschnitten, mit einem fast perfekten Timing. Davon sind die Coen-Brüder selbst überrascht.
Joel Coen: "Wenn wir den Film schreiben, haben wir eine vage Idee vom Rhythmus der Geschichte. Wir peppen die Story an der ein oder anderen Stelle schon im Drehbuch auf. Bei 'Inside Llweyn Davi's zum Beispiel wussten wir, dass der Film manchmal abschweifen wird. 'Hail Caesar' macht das auch, der Film hat ja durchaus etwas Episodenhaftes. Im Schnitt haben wir dann festgestellt, dass wir dem Zuschauer immer einen Schritt voraus sein müssen. Der Zuschauer muss uns folgen können, darf aber auch nicht wissen, was als Nächstes kommt und wie es zusammenpasst. Über diese Orientierungslosigkeit haben wir viel nachgedacht."
Dabei ist die Zeit, in der der Film spielt, fest verankert, ganz bewusst ausgewählt:
Joel Coen: "Die großen epischen Filmen begannen in dieser Zeit. Das war der eine Grund. Der andere war, dass das Hollywoodsystem damals noch intakt war. Hollywood war nichts anderes als eine Filmfabrik. Die Fünfziger waren der Anfang vom Ende, so überhaupt Filme zu machen."
Eine Zeit, die die Coen-Brüder aktiv nicht miterlebt haben, in "Hail Caesar" aber nun wieder auferstehen lassen. Hollywood verändere sich eh ständig, merkt Ethan Coen an, reagiere auf sich wandelnde Absatzmärkte. Joel Coen ergänzt:
"Amazon, Netflix und Co. mischen gerade alles kräftig durch"
"Wir haben uns zum Glück früh genug etabliert, unsere Art zu arbeiten hat sich nicht wirklich verändert. Klar machen wir uns auch darüber Gedanken, wie wir in Zukunft unsere Filme finanziert bekommen. Amazon, Netflix und Co. mischen gerade alles kräftig durch. Als wir angefangen haben Filme zu drehen, gab es die großen Studios und ein paar unabhängige Produktionsfirmen. Die Studios hatten Klassikabteilungen für Filme, die nicht dem Mainstream entsprachen. Und trotzdem haben sie die Filme gemacht, obwohl sie nicht profitabel waren."
Das immer mehr Regiekollegen zum Fernsehen abwandern und ins Seriengeschäft einsteigen, nehmen sie mit einem Schulterzucken hin. Ehtan Coen überlegt kurz, ihr längster Film sei zwei Stunden und zwei Minuten lang gewesen. Zu kurz für ein Serienformat. Im Kino fühlen sich die Coen-Brüder eben am wohlsten.