Colossus und Enigma
Die "Enigma", vor allem aber die sehr viel unbekanntere "Lorenz-Maschine", verschlüsselten im Zweiten Weltkrieg die Einsatzbefehle der Naziführung. Mit Hilfe von "Colossus", dem ersten Röhrencomputer der Welt, gelang es den Briten, den Code zu knacken: ein entscheidender Schritt, der zum frühzeitigen Ende der Nazi-Herrschaft führte. Funkamateure und technische Hochschulen senden und dechiffrieren nun wieder mit den Museumsschätzchen.
Nur noch wenige Sekunden, dann ist es zehn Uhr. Mehr als ein Duzend Männer - Funkamateure, Techniker, Veteranen aus Deutschland und Großbritannien - schauen gebannt auf eine koffergroße, schwarze Apparatur, die aussieht wie eine Mischung aus Näh- und Schreibmaschine: Stifte, Walzen, Spulen - alles dreht und bewegt sich. Gleich drückt Rudolf Staritz im Paderborner Nixdorf Museumsforum auf den roten Einschaltknopf. Für den 86-Jährigen mit dem schlohweißen Haar ein bewegender Moment.
"Ich war bei der Abwehr und kenne alle anderen Chiffrierverfahren. Von der
Enigma bis Agentenchiffrierverfahren, der deutschen Schlüsselfernschreibmaschine. Für mich ist das auch etwas Neues, denn die Maschine war so selten und war nur auf höchster Führungsebene eingesetzt, Führerhauptquartier zu den Oberkommandos, dass man als Soldat, wie gesagt, ich war im Agentenfunk tätig, auch im neutralen Ausland, da hatten wir mit so teuren und seltenen Maschinen nichts zu tun."
Von der "Lorentz SZ42" gibt es weltweit nur noch dieses eine funktionstüchtige Exemplar: Und es rattert wie in alten Zeiten. Texte werden auf Lochpapierstreifen gestanzt und eingelesen. Ein kompliziertes Räderwerk vertauscht die Buchstaben - verwandelt den Klartext in eine Geheimschrift. Die Buchstaben werden anschließend in elektrische Signale verwandelt. Dann geht das Ganze raus über den Äther. Jeder Buchstabe als eine Abfolge von drei Tönen.
Die geheimnisvolle Botschaft wird über eine 30 Meter hohe Kurzwellenantenne auf dem Dach des Museums ausgestrahlt. Mehrere deutsche Hochschulen stehen auf Empfang, aber auch Funkamateure in Amerika, Australien, weltweit. Sie alle wissen von der verschlüsselten Botschaft - kennen aber nicht den Inhalt. Doch den wollen sie herausbekommen. Funkamateur Heinz-Peter Bleier überwacht die historisch bedeutsame Prozedur.
"Es ist sehr aufregend. Es ist unheimlich spannend. Normal führen wir die Funkgespräche, die eigentlich jeder Funkamateur auch macht, hier von dieser Station. Aber heute ist das schon besonders spannend. Einfach auch deshalb, weil wir heute und morgen verschlüsselt senden dürfen. Das ist normalerweise nicht üblich. Wir haben da von der Bundesnetzagentur extra eine Genehmigungsurkunde bekommen, dass wir heute und morgen verschlüsselt senden dürfen. Normal als Funkamateur ist das eigentlich gar nicht möglich."
Besonders wichtig sind die Antennen-Signale aus Paderborn für eine Gruppe von Technik-Enthusiasten in Bletchley Park, einem Herrenhaus, 70 Kilometer nordwestlich von London. Mehr als 14 Jahre brauchten die Briten, bis "Colossus" - der erste Röhrenrechner der Welt - nach Originalplänen nachgebaut war. Mit ihm wurden damals die chiffrierten Nachrichten aus Nazideutschland decodiert. Heute nun soll die historische Leistung mit dem Nachbau wiederholt werden. Craig Sawyers, zu Gast in Paderborn, ist schon ganz aufgeregt.
"Es ist wirklich ein Höhepunkt. Nie hätten wir gedacht, dass es jemals dazu kommen würde. Vor sechs Jahren entstand die Idee mit der Lorentz-Maschine. Jetzt, da wir ’Colossus’ fertig haben und funktioniert, wollten wir sehen, wie die beiden Maschinen zusammen arbeiten. Und das ist wirklich eine grandiose Erfahrung."
"Colossus" ist - wie der Name schon andeutet - riesig: 1500 Röhren stecken in der Maschine, die mit mehreren Schränken einen ganzen Raum ausfüllt. 100 Rechenoperationen schafft das Monstrum pro Sekunde, aus heutiger Sicht ein Schneckentempo. Entsprechend langsam läuft die Dechiffrierung.
"Das wird innerhalb von Stunden passieren, sagt der Computerexperte. Wir schätzen maximal sechs Stunden, möglicherweise weniger."
Selbst wenn es Stunden dauert, feiern die Briten mit "Colossus" noch einmal ihren Sieg über Nazideutschland. Vor der Entwicklung des Computers - Weihnachten 1943 - dauerte es mehrere Wochen, bis ein verschlüsselter Text dechiffriert war: Ganze Stäbe aus Mathematikern und Kryptologen arbeiteten von Hand daran. Meist war die entschlüsselte Botschaft dann aber militärisch völlig wertlos.
Mit "Colossus" hingegen wussten die Alliierten sofort, was die Deutschen im Schilde führten. Der Rechner, so Historiker heute, hat das Ende des Zweiten Weltkriegs entscheidend verkürzt.
