Risiken einer wiederholten Ansteckung
05:52 Minuten
Mittlerweile haben sich Menschen weltweit bereits zum zweiten Mal mit SARS-Cov-2 infiziert. Betroffene merken manchmal nicht einmal etwas davon. Aber für das Umfeld kann es Folgen haben.
Fünf Monate waren zwischen der ersten und zweiten Ansteckung vergangen. Im März hatte sich ein Mann aus Hongkong zum ersten Mal mit SARS-Cov-2 infiziert. Die Krankheit verlief harmlos. Er hatte leichten Schnupfen und ein bisschen Fieber. Später machte er zwei Coronatests, die beide negativ waren. Offenbar hatte das Virus seinen Körper wieder verlassen.
"Es sah so aus, als hätte der Mann nach der ersten Infektion keine Antikörper gebildet. Jedenfalls ließen sich keine nachweisen."
Marcus Buggert, Immunologe am Karolinska Institut in Stockholm. Später, im Sommer, reiste der Mann aus Hongkong in den Urlaub nach Spanien. Bei seiner Rückkehr machte er einen obligatorischen Coronatest, der positiv ausfiel. Er selbst hatte nichts von der Ansteckung bemerkt. Kein Schnupfen, kein Fieber – die Infektion verlief ohne Symptome. Doch dieses Mal hatte der Chinese Antikörper gegen das Virus gebildet.
"Das ist eigentlich ein klassisches Lehrbuchbeispiel, wie Immunität entsteht. Bei einer Impfung läuft es ähnlich: Man bekommt die erste Dosis des Impfstoffs und später eine zweite, um das Immunsystem zu boosten, wie man es nennt. Damit mehr Antikörper gebildet werden. Dass der Mann aus Hongkong nach der ersten Infektion keine Antikörper hatte, bedeutet also nicht, dass er keine Immunität gegen das Virus aufgebaut hatte. Vermutlich hat er eine sogenannte T-Zell-Immunität entwickelt und zusätzlich so genannte B-Gedächtniszellen, die Antikörper produzieren."
"Es sah so aus, als hätte der Mann nach der ersten Infektion keine Antikörper gebildet. Jedenfalls ließen sich keine nachweisen."
Marcus Buggert, Immunologe am Karolinska Institut in Stockholm. Später, im Sommer, reiste der Mann aus Hongkong in den Urlaub nach Spanien. Bei seiner Rückkehr machte er einen obligatorischen Coronatest, der positiv ausfiel. Er selbst hatte nichts von der Ansteckung bemerkt. Kein Schnupfen, kein Fieber – die Infektion verlief ohne Symptome. Doch dieses Mal hatte der Chinese Antikörper gegen das Virus gebildet.
"Das ist eigentlich ein klassisches Lehrbuchbeispiel, wie Immunität entsteht. Bei einer Impfung läuft es ähnlich: Man bekommt die erste Dosis des Impfstoffs und später eine zweite, um das Immunsystem zu boosten, wie man es nennt. Damit mehr Antikörper gebildet werden. Dass der Mann aus Hongkong nach der ersten Infektion keine Antikörper hatte, bedeutet also nicht, dass er keine Immunität gegen das Virus aufgebaut hatte. Vermutlich hat er eine sogenannte T-Zell-Immunität entwickelt und zusätzlich so genannte B-Gedächtniszellen, die Antikörper produzieren."
Es gibt zwei Wege, einen Virus zu bekämpfen
Denn das menschliche Immunsystem kann eine Virusinfektion auf zwei Wegen bekämpfen. Einmal über so genannte T-Zellen, die Körperzellen erkennen können, die von Viren befallen sind. Der andere Weg führt über B-Zellen. Sie identifizieren bestimmte Oberflächenstrukturen eines Virus und bilden dagegen Antikörper. In einer Studie haben Marcus Buggert und seine Kollegen gezeigt, dass manche Menschen nach einer SARS-Cov-2-Infektion keine Antikörper bilden, sondern nur eine T-Zell-Immunität entwickeln.
Diese Art der Immunität schützt möglicherweise nicht vor einer neuen Ansteckung. Doch sie bewahrt Menschen davor, nochmals krank zu werden. Allerdings ist es viel schwieriger, diese T-Zell-Immunität nachzuweisen, als Antikörper. So Gerard Krause vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig.
"Wir können diese zelluläre Immunität noch nicht so im großen Stil, in großer Menge und zuverlässig reproduzierbar messen und wir müssen davon ausgehen, oder dürfen zum Glück davon ausgehen, dass mehr Leute bereits über einen Immunschutz verfügen, als dass sie Antikörper haben. Das bedeutet, selbst wenn man Antikörper nicht mehr nachweisbar hat, aber die Infektion durchlaufen hat, dass wir davon ausgehen können, dass ein guter Teil dieser Menschen trotzdem über Schutz verfügen."
Diese Art der Immunität schützt möglicherweise nicht vor einer neuen Ansteckung. Doch sie bewahrt Menschen davor, nochmals krank zu werden. Allerdings ist es viel schwieriger, diese T-Zell-Immunität nachzuweisen, als Antikörper. So Gerard Krause vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig.
