Forderung nach mehr Kompetenzen für den Bund
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Ein regional uneinheitliches Vorgehen gegen die Ausbreitung des Coronavirus verunsichert die Bevölkerung, sagt die Juristin Anika Klafki. Sie schlägt vor, die Fäden beim Infektionsschutz beim Bund zusammenlaufen zu lassen: "Das gibt unsere Verfassung auch her."
Infektionsschutz ist in Deutschland zunächst einmal Ländersache. In der aktuellen Coronakrise sorgt das für Kritik, weil es nicht zwingend bundeseinheitliche Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus gibt.
Auch die Juristin Anika Klafki gehört zu diesen Kritikern. Die Juniorprofessorin an der Universität Jena hält es für problematisch, dass Abstimmungsprozesse – so ihre Einschätzung – in der gegenwärtigen Pandemiesituation länderübergreifend schwierig seien.
Hinzu komme, dass die Länder ihre Kompetenzen in diesem Bereich häufig auf kommunale Institutionen wie etwa die Landratsämter verlagerten: "Und wenn nun jeder das macht, was er für richtig hält, kann das natürlich schnell zu Verwirrung führen."
Etwa wenn es um eine uneinheitliche Haltung zur Absage von Großveranstaltungen gehe, so die Juristin. Die Bürger seien sich dann "nicht mehr sicher, ist es jetzt gefährlich, ist es nicht gefährlich? Und die Krankheit kann sich in den Bereichen, wo es nicht so konsequent umgesetzt wird, natürlich leichter verbreiten."
Die Schweiz als Vorbild
Als warnendes Beispiel verweist Klafki auf frühere Pandemien wie die sogenannte Schweinegrippe 2009/2010. Damals habe sich gezeigt, dass insbesondere die Öffentlichkeitsarbeit mit vielen Akteuren nicht gut funktioniere:
"Bei der Schweinegrippe-Pandemie führte das am Ende dazu, dass die Leute so verunsichert waren, ob diese Grippe jetzt gefährlich ist oder nicht, dass sie mehr Angst entwickelt haben vor der Impfung als vor der Krankheit selber. Und am Ende wurden für viele Milliarden angeschaffte Impfstoffe verbrannt."
Vor diesem Hintergrund plädiert Klafki dafür, im Infektionsschutzgesetz eine "Koordinierungskompetenz" des Bundes für Notlagen zu schaffen. "Das gibt unsere Verfassung auch her. Man müsste es nur gesetzlich mit Zustimmung des Bundesrates regeln."
Als Vorbild dafür dient der Juristin die Schweiz, die ein sehr zeitgemäßes Pandemierecht habe. "Da stehen Dinge drin, für die wir in Deutschland überhaupt keine Regelung haben", betont sie. "Zum Beispiel, dass man auch Medikamente und Heilmittel bevorraten und rationieren kann. Im Moment sehen wir das Problem, dass Desinfektionsschutzmittel und Mundschutz zur Neige gehen. Wenn das auch irgendwann in den Arztpraxen zur Neige geht – das wäre furchtbar."
(uko)