Corona-Lockdown

Bedrückende Stille im Hotel

05:55 Minuten
Ein Mann steht hinter der Rezeption einer leeren Hotelempfangshalle.
Der Hotelalltag geht weiter, aber an der Rezeption herrscht der Lockdown-Blues. © picture alliance / ANP / Vincent Jannink
Von Alexander Moritz |
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Deutsche Touristen fliegen nach Mallorca, doch in Deutschland sind touristische Reisen weiterhin nicht erwünscht. Für Hotelbetreiber, wie den Dresdener Marc Arendt, verlängert sich der Lockdown-Blues und die Hoffnung schwindet.
"Hier müssten Sie normalerweise Geschirr klappern hören", sagt der Dresdener Hotelier Marc Arendt und blickt sich in den Räumen seines leeren Hotels ums. "Hier wären jetzt die Kellner am Vorbereiten für das Abendgeschäft. Und hier müsste man sich dann vorstellen, komplett eingedecktes Restaurant. Da würden jetzt - was weiß ich – die Tische zusammengestellt werden für Gesellschaften oder wird eingedeckt, umgedeckt, vorbereitet, Besteck poliert."

Alltagsroutine trotz gähnender Leere

Wenn die Gäste nicht mehr da sind, muss Marc Arendt sie sich eben vorstellen. "Es ist wie eingemottet – tot!" Der Anblick seines leeren Hotelrestaurants macht ihm immer noch zu schaffen. Der gelernte Koch kam 1991 aus Düsseldorf nach Dresden. Seitdem ist er Geschäftsführer der Residenz Alt-Dresden. Ein orange gestrichener Block aus den 1990ern, etwas abseits der touristischen Innenstadt. 124 Zimmer, zwei Restaurants, eine Bar, fünf Tagungsräume – alles leer, seit Monaten schon.
Marc Arendt steht vor der Rezeption seines leeren Hotels.
Der Geschäftsführer Marc Arendt hält das Hotel auch für die wenigen Geschäftsleute offen, die noch absteigen dürfen. © Deutschlandradio / Alexander Moritz
"Dann jeden Morgen zu kommen, das Haus aufzuschließen", beschreibt er seine Tagesroutine in der Coronazeit. "Das Hotel ist dunkel, es ist niemand da. Das gibt es eigentlich nicht. Wir sind ein Hotelbetrieb gewesen: 24 Stunden rund um die Uhr mit Nachtdienst. Es war immer einer da, es waren immer Gäste da. Also keine Gäste haben wir eigentlich nie gehabt – das gab es nicht." Er kommt trotzdem noch jeden Tag, um nach dem Rechten zu sehen. 30-40 Menschen arbeiten hier sonst, im Moment ist er fast alleine.
Im ausgestorbenen Foyer ist nur die Wanduhr zu hören und der Rezeptionist, der hinter seinem Tresen ein paar Anrufe entgegennimmt: Einige Optimisten wollen für den Sommer buchen, andere stornieren oder buchen um. Warten auf ein Weiter.
Ende Februar hat Arendt das Hotel wieder geöffnet. Aber gerade sind nicht mal zehn Zimmer belegt. "Das große Problem ist ja: Sie dürfen zwar für Geschäftsreisende aufmachen, aber die Geschäftsreisen als solche sind vielleicht noch ein Drittel von dem, was sie früher mal waren. Die Firmen lassen niemanden reisen, Tagung findet nicht statt, Kongresse gibt es nicht. Und das drückt natürlich alles auf die Auslastungszahlen. Betriebswirtschaftlich macht das keinen Sinn."

