Baru: "Autoroute du Soleil"
Aus dem Französischen von David Basler
Reprodukt-Verlag, Berlin 2021
432 Seiten, schwarzweiß, 20 Euro
Von Neonazis durch Frankreich gejagt
05:53 Minuten
Zwei junge Franzosen mit Migrationshintergrund werden von Rechtsradikalen quer durch das Land gejagt. "Autoroute du Soleil" erzählt eine leider immer noch aktuelle Geschichte. Jetzt wurde der Comic-Klassiker in deutscher Übersetzung neu aufgelegt.
Ausgerechnet mit der Frau des Spitzenkandidaten des sogenannten rechtsradikalen "Elan National" lässt sich Karim ein, ein junger Franzose nordafrikanischer Abstammung. Als die Affäre herauskommt, wollen die Rechtsradikalen den "Araber", wie sie ihn nennen, umbringen. Mit seinem Kumpel Alexandre flieht Karim quer durch Frankreich - eine Odyssee in eine Welt voller Rassismus, Drogen und Gewalt.
Das ist die Geschichte von Barus Kultcomic "Autoroute du Soleil" aus dem Jahr 1995, die der Berliner Reprodukt-Verlag jetzt in deutscher Übersetzung neu aufgelegt hat.
Der erste Comic über modernen Rechtsextremismus
"Autoroute du Soleil" sei der erste Comic gewesen, der sich mit dem zeitgenössischen Rechtsextremismus auseinandergesetzt habe, meint Baru, der mit bürgerlichem Namen Hervé Barulea heißt. Zwar habe es in Frankreich historische Comics gegeben, die den Faschismus thematisierten: "Aber man sprach nur selten über das, was sich heute in Frankreich abspielt oder in dieser Zeit abspielte. Wir waren wirklich nicht viele. Ich glaube sogar, ich war der Einzige."
Bis heute verkaufe er im Jahr immer noch 500 bis 1000 Exemplare des Comics, sagt Baru. Er zeigt sich überrascht und erfreut, dass seine "alte Geschichte" jetzt wieder aufgelegt wird.
So alt liest sich "Autoroute du Soleil" aber gar nicht: In der Art, wie Rechtsradikale die öffentliche Meinung manipulieren, mit welchen Stereotypen und Klischees sie zur Menschenjagd aufrufen, ist der Comic sogar sehr aktuell.
Weniger zeitgemäß erscheint dagegen das Frauenbild, denn Frauen werden hier fast nur als lüstern und mannsgeil dargestellt. Aber das ist von Baru durchaus als Provokation gemeint, und so sagt Alexandre auch einmal zu Karim: "Bist du nicht ein wenig frauenfeindlich?"
Seine beiden Hauptfiguren hat Baru bewusst als unterschiedliche Vertreter der Einwanderungsgesellschaft in Frankreich gewählt: "Karim stammt aus dem Maghreb aus Nordafrika und Alexandre ist der Sohn italienischer Einwanderer. Dieser Junge hat sein Leben etwas verpfuscht, hat keinen Job, wird aber dennoch wie die meisten jungen Franzosen dieser Zeit angesehen und nicht mehr als Ausländer", so der Zeichner.
"Karim dagegen ist immer noch ein Ausländer, auch wenn er im Bezug auf seine kulturelle Identität eine gewisse Distanz wahrt und nicht in die Moschee geht. Moralisch gesehen ist sein Lebenswandel etwas zweifelhaft, aber er ist ein guter Typ. Für mich war es wichtig, diese beiden Charaktere zusammen zu bringen und sie im heutigen Frankreich etwas Gemeinsames erleben zu lassen."
(uko)