Coronapartys in Großbritannien

Die Rave Culture kehrt zurück

09:09 Minuten
Auf einem Schild steht der Schriftzug "Quarantine Rave", daneben ist viel Müll zu sehen.
Nach dem Rave bleibt der Müll: Die Technojünger von heute werden von ihren Vorgängern wegen des unzureichenden Umweltbewusstseins kritisiert. © Picture Alliance / dpa / PA Media / George Honeybee
Robert Rotifer im Gespräch mit Massimo Maio |
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Abstandsregeln goodbye: In Großbritannien feiern Tausende junge Menschen bei illegalen Technopartys - so wie vor 30 Jahren bei Open-Air-Events. Nicht alle der früheren Raver haben dafür Verständnis.
Ende der 1980er-Jahre war England eine der Wiegen der Rave Culture. Nun, in Coronazeiten, feiern die Musikevents unter freiem Himmel ein Revival: Tausende Raverinnen und Raver haben sich in den vergangenen Wochen in London, Manchester, Bristol und anderen Orten der Insel versammelt, um zu elektronischer Musik zu tanzen – und die Coronaregeln zu brechen.

Enthemmt durch Drogen

Während am vergangenen Samstag erstmals wieder Pubs öffnen durften, fanden wie vor 30 Jahren Raves in ländlichen Gegenden statt, auf Feldern, wo die Polizei nur schwer hinfindet, berichtet der Musikjournalist Robert Rotifer aus London. Eine andere historische Konstante: der Drogenkonsum.
Kritisiert werden die heutigen Raver nicht nur von Politikern und Medien, sondern auch von ihren Vorgängern, so Rotifer: Denn an den Orten des Spektakels bleibe eine Unmenge an Müll zurück. Außerdem schrieb die Zeitung "Guardian", dass teilweise Kriminelle an den Raves verdienen, indem sie zehn Pfund Teilnahmegebühr erheben. Es käme zu Gewalttaten, auch über einen Drogentoten wurde schon berichtet.

Sie wollen feiern

Die ursprüngliche Idee eines freien und unkommerziellen Gegenentwurfs zum konservativen Klima der Thatcher-Ära werde so konterkariert, sagt Rotifer. Doch gibt er auch zu bedenken: "Ganz unverständlich ist das nicht, wenn man bedenkt, dass junge Leute, die selbst am wenigsten vom Coronavirus betroffen sind, monatelang denselben Lockdown-Regeln unterworfen waren wie die älteren Risikogruppen."
Auch ein Veteran der ersten Acid-House-Stunde, der Schlagzeuger von New Order Stephan Morris, zeigt sich verständnisvoll. Der 62-Jährige äußerte sich gegenüber Rotifer in einem Telefonat:
"Was immer schon mit New Order assoziiert war, ist der Glamour des drohenden Unheils. Wir sind dem Untergang geweiht, also lasst uns eine Party machen. Es ist eine Art von Rebellion. Es ist nicht vernünftig, aber manchmal muss man ein bisschen verrückt sein. Manchmal ist das der einzige Weg nach vorne."

Techno im sozialen Brennpunkt

Neben dem nihilistischen Aspekt gebe es aber auch einen politischen, sagt Rotifer. So würden einige der Raves auch in Londoner Bezirken stattfinden, die von der karibischen Community geprägt sind. Dort habe es in der Vergangenheit immer wieder soziale Unruhen gegeben:
"Auch diesmal wurde dort die Riot Police eingesetzt und es kam zu Straßenkämpfen. Da verschwimmt also der illegale Rave mit der unangemeldeten Demo, ganz sicher auch unter dem Einfluss der Black Lives Matter-Bewegung."
(rzr)
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