Comic "Die Bombe"

Eingebrannter Schatten auf der Treppe

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Buchcover zu "Die Bombe" zeigt einen Atompilz
Komplexes Thema, aufregend und anschaulich erzählt: "Die Bombe". © Carlsen Verlag
Von Frank Meyer |
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Von der Entdeckung des Urans bis zur Atombombenexplosion von Hiroshima: Die Graphic Novel "Die Bombe" erzählt eindrucksvoll die Geschichte der ersten Kernwaffen. Der Schatten eines Menschen, eingebrannt auf einer Treppe, hat die Autoren inspiriert.
Mit elf Jahren hat der belgische Autor Alcante ein Bild gesehen, das ihn nie mehr losgelassen hat: den Schatten eines Menschen auf einer steinernen Treppe, eingebrannt von der Atombombenexplosion über Hiroshima. Die Treppe mit dem menschlichen Schatten ist im Friedensmuseum von Hiroshima ausgestellt, in der Graphic Novel "Die Bombe" wird dieser Schatten zu einem zentralen Bild.

Sparsam eingesetzte fiktive Elemente

Das Buch ist eine weit ausgreifende dokumentarische Erzählung über die Entwicklung der ersten Kernwaffen. Zu den sparsam eingesetzten fiktiven Elementen in dieser Dokumentation gehört die Geschichte des Mannes, dessen Schatten für immer in die Treppenstufen in Hiroshima eingebrannt wurde. Er stirbt am 6. August 1945 im Epizentrum der Explosion. Sein Körper verdampft, vorher wirft er den Schatten, der für immer auf der steinernen Treppe zu sehen sein wird. Seinen Tod hat Denis Rodier gezeichnet als Beginn des Infernos von Hiroshima, in einer äußerst eindringlichen Folge von brennenden Körpern, herunterschmelzender Haut, verkohlten Leibern.

Uran wird zum Erzähler

Der Angriff auf Hiroshima steht am Ende dieses Buches, das an einem ungewöhnlichen Punkt beginnt: mit dem Urknall, der Entstehung der Elemente und damit auch des Urans. Das radioaktive Metall wird zum Erzähler in einigen Passagen der Graphic Novel. Eine überraschende Idee, die nicht immer überzeugt, wenn das Metall wie das personifizierte Böse raunend zu seiner Entfesselung in der Bombe drängt.
Sehr überzeugend sind dagegen die dokumentarischen Passagen, die den größten Teil der Graphic Novel ausmachen. Sie beginnen in Deutschland im März 1933 und vollziehen den Wettlauf um die Atombombe nach, in Nazi-Deutschland, in den USA und in der Sowjetunion, in Großbritannien und Japan. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung in den USA, von den Appellen einiger Wissenschaftler um Albert Einstein, den Deutschen in Sachen Atombombe zuvorzukommen, über den Aufbau des gigantischen Manhattan Projects bis zur Auseinandersetzung um den Einsatz der Bombe gegen japanische Städte.

Sehr bewegliche Bildersprache

"Die Bombe" gehört zu den gar nicht so seltenen Graphic Novels, die ein äußerst komplexes Thema in einen umfangreichen Comic bringen. Ein grandioses Beispiel dafür ist die zehnbändige Lebensgeschichte Buddhas des japanischen Manga-Zeichners Osamu Tezuka. Die beiden Autoren und der Zeichner von "Die Bombe" setzen auf eine historische Parallelmontage, schneiden zwischen den Ländern und Schauplätzen hin und her, erzählen zumeist in Dialogen.
Das Buch hat eine sehr bewegliche Bildsprache, die schwarz-weißen, realistischen Zeichnungen werden in freien, dynamischen Anordnungen auf den Seiten kombiniert, in raschen Wechseln von Totalen und Nahaufnahmen. Diese Bildergeschichte der Atombombe stellt eine Vielzahl von Akteuren, Auffassungen und Initiativen dar, so entsteht ein aufregendes, tief in politische und moralische Fragen hineinleuchtendes Buch.

Alcante und Laurent-Frédéric Bollée (Text), Denis Rodier (Zeichnungen): "Die Bombe"
Aus dem Französischen von Ulrich Pröfrock
Carlsen Verlag, Hamburg 2020
472 Seiten, 42 Euro

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