Billig-Modekopien mit Blockchain identifizierbar?
Eine Golduhr teuer bezahlt, die eine billige Kopie war? Dieses Problem könnte möglicherweise mit der Technologie behoben werden, die bisher für Krypto-Währungen genutzt wird. Vielleicht lässt sich damit auch die Herstellung von Mode transparent machen.
Blockchain und die Modeindustrie, klar - das ist schon eine eher ungewöhnliche, merkwürdige Kombination. Das gibt der Web-Entwickler Fabian Vogelsteller gerne zu.
"Also wir sind in der Phase, wo Blockchain und Fashion-Industrie noch nicht viele Touchpoints haben - so ein bisschen Clash of the world: Die Entwickler interessieren sich nicht für Fashion und die Fashion-Industrie interessiert sich nicht für Technologie."
Und doch verhandelt Vogelsteller gemeinsam mit seinen drei Entwickler-Kollegen zurzeit mit den - wie er es nennt - "ganz Großen" der Fashion-Industrie. Denn sein Startup "Lukso" verspricht, mit der Blockchain-Technologie ein zentrales Problem von teuren Modemarken zu lösen. Sie soll Schuhe, Uhren oder Handtaschen fälschungssicher machen. Möglich wird das durch einen Chip, der in jedes einzelne Kleidungsstück oder Accessoire eingewebt wird. Der ist im Gegensatz zu den bisher üblichen Barcodes - nicht manipulierbar.
"Ich mach einen Chip in eine Tasche, die Tasche kann sich authentifizieren, der Chip ist nicht duplizierbar, Chanel, Louis Vuitton, Gucci registriert die Tasche auf der Blockchain, gibt der eine Identität auf der Blockchain. Und der Chip hat einen privaten Schlüssel und kann signieren. Das heißt, der Chip kann beweisen, dass er diesen privaten Schlüssel besitzt, indem er dir jede Nachricht, die du ihm gibst signieren kann, ohne dass du an diesen privaten Schlüssel rankommst - und damit kannst du ihn nicht replizieren."
Blockchain für Werbezwecke nutzen
So können Informationen über das Produkt in der Blockchain zwar für Kunden und Händler offengelegt - aber nicht geändert oder kopiert werden. Für die Entwicklung der Blockchain nutzt der Lukso-Gründer seine Erfahrungen, die er als Entwickler bei der Krypto-Währung "Ethereum" gesammelt hat.
"Das ist da, wo ich die letzten drei Jahre gearbeitet habe, wo ich mich auskenne. Ich habe ganz viele Tools in Ethereum gebaut, ich hab da auch die ersten Applikationen gebaut. Deswegen ist für mich Ethereum als Basis zu nutzen perfekt."
Wir sitzen in einem Café am Rosenthaler Platz in Berlin Mitte - zwischen zwei Entwickler-Konferenzen hat der 33-Jährige ein bisschen Zeit für ein Frühstück und ein Gespräch. Er nippt kurz an seinem O-Saft, beißt in seinen Bagel und fängt wieder an zu schwärmen, von all den Möglichkeiten, die Chip und Blockchain zum Beispiel einer Luxus-Tasche eröffnen.
"Ich kann den Besitzer der Tasche erreichen, ich kann ihm als Brand Tokens zukommen lassen, die irgendwelchen Access geben, VIP-Zugänge, Benefits, ich könnte ihm Anteile von der Firma schicken, ich könnte eine digitale Wardrobe haben, einen digitalen Kleiderschrank, wo meine ganzen Items, Accessoires, Taschen drin stehen - und ich kann mit diesen ganzen Dingen interagieren."
Und auch auf dem Second-Hand- und damit auch Sammler-Markt wäre die Echtheit der der limitierten Sneaker oder Taschen eindeutig nachweisbar. Die Käufer hätten stets die Garantie, ein Original zu erstehen.
"Wem hat sie gehört, wer hat genau die Naht gemacht, wer das Leder produziert, oder ist es die erste aus der Produktion gewesen oder die zehnte, das macht dann den Unterschied. Es ist wie als würdest du die Geschichte der Tasche jetzt digital einsehbar, verifizierbar verknüpfen."
Luxusmode als Testfeld
Wie das Ganze dann aussehen wird - mit welchen Apps die Hersteller die Technologie seines Startups sicht- und handhabbar machen - das weiß Vogelsteller selbst noch nicht so ganz genau:
"Spannend wird es, wenn wir die Use-Cases sehen, ich sag mal das Instagram der Blockchain. Es sind Dinge, die wirklich so neu sind, dass man es vorher gar nicht hätte raten können, weil das Potenzial so unendlich groß ist. Das ist so ein bisschen wie am Anfang des Internets."
Vogelsteller baut mit Lukso die erste Blockchain für eine einzelne Industrie auf. Für die Mode-Branche hat er sich deshalb entschieden, weil sie experimentierfreudig und - weil es um Luxus-Marken geht - klein genug ist.
"Das ist es womit wir anfangen, weil das hat relativ wenig Volume, also relativ wenige Items werden produziert, denn die Blockchain hat ein Skalierungslimit aktuell noch, und wenn wir mehrere Marken auf der Industrieblockchain laufen lassen und sagen wir mal eine Millionen Taschen, Uhren oder was auch immer - dann kommen wir da locker hin."
Wenn sie erst einmal etabliert ist, ließe sich die Mode-Blockchain problemlos erweitern, sagt Vogelsteller. Auch H&M, Zara und Co. könnten dann einsteigen. Dann ginge es um mehr als Authentifizierung und virtuelle Spielereien. Auf dem Chip eines jeden Billig-T-Shirts wäre eindeutig nachweisbar, wo und unter welchen Bedingungen es hergestellt wurde.
"Die Niedrigkosten-Brands werden früher oder später diese Transparenz schaffen müssen, weil der Kunde dem sonst nicht mehr glauben würde. Das heißt, diese Blockchain schafft mehr Transparenz und sie baut eine zweite Welt, eine zweite Ökonomie um die Fashion-Produkte herum auf."