Mit Staatsvertrauen gegen das Virus
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Finnlands Strategie des schnellen Handelns in der Corona-Pandemie war erfolgreich. Sie hat im europäischen Vergleich zu niedrigen Infektions- und Todeszahlen geführt. Regierungschefin Sanna Marin bekommt als Krisenmanagerin viel Lob. Zu Recht?
Die Uhr tickt. Unaufhörlich. Helena Pöllänen strahlt übers ganze Gesicht. 50 Minuten noch – dann bekommt die Komikerin aus Helsinki, der finnischen Hauptstadt, ihre Zweitimpfung gegen Corona, diesen "kleinen miesen Spielverderber", wie sie das nennt.
"Zumindest muss ich mir dann weniger Sorgen machen. Hoffentlich schützt mich die Impfung auch vor der Delta-Variante. Ich bekomme meinen zweiten Pikser wieder im Impfzentrum auf dem Messegelände. Bei der Erstimpfung dachte ich, ich sehe nicht richtig. Das Zentrum sah aus wie ein Militärlager. Dafür lief alles wie am Schnürchen. Du musstest nur den Zeichen folgen und tun, was die Krankenschwestern sagen. Die waren wirklich nett. Irgendwie war es ein komisches und gutes Erlebnis zugleich."
Die letzten zwölf Monate haben der 39-Jährigen auch sonst einiges abverlangt.
Dreimal hat sich Helena für die staatliche Corona-Hilfe beworben – und jedes Mal eine Absage erhalten. Gerade versucht sie es ein viertes Mal. Die Frau in der rosafarbenen Bomberjacke strafft auf der Terrasse des "Botta", des Szeneclubs hinterm Parlament, den Rücken. Sie ist auch so über die Runden gekommen.
Im Sommer war Helena in einem Nest im finnischen Nirgendwo, rund dreihundert Kilometer nördlich der Hauptstadt, beim Freiluft-Theater. In Finnland hat das eine lange Tradition. Aufgeführt wurde die Lebens- und Leidensgeschichte von Matti Nykänen, dem früh verstorbenen, legendären finnischen Skispringer.
Helena hatte darin verschiedene Rollen. Mal war sie Mattis Lehrerin, eine Sportreporterin, seine Ex-Frau. Eigentlich waren 22 Aufführungen geplant, doch wegen der Corona-Auflagen mussten sechs gestrichen werden. Aber zumindest konnten die letzten zwei Anfang der Woche wie geplant über die Bühne gehen.
"Ehrlich gesagt war die Woche ganz schön verrückt. Ich saß die ganze Zeit auf heißen Kohlen. Haben die Veranstalter für meine Stand-up-Comedyshows im Herbst endlich geantwortet? Muss ich umdisponieren? Gleichzeitig stand ich auf der Bühne. Und wollte mein Bestes geben, damit das Publikum eine gute Zeit hat. Es sollte nicht merken, wie es in meinem Inneren ausschaut. Aber du siehst ja: Ich bin nicht kleinzukriegen und lächele."
"Ich habe ein paar Corona-Witze im Programm"
Eine halbe Stunde noch bis zum Impftermin, Helena muss langsam los. Mit dem Auto braucht sie vom Botta zehn Minuten. Letztes Jahr ist sie hier um die Zeit noch aufgetreten, mit ihrem "All Female Panel", ihrer Frauen-Comedy-Truppe.
Und dieses Jahr? Schwierig, meint sie. Januar, Februar, März sei sie gar nicht da gewesen, sondern in Lappland, um als Skilehrerin etwas dazuzuverdienen. Seitdem hätten sie ein paar Gigs gehabt, vier davon im Livestream.
"Ist Corona ein guter Gesprächsstoff für Comedy? Oder sollten wir die Leute damit verschonen? Darüber haben wir auch geredet. Die Pandemie bestimmt ja weiter unseren Alltag. Ich würde sagen: wenn du es feinfühlig anstellst und in deinem Programm nicht jammerst, wie schlimm alles ist, kannst du es schon thematisieren. Unser Job als Comedians ist ja, die Leute zu unterhalten und zum Lachen zu bringen. Ich habe ein paar Corona-Witze im Programm. Aber ich versuche, es möglichst locker rüberzubringen."
