Mehr als nur ein “Nice-to-have”
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Einen "zahnlosen Tiger" nannte Markus Söder die Corona-Warn-App: Seit ihrer Einführung wird die App immer wieder kritisiert. Doch trotz ihrer Schwächen könnte sie noch sehr wichtig werden, sagt Christina Berndt von der Süddeutschen Zeitung.
Vor rund vier Monaten wurde die Corona-Warn-App vom Robert-Koch-Institut und der Bundesregierung eingeführt. Seitdem wurde die Anwendung bereits verbessert, reibungslos funktioniert die App allerdings noch nicht. So kritisiert unter anderem Linus Neumann vom Chaos Computer Club in einem Blogpost, dass das neugewonnene Wissen über SARS-CoV-2 noch nicht in der App verwendet wird.
Ein Beispiel dafür ist, dass die App bisher nur Abstände zwischen einzelnen Personen erfassen kann. Sie hilft aber nicht dabei, die sogenannten Cluster zu identifizieren und nachzuverfolgen - also wenn mehrere Personen sich zeitgleich anstecken, beispielsweise beim gemeinsamen Singen oder bei Feiern. Bei einer Zusammenkunft von mehreren Menschen würde es dann aber schwierig werden, weshalb momentan ja noch in einigen Fällen, wie in Gastronomiebetrieben, die Menschen ihre Kontaktdaten hinterlassen müssten.
Nur jede zehnte Infektion landet in der App
Diese Kritik kann auch Wissenschaftsjournalistin Dr. Christina Berndt durchaus gut verstehen. Für die "Süddeutsche Zeitung" verfolgt sie die Entwicklungen der Corona-Warn-App genau. Bislang wird die Anwendung zudem nur verhalten genutzt: Christina Berndt kommt in ihren Recherchen auf rund 10 Prozent aller Infektionen, die von der App erfasst werden.
Da sei definitiv noch Luft nach oben, sagt die Journalistin: "Es wäre wunderbar, wenn noch viel mehr Menschen sich diese App herunterladen würden und wenn noch viel mehr Menschen ihr Testergebnis teilen würden, denn das ist ja sozusagen der große Knackpunkt, der dem Datenschutz zu Liebe eingeführt wurde, dass sich ja Menschen in Deutschland aktiv melden müssen bei der App."
Positive Wirkung auf die Pandemie
Obwohl in Deutschland nur rund 20 Prozent der Menschen die App aktiv nutzen, hat sie laut Christina Berndt schon einen positiven Effekt auf die Pandemie: "Natürlich ist jede einzelne Infektion, die damit unterbunden wird, ein Erfolg." Es lasse sich jedoch nicht in absoluten Zahlen sagen, wie viele Menschen gewarnt und wie viele Infektionen somit verhindert wurden.
In dieser Woche gab es bereits eine neue Version der App, weitere Verbesserungen sollen noch folgen und sind angesichts der steigenden Infektionszahlen auch dringend nötig. Je nach Verlauf der Pandemie könnte die Bedeutung der App noch steigen: Sie ist nicht mehr nur ein "Nice-to-have", sondern könnte gerade für die kommenden Monate eines der wichtigsten Tools werden: "Diese App wird im Zweifel das einzige Instrument sein, was uns noch über Infektionen informiert, wenn die Gesundheitsämter in die Knie gegangen sind."