So wertvoll wie Filmkunst
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Unter den Kunstgattungen haben Computerspiele noch immer das Image des Schmuddelkindes. Zu Unrecht, sagt der Philosoph und Game-Experte Daniel Martin Feige. Die Gaming-Ästhetik beeinflusse längst schon Theater und Film.
Computerspiele sind Kulturgut und eine eigenständige Kunstform. Vor mehr als zehn Jahren – mit dem Aufkommen von inhaltlich anspruchsvollen Independent-Spielen, die auch politische und soziale Themen in den Blick nahmen - bekamen sie den offiziellen Ritterschlag. Dennoch: So richtig auf Augenhöhe mit Film oder Literatur haben sie es trotzdem nicht geschafft, oft gelten sie immer noch als schmuddeliges, aus der Art gefallenes Geschwisterkind anderer Kunstgattungen.
Auch Games haben jetzt ihr eigenes "Quartett"
Heute Abend nun startet im Berliner Martin-Gropius-Bau das "Quartett der Spielekultur". Der Name erinnert nicht von ungefähr an das "Literarische Quartett", denn die Reihe widmet sich in feuilletonistischer Manier den kulturellen Aspekten herausragender Computerspiele - so kündigt es die Stiftung Digitale Spielekultur an, die das Format initiiert hat.
Daniel Martin Feige, Professor für Philosophie und Ästhetik an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, beschäftigt sich beruflich ebenso wie privat mit Computerspielen und er sagt, Games nutzten nicht nur Stilmittel und Motive anderer Künste kreativ: "Ich sehe mittlerweile, dass Formen des Gamings und der Game-Logik in den Theaterbereich eindringen und dass Film-Logiken in der Literatur verarbeitet werden."
Die "SZ" widmete dem Game "Doom" eine ganze Seite
Insofern habe sich auch die Einstellung der Feuilletons zu Computerspielen geändert. Als vor ein paar Jahren der letzte Ableger des Spiels "Doom" auf den Markt kam, sei dies der "Süddeutschen Zeitung" eine komplette Zeitungsseite wert gewesen.
Natürlich gebe es auch qualitativ schlechte Spiele. Ebenso wenig, wie jeder unterhaltsame Kinofilm gleich Filmkunst sei, könne man auch nicht jedes Spiel automatisch als Kunst bezeichnen, betonte Feige. Hochwertig seien Games für ihn dann, "wenn sie nicht reduzierbar sind auf die Konventionen ihres Genres": "Ein gelungenes Werk der Literatur erfindet neu, was Literatur ist, ein gelungener Film erfindet neu, was Film ist." Und dies gelte so auch für Computerspiele.
Feige sagte weiter, es falle ihm daher schwer, eine Prognose darüber abzugeben, wie sich Games in den kommenden zehn oder zwanzig Jahren weiterentwickeln würden. "Wenn ich den Gedanken ernst nehme, dass ein Kunstwerk zu sein heißt, neue und eigene Regeln aufzustellen, kann ich keine Prognose abgeben, wie ästhetisch Computerspiele in der Zukunft aussehen werden."
(mkn)