Corona in Iran

Frisierte Zahlen, geöffnete Moscheen

12:52 Minuten
Blick durch das Tor der geschlossenen Moschee Imamzadeh Saleh in Teheran.
Die Schließung der Moscheen besonders im für Muslime heiligen Fastenmonat Ramadan hatte zu Diskussionen zwischen Wissenschaftlern und dem Klerus Irans geführt. © AFP / Atta Kenare
Christian Buttkereit im Gespräch mit Isabella Kolar |
Audio herunterladen
Seit Anfang März sind Irans Moscheen geschlossen, jetzt werden sie teilweise wieder geöffnet. Das verkündete Irans Präsident Hassan Rouhani. Grund sei ein positiver Trend bei den offiziellen Coronavirus-Zahlen. Doch denen trauen nicht alle.
Langsam werden auch in Iran die strengen Maßnahmen gegen die Coronapandemie zurückgenommen. Präsident Rouhani warnte aber auch, dass die Lockerungen keine völlige Entwarnung bedeuten würden. Eine zweite Coronawelle in Iran schließe Rouhani nicht aus, darauf müsse das Land auch vorbereitet sein. Auch hier bedeute Corona eine Gratwanderung zwischen Gesundheitsschutz und einer Rückkehr zum normalen Leben, sagt unser Korrespondent Christian Buttkereit.
Dazu komme, dass nicht nur oppositionelle Gruppen wie die Volksmudschahedin die offiziellen Coronazahlen des iranischen Mullah-Regimes anzweifelten, sondern auch iranische Politiker und selbst Regierungsmitglieder.

Vielen Iranern fehlt das Geld zum Einkaufen

Trotzdem sehe es im Moment nach einer Entspannung aus: Shoppingcenter und der große Bazar von Teheran hätten schon seit drei Wochen geöffnet. Die Friseure hätten unter Auflagen wieder aufgemacht. Den Einkaufsläden fehle aber die Kundschaft, weil viele Menschen aufgrund der Krise nicht das Geld hätten, um groß einzukaufen. Andere wollten immer noch nicht das Haus verlassen.
Wann Cafés, Restaurants und Sportstätten wieder aufmachen könnten, sei noch unklar, so Buttkereit. Auch die iranische Wirtschaft leide schwer unter Corona, ganze Wirtschaftszweige stünden still, das sei ein Überlebenskampf für viele Unternehmer. Und nach wie vor sei Iran betroffen von US-Sanktionen, was sich gerade auch im Gesundheitsbereich auswirke.
Eine Frau mit Schutzmaske steht auf einem Markt in Teheran.
Auch das iranische Neujahrsfest Nowruz am 20. März wurde in diesem Jahr von der Pandemie überschattet.© Imago / Xinhua
Eine staatlich angeordnete Ausgangssperre gab es in Iran nie, sagt Christian Buttkereit, aber die Menschen seien zu "sozialer Distanzierung" aufgerufen worden, wie zum Beispiel zu Hause zu bleiben oder im Homeoffice zu arbeiten. Viele Iraner seien auch nach den Lockerungsmaßnahmen immer noch sehr vorsichtig.

Beten im Auto

Da die Moscheen lange Zeit ganz geschlossen waren, hätten viele Iraner die Möglichkeit der "Drive ins" genutzt. Zum einen um im Auto sitzend auf Großbildleinwänden Kinofilme anzuschauen, zum anderen und um an religiösen Zeremonien teilzunehmen, um gerade im religiösen Fastenmonat Ramadan so etwas wie Gemeinschaft empfinden zu können.
Ein Paar sitzt im Autokino.
Auch im Iran bleiben die Kinos wegen Corona geschlossen. Autokinos haben sich daher zu einer beliebten Alternative entwickelt.© Picture Alliance / AA / Fatemeh Bahrami
Korrespondent Christian Buttkereit beobachtet vom ARD-Studio Istanbul aus die Lage in Iran. So häufig wie möglich, versuchen er und seine Kollegen und Kolleginnen ins Land zu reisen, was durch eine selektive Visumsvergabe der iranischen Behörden erschwert wird. Allerdings hat er Mitarbeiter und Kollegen in Iran, die ihn über die aktuellen Geschehnisse im Land auf dem Laufenden halten.
(ik)
Mehr zum Thema