"Wir helfen uns gegenseitig"
Helena springt auf, ehe sie sich noch einmal umdreht. Die anderen vier vom "All Female Panel" hätten ihr alles Gute gewünscht für die Impfung, sprudelt es aus ihr heraus. Selbstverständlich ist das nicht:
"Auch ohne Corona kannst du dich in diesem Beruf ziemlich einsam fühlen. Wenn du deine eigene Comedyshow machst, reist du alleine, du planst dein Programm alleine, du machst alles alleine. Deshalb mag ich das 'All Female Panel' so.
Wir sind nicht nur Kolleginnen, sondern helfen uns auch gegenseitig. Wenn wir nicht als Gruppe aufgetreten wären, hätte das mit den Livestreams auch nicht geklappt. Die Stadt Helsinki hat das ja subventioniert. Und letzte Woche haben mich die anderen sogar besucht, beim Freilufttheater. Wir sind da als 'All Female Panel' aufgetreten. Das war ein Riesenspaß."
Vom Botta in die "Yliopistonkatu", die Universitätsstraße mit ihrem windschiefen Kopfsteinpflaster. Und damit zu einer weiteren, alten Bekannten.
Sie ist sich treu geblieben: Rosa Meriläinen, Chefin von "KULTA", dem "Interessenverband der finnischen Kunst- und Kultureinrichtungen". Immer spontan, immer geradeheraus.
"Ich muss sagen, ich bin gerade etwas geschafft. Wegen der Situation im Kulturbereich. Wir haben alle Angst, wie es weitergeht. Das drückt aufs Gemüt, auch bei mir. Obwohl es mir und meiner Familie privat gut geht."
Zwei Meter Abstand sind nicht praktikabel
Vor ein paar Minuten hat es noch geregnet, doch die Ex-Grünen-Parlamentarierin will trotzdem raus. Frische Luft schnappen. Fast den ganzen Morgen hat Rosa am Telefon verbracht, E-Mails beantwortet, sich aufgeregt. Über die Zwei-Meter-Regel.
"Die Zwei-Meter-Abstandsregel ist schrecklich. Für kleine Kinos kann das bedeuten, dass sie nur sechs oder zehn Leute reinlassen dürfen. So kannst du doch kein Kino betreiben. Diese Regel ist aber auch fürs Ballett, für Theater und Konzerte katastrophal. Im Großraum Helsinki kommt hinzu: Die Theater müssen das Publikum in zwei Gruppen trennen, mit separaten Eingängen und Toiletten. So was mag vielleicht bei einem Fußballspiel funktionieren, aber doch nicht in einem Theater. Die meisten haben gar nicht so viele Eingänge."
Rund anderthalb Millionen Euro Verlust wöchentlich machen die Theater, Opern und Musicalstätten des Landes coronabedingt. Deshalb fordern Rosa und andere schon seit Längerem, die Regierung solle endlich wie versprochen einen Corona-Pass einführen, damit zumindest Geimpfte und Genesene wieder ganz normal ins Theater oder die Oper können.
Querdenker gibt es hier nicht
Die studierte Politikwissenschaftlerin selbst ist zweifach geimpft. Genau wie ihr Mann. Auch Frans und Auri, ihre zwei Teenager, hatten auch schon ihre Erstimpfung. Nur Johannes, der Dritte, muss noch warten, weil er noch keine zwölf ist. Impfgegner, geschweige denn "Querdenker", kennt Rosa keine.
Sie schaut auf der Außenterrasse des "Roasberg", ihres Lieblings-Cafés, verwundert hoch: Noch nie gehört, das Wort. Für die 45-Jährige ist die Impfung das Ticket zurück in die Normalität. Schon jetzt ist für Geimpfte einiges wieder möglich. Sport etwa. Könnten Auri und Johannes zum Taekwondo? Ihre Mutter verdreht die Augen: schwieriges Thema.
"Unsere zwei Kleineren werden da nicht wieder hingehen. Es ist einfach zu schwierig, sie nach den Lockdowns dazu zu motivieren. Sie haben keine Lust mehr. Ich denke, das hat psychologische Gründe. Neben dem Taekwondo haben sie noch Theater gespielt. Es ist wirklich schade. Durch diese ganzen Hobbys lernen die Kinder wichtige Dinge fürs Leben. Beim Theater stehst du auf der Bühne, musst deine Scheu verlieren. Unsere Kinder brauchen das. Aber ich kann schon froh sein, wenn die zwei weiter Klavier üben."