"Wir können diese zelluläre Immunität noch nicht so im großen Stil, in großer Menge und zuverlässig reproduzierbar messen und wir müssen davon ausgehen, oder dürfen zum Glück davon ausgehen, dass mehr Leute bereits über einen Immunschutz verfügen, als dass sie Antikörper haben. Das bedeutet, selbst wenn man Antikörper nicht mehr nachweisbar hat, aber die Infektion durchlaufen hat, dass wir davon ausgehen können, dass ein guter Teil dieser Menschen trotzdem über Schutz verfügen."
"Das sind gute Nachrichten"
Deshalb sollte sich niemand darüber Gedanken machen, dass sich ein Mensch mehrmals mit dem neuartigen Coronavirus infizieren kann, meint Marcus Buggert. Das sei nichts Ungewöhnliches und komme auch bei anderen Krankheitserregern vor.
"Ich finde sogar, dass das gute Nachrichten sind. Dieser Fall zeigt, dass das Immunsystem auch bei SARS-Cov-2 sozusagen seinen normalen Job macht. Und dass sich von den weltweit 20 Millionen Infizierten nur ein bis zwei Menschen ein zweites Mal angesteckt haben, ist auch ein gutes Zeichen. Das bedeutet, dass uns unser Immunsystem ganz gut gegen schwere Infektionen schützen kann."
Allerdings wirft der Fall auch neue Fragen auf. Denn wenn sich jemand ein zweites Mal infizieren kann, steckt er oder sie möglicherweise auch andere Menschen an.
"Die Möglichkeit besteht. Doch je weniger Symptome man hat, desto geringer ist wahrscheinlich die Virusmenge im Körper. Also ist man dann vermutlich weniger ansteckend. Gleichzeitig wissen wir aber, dass Menschen das Virus verbreiten können, auch wenn sie keine Symptome haben. Es gibt also ein Risiko."
"Ich finde sogar, dass das gute Nachrichten sind. Dieser Fall zeigt, dass das Immunsystem auch bei SARS-Cov-2 sozusagen seinen normalen Job macht. Und dass sich von den weltweit 20 Millionen Infizierten nur ein bis zwei Menschen ein zweites Mal angesteckt haben, ist auch ein gutes Zeichen. Das bedeutet, dass uns unser Immunsystem ganz gut gegen schwere Infektionen schützen kann."
Allerdings wirft der Fall auch neue Fragen auf. Denn wenn sich jemand ein zweites Mal infizieren kann, steckt er oder sie möglicherweise auch andere Menschen an.
"Die Möglichkeit besteht. Doch je weniger Symptome man hat, desto geringer ist wahrscheinlich die Virusmenge im Körper. Also ist man dann vermutlich weniger ansteckend. Gleichzeitig wissen wir aber, dass Menschen das Virus verbreiten können, auch wenn sie keine Symptome haben. Es gibt also ein Risiko."
Herdenimmunität schützt Einzelne nicht vor einer Ansteckung
Das würde bedeuten, dass eine Immunität auf Populationsebene – auch Herdenimmunität genannt, Einzelne nicht vor einer Ansteckung schützen würde. Denn wenn sich Menschen ein zweites Mal infizieren können, sind sie möglicherweise weiterhin Überträger des Virus. Es hat sich auch gezeigt, dass der Mann aus Hongkong bei seiner zweiten Ansteckung mit einem anderen Virusstamm infiziert war, als beim ersten Mal. Doch auch das ist kein Grund zur Sorge, meint Marcus Buggert. SARS-Cov-2 steht seit Beginn der Pandemie unter strenger genetischer Beobachtung. Und bislang ist das Virus nicht schneller oder häufiger mutiert als andere Viren.
"Das Grippevirus beispielsweise verändert sich genetisch so stark, dass jedes Jahr ein neuer Impfstoff entwickelt werden muss. Bei SARS-Cov-2 wird es eher nicht so sein. Vermutlich geht es eher darum, dass man jedes Jahr eine neue Dosis des Impfstoffs braucht, um sicherzustellen, dass man vor der Krankheit geschützt ist."
Irgendwann wird sich das menschliche Immunsystem an das neuartige Coronavirus gewöhnt haben, so die Forschenden. Und vermutlich wird es dann sogar ein ständiger Begleiter der Menschen werden.
"Das Grippevirus beispielsweise verändert sich genetisch so stark, dass jedes Jahr ein neuer Impfstoff entwickelt werden muss. Bei SARS-Cov-2 wird es eher nicht so sein. Vermutlich geht es eher darum, dass man jedes Jahr eine neue Dosis des Impfstoffs braucht, um sicherzustellen, dass man vor der Krankheit geschützt ist."
Irgendwann wird sich das menschliche Immunsystem an das neuartige Coronavirus gewöhnt haben, so die Forschenden. Und vermutlich wird es dann sogar ein ständiger Begleiter der Menschen werden.