Warum gewaltloser Protest effizienter ist
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Mit ihrem Comic über gewaltlosen Widerstand will Lea Loos zeigen, wie der Klimawandel am effektivsten bekämpft werden kann. Er basiert auf Studienergebnissen zur Überlegenheit von Gewaltlosigkeit. Wissenschaftliche Informationen gibt es aus erster Hand.
Ein Pflegeheim in Deutschland: Die Bewohnerinnen und Bewohner finden das Essen widerwärtig. Sie protestieren, zuerst friedlich, mit Essensverweigerung, mit Sitzstreiks, schließlich auch mit Gewalt. Damit beginnt der Comic "Widerstand ist zwecklos - Nein!" über gewaltlosen Widerstand.
"Ich wollte einen Aufhänger nehmen, der in einem kleinen Rahmen stattfindet, der überschaubar ist", sagt Lea Loos zum Beginn ihres Buchs. Sie hat diesen Comic geschrieben und gezeichnet. Es ist ihre Diplomarbeit im Studiengang Buchkunst und Grafikdesign mit Schwerpunkt Illustration an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig.
Mit ihrem Einstieg wollte sie zeigen, "dass so was überall stattfinden könnte". Deshalb habe sich nicht so etwas wie eine Widerstandsbewegung gewählt, die eine Diktatur stürzen will.
Kein Mangel an Wissen
Auf das Thema sei sie 2019, über das Thema Klimawandel, gekommen. Sie habe festgestellt, dass es nicht an Wissen und dessen Aufbereitung mangelt. Sondern dass das Problem vielmehr sei, die nötigen großen Veränderungen politisch zu bewirken.
So kam sie auf das Thema Protest und Widerstand und sei auf eine Studie gestoßen, in der die Wissenschaftlerinnen Erica Chenoweth und Maria J. Stephan ein paar Hundert Bewegungen der vergangenen 100 Jahre herausgegriffen und verglichen hätten, was im Schnitt erfolgreicher gewesen sei: die gewaltlosen oder die gewaltsamen Bewegungen.
Die klare Tendenz sei in der Studie: Die gewaltlosen Widerstandsbewegungen waren im Schnitt erfolgreicher. "Das fand ich ziemlich interessant", sagt Loos. "Ich wollte das Thema dann so aufbereiten, dass es einen Einstieg für Leute gibt, die sich noch nicht so damit auseinandergesetzt haben."
Keine Zeit für Ineffektivität
Herausgekommen ist ein Sach-Comic in einer erzählerischen Form. Er spielt in einer Wohnung, in der drei Leute mit unterschiedlichen Einstellungen zu Gewalt zusammen kommen. Außerdem kommen immer wieder Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hereingeschneit, die sich mit dem Thema auseinandergesetzt haben. "Ich wollte sie persönlich zu Wort kommen lassen", sagt Lea Loos.
Die Frage nach Moral im Zusammenhang mit Gewalt stellt der Comic nicht, sondern allein die Frage nach Effizienz.
Moral sei sehr subjektiv. "Ich wollte fragen: Was ist denn sinnvoller?" Denn beim Kampf für eine so wichtige Sache wie Klimaschutz hätten wir keine Zeit für eine ineffektive Bewegung. "Wir sollten uns fragen: Womit erreichen wir uns Ziel auch wirklich? Deshalb ist die Frage nach Effektivität gerechtfertigt." Und sie sei überzeugt, dass diese Frage sowohl Menschen, die Gewalt ablehnen, als auch Menschen, die Gewalt befürworten, ansprechen kann.
Je größer und diverser, desto erfolgreicher
Gewaltfreie Proteste seien laut der Studie erfolgreicher, weil der Grundgedanke ist: Je größer und je diverser eine Bewegung ist, desto erfolgreicher ist sie. Gewaltsame Proteste schreckten meist viele Leute ab.
Figuren wie Martin Luther King und Mahatma Gandhi tauchen immer wieder auf. Unter anderem finde sie ihre "wahnsinnige Opferbereitschaft" wichtig. Sie finde es wichtig, auch zu sehen, dass gewaltlose Bewegungen nicht von Gewalt verschont bleiben.
(abr)