Meint die Frau, die einen Teil ihres Sommerurlaubs im Container verbracht hat, bei der finnischen Ausgabe von "Promi-Big-Brother" – "skandalfrei", wie sie betont. Ihr hat das gut getan, ein paar Tage nicht an die Arbeit zu denken. Die ganzen Hiobsbotschaften.
"Das Problem ist: die Regierung will im nächsten und übernächsten Jahr den Etat für Kunst und Kultur massiv kürzen. Das steht schon fest. Das hat etwas mit dem Finanzmodell zu tun. In Finnland speist sich ein Teil der Gelder für das Kultur- und Kunstbudget aus den Einnahmen des Glücksspielmonopols.
Die staatlichen Spielhallen haben wegen Corona viel weniger eingenommen als noch 2019. An sich ist das ja gut, Spielsucht ist schließlich eine schlimme Krankheit. Aber für den Kulturbereich ist das katastrophal. Viele Kultureinrichtungen haben coronabedingt so oder so schon weniger Einnahmen und jetzt streicht der Staat auch noch Zuschüsse. Nächstes Jahr werden noch mehr Jobs im Kultur- und Kunstbereich verschwinden."
Über potenzielle Kürzungen muss sich Otto Helve keine Gedanken machen. Er ist Chefarzt bei THL, dem "Nationalen Institut für Gesundheit" in Helsinki, so etwas wie dem Robert-Koch-Institut Finnlands. Und ein Mann, der lieber auf Nummer sicher geht.
Mehr Neuinfektionen als letztes Jahr
Mindestens zwei Meter Sicherheitsabstand, so lauten die hausinternen Vorgaben. Der drahtige Glatzkopf hat in einen der Besprechungsräume des strahlend weißen Funktionsbaus am Stadtrand geladen. Viel Holz, viel Licht, jede Menge Hightech.
"Es war eine ziemlich hektische Woche. Eigentlich war das ganze Jahr hektisch. Aber in den letzten Wochen und Monaten gab es besonders viel zu tun. Seit Ende Juni sind die Infektionszahlen sprunghaft gestiegen. Erst im Laufe des August hat sich die Lage langsam stabilisiert. Aber verglichen mit letztem Jahr haben wir immer noch weitaus mehr Neuinfektionen. Deshalb ist unsere Expertise gefragter denn je."
Lange Zeit galt Finnland als einer der Corona-Musterschüler Europas. Die Infektionsrate war eine der niedrigsten, die Todeszahl lange im dreistelligen Bereich.
Fußballfans schleppen Virus ein
Doch das hat sich geändert. Wegen der Deltavariante. Und ein paar hundert Leuten in blau-weißen Trikots, den Farben der finnischen Nationalflagge, die nichts Besseres zu tun hatten, als im Frühsommer nach Sankt Petersburg zu reisen, um ihre Mannschaft bei der Fußball-EM anzufeuern. Trotz aller Appelle, das doch lieber sein zu lassen.
"Es ist sehr wahrscheinlich, dass die finnischen Fußballfans, die von Sankt Petersburg zurück nach Finnland kamen, Einfluss auf das Infektionsgeschehen hatten. Aber die Deltavariante kursierte vorher schon im Land. Deshalb würde ich sagen: Ja, die finnischen Zuschauer haben das Virus miteingeschleppt. Aber ob die Delta-Variante ohne sie noch hätte gestoppt werden können, halte ich für unwahrscheinlich. Es war ein Faktor, aber nicht der hauptausschlaggebende."
Der Mediziner rutscht unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Genug mit den schlechten Nachrichten. Viel lieber referiert er über das, was weiterhin gut läuft. Rund die Hälfte der 5,5 Millionen Finnen und Finninnen hat die Corona-Warn-App heruntergeladen, gemessen an der Bevölkerungszahl Weltrekord.
Folgen der Einschränkungen schlimmer als die Pandemie?
Dazu muss man wissen: Die meisten seiner Landsleute vertrauen dem Staat, was sich auch daran ablesen lässt, dass schon seit zehn Jahren die Gesundheitsdaten jedes Einzelnen auf einer Chipkarte gespeichert werden.
Datenschutz ist kein großes Thema. Auch nicht bei der Nachverfolgung. Allein in Helsinki sind zweihundert Leute damit beschäftigt, Corona-Infizierte und deren Umfeld zu kontaktieren.
