"Viele Stockkonservative unter den Fans in den USA "
Es wird gerade heiß diskutiert, wie viel Vielfalt Comics vertragen. Der Comic-Experte Markus Dichmann findet es nicht leicht zu beantworten, ob Marvel tatsächlich weibliche Helden die Verkaufsbilanz verhageln, wie der Verlag behauptet.
Die Leute haben keine Lust mehr auf Vielfalt und sie wollen keine weiblichen Comic-Charaktere mehr – das ist die ernüchternde Bilanz des Vizechefs David Gabriel von Marvel-Comics. Er behauptet, die eingeführten weiblichen oder schwarzen Helden bereiteten dem Verlag Verkaufsprobleme. Die These des Marvel-Bosses wird in der Szene heiß diskutiert. Zwar will Marvel daraus keine Konsequenzen ziehen und die Diversity-Ausrichtung nicht wieder zurücknehmen, aber die Debatte ist erstmal in Gang gekommen.
Genervte Fans
Der Comic-Experte Markus Dichmann findet es nicht so leicht zu beantworten, ob Diversity der Verkaufsbilanz schadet. "Schaut man sich die Zahlen mal an, wird man feststellen, dass Marvel-Comics schon seit 2015 nach und nach schwächelt", sagt er im Deutschlandradio Kultur. Auch sein persönliches Interesse an den Marvel-Heften sei gesunken. Der Verlag habe zu viele Comics an die Kinovorlagen angepasst. "Das hat mich genervt wie viele andere Fans auch." Es habe auch zu viele Neuausgaben und Mega-Events gegeben. "Da kommen dann alle großen Helden und Schurken zusammen, hauen sich gegenseitig auf die Zwölf, retten die Welt", sagte er. Das sei "tierisch anstrengend, gerade für Leser, die eine Figur über einen längeren Zeitraum verfolgen wollen."
Frauenverachter unter den Lesern
Aber Gabriel habe mit seinem Argument auch teilweise Recht, sagt Dichmann: "Wenn man in die Fanforen schaut, bei Twitter und Facebook reinschaut, dann wird man sehen, dass die US-Comicfans zum Teil Frauenverachter sind, Rassisten sind zum Teil oder zumindest Stockkonservative." Wenn man dann noch vorsichtig an die Stimmung in den USA denke, könnte man Gabriel insofern zustimmen, dass dies zumindest einen Teil der Verkaufseinbrüche erkläre.