Cebit-Partnerland China erwartet harte Kontroversen
Zensur und Verfolgung regimekritischer Blogger in China: Die Wahl des Partnerlandes der Cebit stößt auch auf Kritik. Doch nirgendwo sonst verläuft der Wandel der Wirtschaft ins Digitale so rasant wie in China. Mit 600 Unternehmen ist das Land in Hannover vertreten.
Große Aufregung am Stand von Alibaba: Auf seinem Rundgang zum Messeauftakt trifft Sigmar Gabriel auf Gründer-Star Jack Ma, lässt sich grinsend ein Plastikmaskottchen aus dem Fundus des chinesischen Internetriesen in die Hand drücken. Der Vizekanzler sagt:
"Deutschland und China haben exzellente wirtschaftliche Beziehungen entwickelt - und wir wollen diese Partnerschaft ausbauen!"
Nirgendwo verläuft der Wandel der Wirtschaft ins Digitale hinein so rasant wie in China. Der Lohnfertiger elektronischer Massenware ist längst zum globalen Konkurrenten mit namhaften High-Tech-Unternehmen gereift. Das einstige Garagen-Startup Alibaba steht für den größten Börsengang der jüngsten Geschichte. Dass er vor allem was von PR versteht, hatte Gründer Ma bereits am Vortag beim Eröffnungs-Festakt deutlich gemacht.
Er überraschte das Publikum, indem er live eine Briefmarke für Hannovers Oberbürgermeister kaufte und per Gesichtserkennung bezahlte.
Mit gleich 600 Unternehmen ist das asiatische Riesenreich in Hannover vertreten. Auf harte Kontroversen sei man eingestellt, betont Botschafter Mingde Chi, denn China suche beim Ausbau seiner digitalen Wirtschaft den Schulterschluss.
"Die Wirtschaft unserer Länder verflechtet sich ständig. Die Frage ist, wie wir miteinander umgehen. Wir brauchen Erfahrung und Zusammenarbeit."
Ausgerechnet China: Pamela Klages von Amnesty International bezweifelt, dass die Wahl des diesjährigen Partnerlandes eine glückliche war. Mit einer Handvoll Gleichgesinnter protestiert sie gegen die Verfolgung regimekritischer Blogger:
Jederzeit mit Verhaftung rechnen
"Seit dem Machtwechsel 2012 hat sich die Situation in China leider deutlich verschärft. Wir mussten feststellen, dass der Apparat, der das Internet überwacht, deutlich ausgebaut wurde. Und dass Menschen, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung im Internet wahrnehmen, über die sozialen Medien zum Beispiel, jederzeit mit Verhaftung rechnen müssen."
D!conomy - so lautet das diesjährige Motto der Computermesse. Der Kunstbegriff soll die rasante Durchdringung unserer bislang so analogen Wirtschaft und Gesellschaft durch die Neuerungen der Informationstechnologie beschreiben. Messechef Oliver Frese stellt fest,
"dass eben die IT immer stärker und rasant in alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereiche einzieht und damit aber auch ganze Branchen verändert, wie beispielsweise das Verlagswesen, wie beispielsweise die Musikindustrie, wie auch das Bankenwesen. Hier gibt es neue Player, die teilweise disruptiv unterwegs sind und ganze verkrustete Strukturen aufbrechen werden."
Branche erhofft sich Wachstum
Stichwort Industrie 4.0 - das zweite große Topthema neben der Datensicherheit: In der vernetzten Fabrik werden Lagersysteme, Maschinen und einzelne Werkstücke zunehmend eigenständig miteinander Informationen austauschen. Die Branche erhofft sich einen gewaltigen Wachstumsschub, wenn künftig maßgeschneiderte Produkte und Dienstleistungen in immer kürzeren Zyklen entstehen.
Erstmals seit 2001 soll die CeBIT wieder größer ausfallen als im Vorjahr. Mit ihrem neuen Konzept richten sich die Veranstalter an ein reines Fachpublikum. 200.000 Besucher erwarten sie.
Mehr als 3.000 Aussteller aus 70 Nationen werden bis Freitag vor allem Software-Lösungen vorstellen, die Betriebe sicherer und produktiver machen sollen. Neben allerhand wertvollen Kontakten zur Geschäftsanbahnung locken prominente Gastredner wie Hacker-Legende Kevin Mitnick und NSA-Whistleblower Edward Snowden, den man aus seinem russischen Exil per Videoleitung zum Diskurs zuschalten will.