"Unsere Kontrollmaßnahmen haben definitiv dazu beigetragen, dass wir so glimpflich durch die Pandemie gekommen sind. Gleich zu Beginn haben wir in den Alten- und Pflegeheimen ein Besuchsverbot durchgesetzt. Aber das war nur eine Maßnahme, die dazu beigetragen hat, dass wir in Finnland eine so niedrige Todesrate haben. Doch es hat auch Fragen aufgeworfen. Waren die Maßnahmen – diese monatelange Isolation – möglicherweise zu strikt? Zu unmenschlich? Kann es sein, dass die Langzeitfolgen der Einschränkungen schlimmer sind als die eigentlichen Folgen der Pandemie?"
Ein neuer Tag, eine andere Ecke der finnischen Hauptstadt. Das Café im "Lasipalatsi", dem eklektischen "Glaspalast" unweit des Hauptbahnhofs. Emilia Uljas schaut hier häufiger vorbei. Ihr Büro bei der "Gewerkschaft der Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen" liegt nicht weit entfernt.
Erwachsene durften in die Bar, Kinder nicht in die Schule
Seit einem Jahr ist die 20-Jährige Gewerkschaftsbossin, Ende des Jahres ist aber altersbedingt Schluss. Wie ist das also für junge Leute? Von wegen Corona? Den Einschränkungen? Nicht gerade prickelnd, konstatiert Emilia.
"Nur als Beispiel: Letzten November wurde an den finnischen Schulen vorübergehend wieder Distanzunterricht eingeführt, während gleichzeitig Bars und Restaurants offen blieben. Als Erwachsener konntest du dich in eine Bar setzen und mit Freunden treffen, aber Kinder und Jugendliche durften nicht in die Schule. Verrückt.
Ich könnte dir viele weitere Beispiele nennen, die belegen, dass wir jungen Leute und Kinder am meisten unter den Einschränkungen gelitten haben. Viele junge Leute leben alleine. Auf, keine Ahnung, 20 Quadratmetern. Ich denke, für Erwachsene war es während der Lockdowns viel einfacher. Die haben mehr Platz, eine Familie, Leute zum Quatschen. Wenn du jung bist und alleine wohnst, kannst du dich ganz schön verloren fühlen."
Pop-up-Impfstationen als Alternative
Emilia lebt alleine, seit sie 17 ist. Auf 28 Quadratmetern. Sie will das so. Wollte unbedingt nach Helsinki, ans "Ressu", das Elite-Gymnasium. Auch sie ist geimpft, in ein paar Tagen hat die Frau in der weißen Rüschenbluse ihren zweiten Termin. Ihr schwant schon Übles. Bei der Erstimpfung war die Schlange ellenlang.
"Viele junge Leute denken sich beim Anblick dieser Schlangen möglicherweise: Mich da anstellen? Kein Bock, das dauert ja Ewigkeiten. Dann lasse mich nicht impfen. Pop-up-Impfstationen an den Schulen wären eine super Alternative. Wenn eine Schülerin die sieht, denkt sie sich: Oh, da gibt es ja noch einen freien Termin. Super, dann lasse ich mich schnell impfen und rase danach zum Matheunterricht."
Seit Mitte August werden in Finnland die 12- bis 15-Jährigen geimpft. Emilia findet das gut. Dass innerhalb von nur vier Wochen schon zwei von drei ihren ersten Pikser bekommen haben.
"Warum sagen sie hässliche Dinge über mich auf Facebook?"
Und die Pop-up-Stationen? Sie lächelt. Sollen auch bald kommen. Das jedenfalls hat Li Andersson versprochen. Mit der Bildungsministerin hat die Einser-Abiturientin vor einer Woche auf Teams geredet. War ganz nett, meint sie. Ihr hat das gut getan. Schließlich steht sie häufiger in der Kritik, als ihr lieb ist:
"Besonders nach unserem Kommentar über die Pop-up-Impfstationen. Mein Foto tauchte plötzlich auf der Seite einer Anti-Impf-Gruppe bei Facebook auf. Ein paar Leute haben mich mit der Seite verlinkt. Anfangs fand ich es ja noch ganz lustig, dass unser Kommentar so viel Aufmerksamkeit erzeugt hat. Aber dann habe ich mir gedacht: Was fällt denen eigentlich ein? Ich bin gerade zwanzig geworden und versuche, aus der Welt einen besseren Ort zu machen. Warum fühlen sich die Erwachsenen von mir bedroht? Und sagen hässliche Dinge über mich auf Facebook?"