Aufgeben ist wegen der Konkurrenz keine Option

Warum er überhaupt aufmacht? Aus Trotz vielleicht. Und weil angesichts der starken Konkurrenz unter den Dresdener Hotels Aufgeben keine Option ist. "Man muss natürlich sein Unternehmen auf den Markt halten, unter allen Umständen", sagt Arendt. Also sie können nicht ein halbes Jahr zu machen und dann denken, dass die ganzen Firmen immer noch zu ihm kommen, wenn sie sechs Monate weg vom Fenster waren."
Also läuft der Betrieb weiter. Irgendwie durchhalten. "Jetzt können wir mal in den Veranstaltungsraum reingucken." Er dreht den Schlüssel im Schloss, die Tür geht auf. "Auch hier ist wieder sehr still."
Der große Raum für Seminare und Familienfeiern ist leer geräumt, die Stühle stehen aufgestapelt an einer Wand. Vor Kurzem haben die Kellner hier den Teppich gereinigt – um die Zeit irgendwie sinnvoll zu nutzen. Auch die Küche ist blank geputzt – sogar das Fett aus der sonst immer öligen Dunstabzugshaube ausgewischt. "So sauber war es schon lange nicht mehr. Aber man kann ja nicht die ganze Zeit nur putzen." Denn mit Putzen verdient er kein Geld. Ohne Kredite geht es nicht.

Überbrückungshilfen sichern das Überleben

Immerhin die Überbrückungshilfen werden inzwischen gezahlt und sichern das Überleben. Doch Arendt hat Angst vor der Zeit nach dem Lockdown. "Großveranstaltungen, dieses Jahr habe ich abgehakt für mich, die wird es nicht geben. Und wenn das fehlt, fehlt mir vorneweg mindestens die Hälfte vom Umsatz. Dann muss ich sagen, wird es betriebswirtschaftlich schwierig. Also die Furcht, dass es danach schiefgeht, dass gar nicht genug Geschäft kommt, die ist wesentlich größer als die Angst davor, dass Geld nicht rechtzeitig zu kriegen."
Leere Sessel in der Hotelbar
Die Leere in den Hotelräumen ist für die Mitarbeiter bedrückend. © Deutschlandradio / Alexander Moritz
Als Präsidiumsmitglied der Dresdener IHK hat Arendt einen engen Draht in die Ministerien der Landeshauptstadt – versteht die Beschränkungen. Ihn ärgert, dass es keinen langfristigen Plan gibt. "Es ist tatsächlich für uns alle, die wir in der Branche sind, ein riesen Motivationsproblem geworden", sagt der Hotelier. "Der Frust sitzt tief, und wir haben alle große Sorge, dass uns unsere Mitarbeiter irgendwann verlassen werden. Die haben dann auch irgendwann die Faxen dicke. Die sitzen jetzt seit einem Jahr in Kurzarbeit meine Leute."

Warten auf das Gruppengeschäft

Schnelltests sind ein Hoffnungsschimmer. Doch das allein wird das Geschäft nicht zurückbringen: Ein paar Individualtouristen können die organisierten Reisegruppen niemals aufwiegen. "Wir brauchen das Gruppengeschäft, das Volumengeschäft. Das international Reisegeschäft - Chinesen, Japaner, Amerikaner - existiert seit letzten Februar nicht mehr und das wird auch dieses Jahr überhaupt nicht existieren. '23 vielleicht wieder." Ob überhaupt jemals wieder so viele Leute reisen wie früher? Arendt weiß es auch nicht.
Am Ende seiner Runde setzt sich Arendt in die leere Hotelbar. Wo sonst Gäste an einem Bier nippen, grübelt der Geschäftsführer über die Zukunft: Wie lange er das noch durchsteht?" Keine Ahnung. Ich kann es ihnen wirklich nicht sagen."
Der sonst so beredete Hotelier wird zögerlich. "Ich bin schon froh, wenn wir einen Striezelmarkt in diesem Jahr wieder unter Normalbedingungen machen dürfen. Das ist für mich im Moment das Licht am Ende des Tunnels. Was bis dahin passiert, ganz schwer einzuschätzen." An Ostern denkt Arendt schon lange nicht mehr - der Dresdener Weihnachtsmarkt beginnt im November.
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