Appell an die Italienliebe der Deutschen
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Das deutsch-italienische Verhältnis ist angespannt. Antideutsche Ressentiments nehmen zu. Die Leiterin der Casa di Goethe in Rom vermisst innereuropäische Solidarität und appelliert an die Deutschen.
Fast menschenleer war der Petersdom während der Ostermesse von Papst Franziskus. Rom ist zu einer geschlossenen Stadt geworden – wie so viele Orte auf der ganzen Welt.
"Ob gläubig oder nicht - der Papst hat einen wunderschönen Satz gesagt vor ein paar Tagen im Fernsehen. Er sagte, die Hoffnung wird nie enttäuscht, nur die Illusionen. Und im Moment braucht man hier wirklich viel Hoffnung. Ich will nicht dramatisch sein, aber es ist schon eine extrem angespannte Lage", sagt Maria Gazzetti. Sie leitet das Kulturinstitut Casa di Goethe in Rom.
Die Museen sind geschlossen, die Touristen bleiben fern, auch die deutschen, die für ihre Italienliebe bekannt sind. Sie fehlen im Stadtbild, wie Gazzetti berichtet. Anfangs sei es schön gewesen, die ansonsten überfüllten Brunnen und Plätze leer zu sehen, "aber jetzt sieht man eine Verletzung, eine Verletzung auf den Gesichtern der Menschen und der Stadt", sagt Gazzetti.
Deutsch-italienisches Verhältnis ist angespannt
Verletzt scheint auch die Beziehung der Italiener zu den Europäern oder umgekehrt zu sein. Insbesondere das deutsch-italienische Verhältnis ist sehr angespannt in dieser Krise. Der Papst hat in seiner Ostermesse an die Solidarität der EU appelliert.
"Meine Seele ist zerrissen", bekennt Gazzetti. Sie hat viele Jahre in Deutschland gelebt, dort studiert und geheiratet. Sie versteht beide Länder. Gazzetti berichtet von einer Zunahme von antideutschen Ressentiments.
Das Bild sähe aber anders aus, wenn ein deutsches und nicht ein chinesisches Flugzeug mit Mundschutzmasken und medizinischem Gerät in Mailand gelandet wäre, sagt Gazzetti. "Die Chinesen sind zuerst gekommen und ich dachte: Das ist ja wie nach dem Zweiten Weltkrieg, da sind die Amerikaner gelandet und haben ihre Weltherrschaft etabliert." Und von Europa habe man nur gehört, dass die Grenzen dicht sind.
Europa muss Solidarität zeigen
Gazzetti plädiert für die Einrichtung eines Fonds, von dem alle Länder profitieren würden. "Es muss doch möglich sein, dass Europa seine Solidarität zeigt." Man müsste den Deutschen klarmachen: "Es ist nicht so, dass sie diese Schulden zahlen. Nur durch so einen Fonds gäbe es schnell liquides Geld, was Länder wie Spanien, Italien, aber auch Frankreich billiger bekämen."
Zwar werde immer gesagt, alle säßen in einem Boot und die Pandemie sei eine symmetrische Naturkatastrophe - doch Gazzetti glaubt nicht, dass dieses Bild stimmt. Sie sagt: "Wir sind eine Flotte - mit unterschiedlichen Booten im Moment, und die einen überstehen diese Coronakrise besser, die anderen nicht."
Gazzetti appelliert an die Italiensehnsucht der Deutschen: "Ich frage mich manchmal, ob Deutschland, ob den Deutschen wirklich klar ist, in welcher Situation Italien ist. Sie können jetzt nicht reisen, sie sehen es nicht. Aber bitte erinnert euch, ihr Deutschen, ihr Lieben."