Corona und Seniorenheime

Psychotherapeut: "Holt die alten Menschen nach Hause"

06:58 Minuten
Ein alter Mann und eine alte Frau machen gemeinsam einen Spaziergang. Der Weg ist Bäumen und Büschen flankiert, auf der rechten Seite befindet sich eine Mauer.
Ein Spaziergang ist für viele alte Menschen im Moment mit die einzige Möglichkeit, der Isolation in ihrem Seniorenheim zu entfliehen. © Micheile Henderson / Unsplash.com
Elmar Busch im Gespräch mit Nana Brink |
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Die Coronapandemie ist in Deutschlands Pflege- und Seniorenheimen angekommen. Für deren Bewohner ist eine Infektion besonders gefährlich. Psychotherapeut Elmar Busch schlägt vor, dass die alten Menschen zeitweise wieder von Angehörigen versorgt werden.
Ältere Menschen sollen raus aus den Pflege- und Seniorenheimen, zumindest für eine gewisse Zeit, schlägt der Essener Neurologe und Psychotherapeut Elmar Busch angesichts der Corona-Pandemie vor. "Sehr viele Menschen machen sich gerade größte Sorgen um ihre alten Angehörigen, Eltern oder Großeltern", sagt Busch. "Denn in den Pflegeheimen ist die Coronakrise jetzt als erstes angekommen." Er verweist auf das Würzburger Seniorenheim St. Nikolaus, in dem elf Bewohner nach einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben sind und sich 30 Prozent des Personals angesteckt haben.

"Ein sehr schlechter Abschied vom Leben"

Die Bilder aus Spanien und Italien ließen ihn erschauern, sagt Busch. Alte Menschen seien "isoliert, ohne Sterbebegleitung, landen vielleicht im Krankenhaus und ein paar Tage später im Sarg." Das sei ein sehr schlechter Abschied vom Leben.

Der Neurologe und Psychotherapeut spricht sich daher dafür aus, dass man in bestimmten Fällen den alten Menschen ermöglichen sollte, zu Hause zu sterben. "Die Art und Weise des Sterbens ist für die Sterbenden und die Angehörigen sehr wichtig." Es solle geprüft werden, was möglich sei, ohne das übergeordnete Interesse der Pandemiebekämpfung zu gefährden.

Manche Angehörige haben jetzt mehr Zeit

Insgesamt etwa eine Millon Menschen lebten in den deutschen Seniorenheimen, so Busch. Eine "Rückholaktion auf Zeit" betreffe nur diejenigen, die zu Hause versorgt werden könnte. Aber nicht alle Senioren würden Pflege benötigen, viele seien weitgehend selbstständig. Gleichzeitig hätten manche Angehörige jetzt womöglich einige Monate lang die Zeit, sich selbst um ihre Eltern oder Großeltern zu kümmern.
In Pflege- und Seniorenheimen sind aufgrunde der Coronapandemie die Besuchsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Die aktuelle Situation sei für alte und kranke Menschen deprimierend und erzeuge Angst, sagt Busch. "Wir wissen aus Studien, dass die psychosoziale Belastung von Isolation sehr hoch ist."
(jfr)
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