Auf ihre neue, hypermoderne Tramlinie sind die Leute in Tampere, der drittgrößten Stadt Finnlands, ziemlich stolz. Mika Rämet fährt damit neuerdings manchmal zur Arbeit.
Fünfzig ist Mika Rämet gerade geworden, ein stiller Typ, der um seinen Job nicht viel Aufhebens macht. Direktor des "Impfforschungs-Zentrums der Universität Tampere" sei er, meint er bescheiden. Nur um zu verschweigen, dass er Chef aller zehn Einrichtungen dieser Art im Land ist.
Impfstoffe untersuchen, testen, bewerten
Auf der Straße wird der Mann mit den schwarzen Hightech-Turnschuhen zwar nicht erkannt, doch in Fachkreisen kennt man sein Gesicht. Schon vor Corona hat er Impfstoffe untersucht, getestet, bewertet. Mika zeigt auf die orange Tür am Ende des Gangs. Dahinter verbirgt sich eines der Labore. Zutritt verboten.
Seit Juni arbeitet er an einer internationalen Studie. Wie vertragen unter 12-Jährige den Impfstoff von Biontech-Pfizer? Das versucht Mika herauszufinden. Rund 400 Kinder in ganz Finnland nehmen an der Studie teil. Die eine Hälfte bekommt den Impfstoff, die andere ein Placebo.
"Einerseits geht es darum zu sehen, wie sie den Impfstoff vertragen. Ob Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen auftreten. Bei den Kindern müssen wir zusätzlich schauen: Wirkt der Impfstoff auch bei ihnen? Schützt er sie? Am wichtigsten aber ist, dass wir garantieren können: Der Impfstoff ist auch für Kinder sicher. Das ist das A und O."
Untergebracht ist Mikas Labor in einem grauen Hinterhof-Kasten, der schon bessere Zeiten gesehen hat und Achtzigerjahre-Charme verströmt. Dem Impfexperten macht das nichts aus. Hauptsache funktional.
"Die Impfbereitschaft in Finnland ist wirklich hoch"
Auch heute haben sie Kinder geimpft. Wie viele? Er überlegt kurz: Zwei, drei dürften es gewesen sein, ganz genau weiß Mika das nicht Er ist normalerweise bei den Impfungen nicht dabei. Es sei denn, die Eltern wollen das unbedingt. Doch das kommt selten vor.
"Grundsätzlich ist die Impfbereitschaft in Finnland wirklich hoch. Unter den über 60-Jährigen sind mehr als 90 Prozent bereits geimpft. Ich denke, wir werden da bald eine Rate von 95 Prozent erreichen. Aber natürlich machen uns die restlichen fünf Prozent Sorgen. Das ist ein großes Problem. Einige lehnen Impfungen per se ab, andere haben Angst vor Nebenwirkungen. Deshalb zögern sie womöglich noch, sich impfen zu lassen."
Werden im November die Corona-Maßnahmen aufgehoben?
Auch Mika graust es vor dem Winter. Einer Pandemie der Ungeimpften. Er selbst macht sich keine Sorgen. Anfang August hatte er seine Zweitimpfung, danach etwas Kopfschmerzen und erhöhte Temperatur. Plus 0,5 Grad, das hat ihm sein Hightech-Ring an der linken Hand verraten.
"Den trage ich immer. Der Ring ist hauptsächlich dazu da, die Qualität meines Schlafes zu messen. Es ist schon ein bisschen beängstigend. Der Ring weiß alles. Er merkt, wenn ich Tennis spiele. Spazieren gehe. Ob ich Frisbee oder Golf spiele. Wegen meiner erhöhten Herzfrequenz. Die Informationen landen auf einer Cloud. Zum Glück habe ich keine großen Geheimnisse. Wenn jemand mitbekommt, dass ich Tennis gespielt habe, dann ist das halt so."
Sobald achtzig Prozent der über 12-Jährigen durchgeimpft sind, hat Premierministerin Sanna Marin in Aussicht gestellt, hebt der Staat die Corona-Maßnahmen auf. Mika hat das schon einmal durchgespielt. Im November könnte es soweit sein. Gute Aussichten für den "Mann ohne Geheimnisse".