""Auf dem Lochstreifen ist ein Text des Heinz Nixdorf Museumsforums, also ein recht harmloser Text. Wir wollten jetzt bewusst keinen militärischen Befehl versenden, sondern wir haben uns eben ganz normal auf einen üblichen Text verständigt","
so Andreas Stolte - Historiker im Paderborner Computermuseum. "Colossus" enttäuschte nicht: Nach dreieinhalb Stunden war der Text geknackt. Schneller als die Engländer indes war ein Amateurfunker aus Bonn. Mithilfe eines leistungsfähigen PCs und selbstentwickelter Software hatte er den Code nach nur 50 Sekunden entschlüsselt.
"Ich war bei der Abwehr und kenne alle anderen Chiffrierverfahren. Von der
Enigma bis Agentenchiffrierverfahren, der deutschen Schlüsselfernschreibmaschine. Für mich ist das auch etwas Neues, denn die Maschine war so selten und war nur auf höchster Führungsebene eingesetzt, Führerhauptquartier zu den Oberkommandos, dass man als Soldat, wie gesagt, ich war im Agentenfunk tätig, auch im neutralen Ausland, da hatten wir mit so teuren und seltenen Maschinen nichts zu tun."
Von der "Lorentz SZ42" gibt es weltweit nur noch dieses eine funktionstüchtige Exemplar: Und es rattert wie in alten Zeiten. Texte werden auf Lochpapierstreifen gestanzt und eingelesen. Ein kompliziertes Räderwerk vertauscht die Buchstaben - verwandelt den Klartext in eine Geheimschrift. Die Buchstaben werden anschließend in elektrische Signale verwandelt. Dann geht das Ganze raus über den Äther. Jeder Buchstabe als eine Abfolge von drei Tönen.
Die geheimnisvolle Botschaft wird über eine 30 Meter hohe Kurzwellenantenne auf dem Dach des Museums ausgestrahlt. Mehrere deutsche Hochschulen stehen auf Empfang, aber auch Funkamateure in Amerika, Australien, weltweit. Sie alle wissen von der verschlüsselten Botschaft - kennen aber nicht den Inhalt. Doch den wollen sie herausbekommen. Funkamateur Heinz-Peter Bleier überwacht die historisch bedeutsame Prozedur.
"Es ist sehr aufregend. Es ist unheimlich spannend. Normal führen wir die Funkgespräche, die eigentlich jeder Funkamateur auch macht, hier von dieser Station. Aber heute ist das schon besonders spannend. Einfach auch deshalb, weil wir heute und morgen verschlüsselt senden dürfen. Das ist normalerweise nicht üblich. Wir haben da von der Bundesnetzagentur extra eine Genehmigungsurkunde bekommen, dass wir heute und morgen verschlüsselt senden dürfen. Normal als Funkamateur ist das eigentlich gar nicht möglich."
Besonders wichtig sind die Antennen-Signale aus Paderborn für eine Gruppe von Technik-Enthusiasten in Bletchley Park, einem Herrenhaus, 70 Kilometer nordwestlich von London. Mehr als 14 Jahre brauchten die Briten, bis "Colossus" - der erste Röhrenrechner der Welt - nach Originalplänen nachgebaut war. Mit ihm wurden damals die chiffrierten Nachrichten aus Nazideutschland decodiert. Heute nun soll die historische Leistung mit dem Nachbau wiederholt werden. Craig Sawyers, zu Gast in Paderborn, ist schon ganz aufgeregt.
"Es ist wirklich ein Höhepunkt. Nie hätten wir gedacht, dass es jemals dazu kommen würde. Vor sechs Jahren entstand die Idee mit der Lorentz-Maschine. Jetzt, da wir ’Colossus’ fertig haben und funktioniert, wollten wir sehen, wie die beiden Maschinen zusammen arbeiten. Und das ist wirklich eine grandiose Erfahrung."
"Colossus" ist - wie der Name schon andeutet - riesig: 1500 Röhren stecken in der Maschine, die mit mehreren Schränken einen ganzen Raum ausfüllt. 100 Rechenoperationen schafft das Monstrum pro Sekunde, aus heutiger Sicht ein Schneckentempo. Entsprechend langsam läuft die Dechiffrierung.
"Das wird innerhalb von Stunden passieren, sagt der Computerexperte. Wir schätzen maximal sechs Stunden, möglicherweise weniger."
Selbst wenn es Stunden dauert, feiern die Briten mit "Colossus" noch einmal ihren Sieg über Nazideutschland. Vor der Entwicklung des Computers - Weihnachten 1943 - dauerte es mehrere Wochen, bis ein verschlüsselter Text dechiffriert war: Ganze Stäbe aus Mathematikern und Kryptologen arbeiteten von Hand daran. Meist war die entschlüsselte Botschaft dann aber militärisch völlig wertlos.
Mit "Colossus" hingegen wussten die Alliierten sofort, was die Deutschen im Schilde führten. Der Rechner, so Historiker heute, hat das Ende des Zweiten Weltkriegs entscheidend verkürzt.
""Auf dem Lochstreifen ist ein Text des Heinz Nixdorf Museumsforums, also ein recht harmloser Text. Wir wollten jetzt bewusst keinen militärischen Befehl versenden, sondern wir haben uns eben ganz normal auf einen üblichen Text verständigt","
so Andreas Stolte - Historiker im Paderborner Computermuseum. "Colossus" enttäuschte nicht: Nach dreieinhalb Stunden war der Text geknackt. Schneller als die Engländer indes war ein Amateurfunker aus Bonn. Mithilfe eines leistungsfähigen PCs und selbstentwickelter Software hatte er den Code nach nur 50 Sekunden entschlüsselt.