Junges Angebot von ARD und ZDF startet
Nun geht es offiziell los mit "Funk", dem "Content-Netzwerk von ARD und ZDF", wie es ganz internetaffin heißt. Kann das neue Webvideoangebot die 14- bis 29-Jährigen zurück zu den öffentlich-rechtlichen Sendern bringen?
Fangen wir an mit dem Namen: "Funk". Der klingt alles andere als hipp, eher retro. Oder bestenfalls: schlicht. Ganz so dumm ist die Idee allerdings nicht. Denn je prosaischer der Name, desto mehr Glanz bleibt den einzelnen Marken - und um die geht es eigentlich.
40 Webvideoformate präsentiert das Content-Netzwerk zum heutigen Start. Die wichtigsten Kategorien: Unterhaltung, Orientierung, sprich Lebenshilfe, und Information. Nicht alles ist schon fertig.
Einiges läuft erst im November an, manches gibt es bereits seit ein paar Wochen im Netz. Wie etwa das Y-Kollektiv, das jeden Donnerstag eine knapp 15-minütige Reportage liefert, über Themen wie Tierschutz, Flüchtlingsrettung oder Zweitfrauen.
Geschichten subjektiv erzählen
"Sheriam kann nicht mehr und bricht das Interview mit mir ab. Sie kann einfach nicht mehr auf meine Fragen antworten. Sheriam, 27 Jahre, eine Zweitfrau. Und um Frauen wie sie geht es hier."
"Ich wusste überhaupt nicht, was ich machen soll, ehrlich gesagt. Ich wusste nicht, was in ihrem Kopf vorgeht. Ich wusste nicht, wie ich reagieren soll. War schon eine krasse Situation für mich."
Geschichten subjektiv erzählen - das ist ein Ansatz, der sich insgesamt durch "Funk" zieht. Denn, so die Macher, genau das ist es, was 14 bis 29-Jährige miteinander verbindet. Es sei eine Phase der Selbstdefinition, der Charakterbildung, der Orientierung an starken Protagonisten, um sich dann auch wieder abzugrenzen.
Beim "Y-Kollektiv" macht der subjektive Blick durchaus neugierig, im Meinungsformat "Head Linez" wirkt er aber eher bemüht.
"Ihr kennt doch bestimmt alle diese gruselige Schuldenuhr, sieht man ständig in den Nachrichten. Jede Sekunde wachsen Deutschlands Schulden um über 100 Euro - oh mein Gott. Was man deutlich seltener sieht, ist die Vermögensuhr. Sie zeigt an, wie stark die Vermögen in Deutschland wachsen und das tun sie momentan mit über 9000 Euro pro Sekunde. Was uns zur Frage bringt: Wo ist das ganze Geld?"
"Funk" mit Fabian Nolte oder LeFloid
Apropos Geld. 45 Millionen Euro darf das Content-Netzwerk pro Jahr ausgeben. Eine Summe, die auch manchem Youtuber neue Projekte ermöglicht. Neben jungen Kollegen von ARD und ZDF setzt "Funk" nämlich auch auf bekannte Gesichter wie Fabian Nolte oder LeFloid, der auf Youtube mal die Kanzlerin interviewt hat. Fynn Kliemann, ein Name durch seine Handwerkervideos, startet auf "Funk" die Unterhaltungsshow "Kliemannsland", die schon jetzt 170.000 Abrufe hat und in der er zum Beispiel Wakeboarden lernt.
"Also heute ist jetzt meine erste Trainingsstunde oder was? Ich bin muskulös, auf jeden Fall verdammt gut ausgestattet. Unser Training hat fünf wesentliche Elemente: Brett, Nummer zwei ist Wasser, Nummer drei ist Style und Nummer fünf ist Sieg."
Das macht schon Spaß. Nicht alles, was auf "Funk" heute startet, wird bleiben - zumal noch 30 weitere Formate in der Pipeline sind. Doch auch wenn viel Originelles dabei ist, stellt sich die Frage, wie genau es klappen soll, dass Jugendliche dabei an ARD und ZDF denken? Alle Marken sind autonom und kommen über Youtube, Facebook oder Instagram daher. Der Name "Funk" erscheint nur im Abspann der Videos. Identität stiften könnte lediglich die App, auf der alle Angebote gebündelt sind.
"Achtung, Achtung, hier spricht Tatort"
Der Versuch einer direkten Crosspromotion zu den öffentlich-rechtlichen Hauptprogrammen jedenfalls ist eher schnarchig, das lässt zumindest der Trailer der "Tatort-Show" befürchten.
"Achtung, Achtung, hier spricht Tatort, die Show. Und hier ist ihr Gastgeber: Daniel Boschmann. 21:47 Uhr und wir sind live. Hallo Facebook, hallo Youtube. Chaotische Lifesendung mit coolen Outfits an lustigen Orten, da sind wir voll im Trend und machen mit. Wir gehen mit euch gleich ins Darknet und sagen euch, wie ihr ganz schnell an Waffen und Drogen rankommen könnt und ihr könnt Original-Tatortrequisiten gewinnen."
Und weitere Fragen bleiben offen. Lustige Videos, starke Emotionen und ein persönlicher Blick mögen Jugendliche - zu Recht - anziehen. Subjektivität und Meinungen sind aber nur eine Form von Journalismus. Die Gefahr besteht, dass sich "Funk" freiwillig darauf beschränkt, einfach um Klicks zu generieren.
Was direkt zur größten Herausforderung führt. Wie bringt man im Netz - jenseits von Informationsschnipseln - Relevanz und komplexe Zusammenhänge an den Nutzer? Sicher lässt sich vieles mit kurzen Erzählformen transportieren, aber eben doch nicht alles. "Funk" traut sich offenbar nicht zu, den Jüngeren auch längere Strecken schmackhaft zu machen. Das gehört aber auch zum Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Ob es "Funk" gelingt, hier die Suche nach Antworten voranzutreiben, wird - neben den Klickzahlen - auch ein Gradmesser sein für den Erfolg des Projekts.