"Zuckerberg und Facebook nicht wie ein rohes Ei behandeln"
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Facebook steht in der Kritik wegen seines Umgangs mit den Nutzerdaten. Ein Opfer sei der Konzern aber nicht, meint Constanze Kurz vom Chaos-Computer-Club. Die Vorgänge rund um die Analysefirma Cambridge Analytica seien kein Sicherheitsproblem, sondern die Plattform sei so gebaut worden. Entsprechend müsse man reagieren.
Facebook befindet sich in der wahrscheinlich schwersten Krise seit seiner Gründung - in nur wenigen Tagen wurden viele Milliarden Börsenwert vernichtet. Allein am vergangenen Montag fiel die Aktie um um rund sieben Prozent, was über 35 Milliarden Dollar Börsenwert innerhalb nur eines Tages auslöschte.
Facebook hatte einen Spezialzugang für Wissenschaftler zu seinen Daten angeboten, einer der Forscher leitete diese Daten dann aber an Cambridge Analytica weiter, eine umstrittene Analysefirma. Während das Nutzen der Facebook-Daten zu wissenschaftlichen Zwecken damals von Facebook in dieser Form erlaubt war, so war die Weitergabe der Daten ein klarer Bruch der Vereinbarung. Die Wahrnehmung dieses Skandals ist in den USA und Europa ganz unterschiedlich - Datenschutz hat in Europa mehr Gewicht als in den Vereinigten Staaten. So sieht es auch Constanze Kurz, promovierte Informatikerin und Sprecherin des Chaos Computer Clubs:
"Der Hashtag #DeleteFacebook hat einen gewissen Schwung, im Gegensatz zum Movement, von dem in den USA die Rede ist, haben wir in Europa aber schon oft eine andere Diskussion über diese Werbeplattformen geführt. Es ist nicht so, dass wir erst heute davon wissen und ich glaube, dass die Sensibilität hier in Europa ist ein bisschen größer ist."
"Strikter regulieren"
Handelt es sich um ein Sicherheitsproblem, ein Datenschutzproblem oder ein grundlegendes Problem der Idee "Soziales Netzwerk" und darüber, dass die Nutzer nicht wissen, was es mit dem Geschäftsmodell der Plattformen auf sich hat? Dazu meint Constanze Kurz:
"Es ist eine Mischung von allem, außer ein Sicherheitsproblem. So wie diese Firma und andere vorgehen ist die Plattform gebaut worden."
Was den Umfang der Nutzung und Weiterverarbeitung der Daten betrifft, so haben die Nutzer dem nicht zugestimmt, ist Constanze Kurz überzeugt.
"Was wurde mit den Daten gemacht? Darüber ist noch eine Menge Spekulation."
Nach Meinung von Constanze Kurz wird auch noch viel zu wenig über die Anzahl der betroffenen Menschen gesprochen. Der Fokus auf die USA und Europa lässt uns vergessen, dass auch Länder wie Brasilien, Indien und Nigeria betroffen sind.
"Facebook und andere Firmen nutzen ihre Daten um Meinungen zu machen."
Über die Macht muss gesprochen werden und gerade "in Europa sind zwei größere gesetzgeberische Vorhaben (ePrivacy-Verordnung und die EU-Datenschutzgrundverordnung) im Gange, die wir da unterstützen müssen. Wir müssen Zuckerberg und Facebook nicht wie ein rohes Ei behandeln, sondern es strikter regulieren."
Facebook ist nicht der einzige Klotz
Als eine der größten Fragen fordert Constanze Kurz aber auf, in Erfahrung zu bringen:
"Wer darf unter welchen Umständen Daten Nutzen und Weitergeben und inwiefern muss zugestimmt werden? Wie kann wirklich manipuliert werden mit den Daten? Und Facebook ist nicht der einzige Klotz. Auch Google und Amazon hinsichtlich der Monopolfrage."
Und auch das letzte Mittel schließt Constanze Kurz nicht aus, wenn es zu keinen Veränderungen bei Facebook kommt:
"Wir müssen eingreifen oder wir zerschlagen Facebook."
Skandale rund um Facebook gab es schon einige. Wie immer bleibt daher auch die Frage: Wird der neue Skandal etwas ändern? Davon ist Constanze Kurz überzeugt, betont aber auch:
"Wir müssen nicht nur über Facebook reden, sondern auch mehr über die Firmen, die die Daten manipulieren und die Mächtigen dieser Welt, die das ausnutzen. Das wir über die Probleme reden, wird schon etwas ändern."
Und von den neuen Regularien, wie das ePrivacy-Gesetz und der EU-Datenschutzgrundverordnung erhofft sich Constanze Kurz, dass wir nicht alle paar Monate über neue Probleme diskutieren müssen. Darum müssen diese umgesetzt werden.
In anderen Ländern, die oft nicht im Fokus stehen, wie zum Beispiel Nigeria, muss auch darauf geschaut werden, welche Macht Facebook hier hat und inwiefern dort das Thema "Wahlmanipulation" fast zu einem Bürgerkrieg geführt hat.