Die deutsch-kroatische Autorin und Kulturmanagerin Jagoda Marinić, geboren 1977, studierte Germanistik, Politische Wissenschaft und Anglistik in Heidelberg. Die Schriftstellerin verfasst Romane, Essays und Erzählungen, aber auch Kolumnen für die Süddeutsche Zeitung, taz und die New York Times. Zuletzt erschien von ihr 2019 das Sachbuch "Sheroes – Neue Heldinnen braucht das Land".
Absolute Transparenz und eine gemeinsame Fehlerkultur
11:25 Minuten
Wie hat der Journalismus auf die Coronakrise reagiert? Die Autorin Jagoda Marinić verteilt Lob - warnt aber davor, nur noch Informationen vermitteln zu wollen. Auch Wissenschaftler müssten kritisch befragt werden, fordert sie.
Nachdem uns das Coronavirus unerwartet und kalt erwischt hat, wissen wir, dass wir uns zu sehr auf vermeintliche Gewissheiten verlassen haben. Nichts scheint mehr sicher – und wir versuchen, darauf zu reagieren.
Mit dieser neuen Ausgangslage beschäftigt sich auch der deutsche Journalismus, der größtenteils schnell in einen Krisenbearbeitungsmodus fand – sich nun aber fragen muss, wie der nächste Schritt aussehen soll.
Medien im Informationsmodus
Die Medien hätten für den Anfang sehr gute Arbeit gemacht, sagt die Autorin Jagoda Marinić – sie hätten sich vor allem auf Informations-Journalismus verlegt. Doch nach vielen Erklärstücken hat Marinić nun das Gefühl, "es ist angekommen, die Bevölkerung hat es verstanden". Sie wünsche sich nun den kritischen Journalismus zurück, sagt Marinić – also jenen, der Gesprächspartner auch mal schwer in die Mangel nimmt.
Journalisten seien gefordert, auch Wissenschaftler kritisch zu befragen – "und wenn es in die Politik reingeht, erst recht kritisch zu werden". Es gebe auch in der Wissenschaft einen Widerstreit der Positionen und man müsse Experten deswegen mit der Ansicht anderer Experten konfrontieren, fordert die Autorin.
"Es gibt nicht DIE Wissenschaft. Es gibt auch in der Wissenschaft sehr unterschiedliche Positionen. Warum hieß es vor drei, vier Wochen, wir sollen keine Masken tragen, und warum steht ihr nun auf dem Standpunkt, dass es doch hilft?" Ähnlich sei es bei den Schulschließungen gewesen.
Ihre Irrtümer beheben die Forscher selbst
Marinić plädiert vor diesem Hintergrund für absolute Transparenz über die "Zwischen-Irrtümer" der Forscher, die diese selbst durch ihre Arbeit wieder beheben würden. Es gebe die Gefahr, die Wissenschaft zu überhöhen, "so sehr wir uns auch auf sie verlassen müssen", sagt die Schriftstellerin.
Man dürfe nicht zu viel Respekt haben, so Marinić. Das Virus werde nun vermutlich rund 18 Monate um die Welt gehen, und es sei deswegen gut, möglichst schnell in den Normalmodus zurückzukehren.
(ahe)