"Ich bewege mich zwischen zwei Welten"
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Mark Filatov, vielen besser als Slavik Junge bekannt, ist Schauspieler, Rapper und Autor. Dicker Mercedes, Jogginghose und Adiletten: Filatov spielt mit Klischees. Nun hat er seinen ersten Roman geschrieben: "Vom Präsident zum Hartz IV".
Wie es ist, von nur 300 Euro im Monat zu leben, weiß Mark Filatov seit seiner Kindheit. "Ich ging morgens zur Schule und meine Mutter hat Wurstbrote für mich geschmiert, aber da war keine Wurst drauf, und ich wusste, dass wir kein Geld dafür hatten."
Mit fünf Jahren kommt er mit seiner Familie aus Kirgistan nach Deutschland, nach Neunkirchen ins Saarland. Eine Entscheidung, die die Eltern zum Wohl der Kinder treffen. "Mein Vater hat damals erkannt, dass es in Deutschland einfach bessere Möglichkeiten für mich gibt."
"Meine Mutter hat mich immer so sein lassen, wie ich bin"
Doch die Familie zerbrach, Mark blieb bei der Mutter. Sie war es auch, die ihn bestärkte, Schauspieler zu werden. "Sie sagte immer, das wäre was für mich. Und irgendwann habe ich dann im Internet einen Casting-Aufruf gesehen. Ich habe mich beworben und wurde genommen."
Es war seine erste Rolle, in der Kinderkanal-Serie Blockhaus.tv. Seine Mutter unterstützte ihn. "Sie hat mich immer so sein lassen, wie ich es will oder wie ich bin. Als ich auf die Hauptschule kam, habe ich die Enttäuschung in den Augen meiner Mutter gesehen. Das hat mich dazu gebracht, dann auf die Realschule zu wechseln, dann von der Realschule aufs Gymnasium, weil ich sie nicht enttäuschen wollte."
Doch kurz vor dem Abitur brach Mark Filatov das Gymnasium ab. Auf das System Schule hatte er keine Lust mehr: "Warum soll ich etwas lernen und eins zu eins wiedergeben, was ich nie wieder so brauche?"
Schauspieler, YouTube-Star, Rapper
Später bewarb er sich in Stuttgart für das Schauspielstudium und wurde genommen. Sein Traum: Am Berliner Ensemble oder am Wiener Burgtheater spielen, als Theaterschauspieler bekannt werden. Doch Filatov kann mit dem Theater, wie er es erlebt, wenig anfangen:
"In Darmstadt habe ich während des Studiums im Chinchilla-Kostüm Gitarre gespielt, vor einer Schulklasse. Und ich habe in diese traurigen Augen gesehen, die nicht verstanden haben, was wir da machen. Und ich habe es auch nicht verstanden. Dann habe ich die Regisseurin gefragt, was wir da machen. Sie wusste es selber nicht."
Mark Filatov ging nach Berlin, er wollte seine eigenen Geschichten erzählen. Zuerst in Berlin-Marzahn mit der YouTube-Serie "Ost-Boys". Hier trat er auch zum ersten Mal als Slavik Junge auf. "Mich macht es glücklich, wenn ich die Leute aus dem grauen Alltag oder aus einer schlechten Emotion rausholen kann, und ich vielleicht auch die Gesellschaft ein Stückchen besser machen kann."
Im vergangenen Jahr erhielt er für die Serie "Slavik – Auf Staats Nacken" den Deutschen Comedypreis. Er nahm ihn im Jogginganzug entgegen. "Um ein Zeichen zu setzen, dass man die Leute, die anders sind, nicht sofort verurteilen muss. Und dass die auch mich sehen, in diesem Jogginganzug - und verstehen, das kannst du auch schaffen."
Einerseits Kampfsport, andererseits Buchbranche
Jetzt hat Mark Filatov alias Slavik Junge einen Roman geschrieben. Fiktional und dennoch mit Bezügen zu seinem eigenen Leben. Die Idee hinter dem Buch: "Ich bewege mich immer zwischen zwei Welten. Einerseits mache ich Kampfsport und bin da mit Menschen zusammen, die keinen Bezug zur Politik oder der Buchbranche oder Schriftstellern haben. Andererseits bin ich in dieser geschäftlichen Welt, in der ich mich bewege. Ich habe mir immer die Frage gestellt, was wäre, wenn ein Assi plötzlich Präsident wäre? Das heißt, jemand aus dem Block, der kein Geld, keine politische Bildung hat. Der straßenschlau ist, der eine emotionale Intelligenz hat, der aber keine Bildungsintelligenz hat, der durch Zufall Präsident wird, und dann plötzlich redet, wie man in den Randbezirken spricht."
Das sei alles keine Arbeit für ihn, sondern Spaß, sagt Mark Filatov, vielleicht gebe es demnächst noch einen Kino- oder Netflix-Film. "Mein Bauchgefühl leitet mich. Ich könnte mir niemals vorstellen, mich mit 60 Jahren hinzulegen und einfach zu chillen. Ich bin ein sehr aktiver und sehr ungeduldiger Mensch."
(fun)