Corona-Fragen vor dem Winter

Wie gut bin ich geschützt?

06:42 Minuten
Eine Impfspritze und eine Corona-Maske, die vor rotem Hintergrund einen Tannenbaum bilden.
Was steht uns im Winter mit Corona bevor? Experten beantworten Fragen zu Impfung, Infektion und Virusvarianten. © Getty Images / Iryna Veklich
Von Mirjam Stöckel |
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Die Sieben-Tage-Inzidenz der Corona-Infektionen ist gerade höher als im Herbst 2021. Die große Mehrheit der Menschen hat zwar durch Infektion oder Impfung Antikörper aufgebaut. Aber wie gut hilft das im Winter? Fragen und Antworten.

Ich hatte schon Corona, bin ich nun sicher vor der Omikron-Variante BA.5?

Nein, sagt Jana Schroeder. Die Virologin und Infektionsepidemiologin ist Chefärztin des Instituts für Krankenhaushygiene in der Stiftung Matthias Spital in Rheine. „Eine durchgemachte Infektion ist kein sicherer Schutz vor einer weiteren Infektion“, erklärt sie.
Zwar haben Genesene durchaus einen stärkeren Schutz vor einer Ansteckung mit der Omikron-Variante BA.5 – aber eben keinen 100-prozentigen.
Das zeige beispielsweise eine Anfang Oktober im „New England Journal of Medicine“ erschienene Studie aus Katar, sagt Sandra Ciesek, Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt und ebenfalls Virologin und Infektionsepidemiologin.
Die Forschenden in Katar hätten festgestellt: „Wenn man eine Infektion hatte mit den ursprünglichen Viren – also inklusive Alpha oder Delta –, dann liegt der Schutz vor einer symptomatischen Reinfektion mit BA.5 bei 35,5 Prozent. Wenn man jedoch mit einer Omikron-Variante infiziert war – also BA.1 und BA.2 – dann bestand ein 76-prozentiger Schutz vor einer symptomatischen Erkrankung mit BA.4/5.“

Woher weiß ich eigentlich, welche Variante ich hatte?

Sicher sagen lässt sich das nur, wenn ein positiver PCR-Test entsprechend sequenziert wurde.
Ansonsten lässt sich aus den Zahlen des Robert Koch-Instituts zur Variantenverteilung ableiten: Wer bis Ende 2021 an Covid erkrankt war, hatte mit großer Wahrscheinlichkeit eine Omikron-Vorgänger-Variante – und ist jetzt wohl schlechter geschützt als Menschen, die dieses Jahr zwischen Januar und Mitte Juni einen positiven Corona-Test hatten. Die nämlich hatten ziemlich wahrscheinlich Omikron BA.1 oder BA.2.
Bei Menschen, die sich ab Mitte, Ende Juni infiziert haben, dürfte es am ehesten BA.4 oder BA.5 gewesen sein.

Ich bin geimpft und genesen. Wie lange schützt das vor neuer Infektion?

Das könne man nicht genau bestimmen, sagt die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek. So sei es etwa von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich, wie viele Antikörper gebildet würden. Auch äußere Umstände spielten eine Rolle: ob etwa ein Haushaltsmitglied erkrankt, mit dem man engen Kontakt habe.
Bislang passiere es den meisten Menschen nach vier bis sechs Monaten, dass sie sich erneut infizieren.
Aber: Wenn gerade eine neue Virusvariante oder -sublinie die bisherige ablöst, habe sie Reinfektionen in Einzelfällen auch schon nach vier Wochen gesehen, so Ciesek.
Einen solchen Variantenwechsel könnte es nach Ansicht einiger Experten in den nächsten Wochen durchaus geben.

Ich bin dreimal geimpft, brauche ich noch eine vierte Impfung?

Unter Umständen ja, sagt die Ständige Impfkommission (STIKO), die am Robert Koch-Institut angesiedelt ist. Sie empfiehlt die Impfung mit einem an Omikron angepassten Impfstoff: Sofern man zu einer Risikogruppe gehört – also beispielsweise über 60 Jahre alt ist, Vorerkrankungen hat oder in einem Pflegeheim lebt.
Alle anderen Menschen sollten die Impfentscheidung individuell abwägen, sind sich Fachleute weitgehend einig.
Sie sollten dabei etwa eigene Vorerkrankungen, Infektionen und Impfungen und etwaigen Kontakt zu Risikopersonen berücksichtigen.

Welchen Booster nehme ich?

Zwei an Omikron angepasste Impfstoffe gibt es mittlerweile – einen an BA.1 und einen an BA.4 – BA.5. Welchen man als Booster nehme, sei nachrangig, so Virologe Marco Binder vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg.
„Ich denke, dass beide dieser Impfstoffe sehr gut sind“, sagt er. „Insofern, als sie Omikron als eigenständigen Typen abdecken, und damit unsere Immunantwort auf jeden Fall verbreitern werden im Vergleich zu dem, was wir nach der ursprünglichen Wildtyp-Impfung hatten.“

"Habe ich weniger Symptome, wenn ich mich noch mal anstecke?"

Das sei kompliziert zu erforschen, meint Virologin Sandra Ciesek. Der Krankheitsverlauf hänge beispielsweise vom eigenen Immunsystem ab und davon, wie viel oder wenig Viren man bei der Ansteckung abbekomme.
„Es gibt Fälle, die ich selbst gesehen habe, wo die erste Infektion schwerer war und die zweite deutlich milder. Es gibt aber genauso auch Fälle, wo es genau umgekehrt war“, sagt sie.
Sprich: Man kann den Verlauf der nächsten Erkrankung nicht aus einer überstandenen Infektion ableiten, zumal gerade eine neue Virusvariante aufkommt, von der die Wissenschaft noch nicht sicher weiß, wie schwer krank sie uns machen kann.

Was ist eigentlich mit der neuen Variante BQ.1.1?

Die neue Variante heißt BQ.1.1 und könnte schon ab dem 10. November hierzulande dominieren, prognostiziert der Datenspezialist Moritz Gerstung vom Deutschen Krebsforschungszentrum. In Bayern schätzt er ihren Anteil schon jetzt auf 15 bis 20 Prozent aller Infektionen.
Die Immunfluchtvariante BQ.1.1 ist selbst für Geimpfte und Geboosterte relativ ansteckend, weil sie Antikörper im Blut besonders effektiv umgeht.
Einen anderen Teil des Immunsystems aber wohl nicht, erklärt Virologin Jana Schroeder: „Die B- und T-Zell-Immunität, also die zelluläre Immunität. Da ist die Chance sehr groß, dass die auch längerfristig und ziemlich variantenstabil bestehen bleibt.“
Das heiße für Geimpfte und Geboosterte auch bei BQ.1.1, dass der Schutz vor schwerer Erkrankung und Tod aller Wahrscheinlichkeit nach weiterhin gut gegeben sei.
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