Coronavirus

Die Leipziger Buchmesse ist abgesagt

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Eine Besucherin der Leipziger Buchmesse 2019 blättert in einem Buch am Stand der Muthesius Kunsthochschule Kiel.
Dieses Bild gibt es 2020 nicht: Besucherin der Leipziger Buchmesse 2019 beim Blättern. © picture alliance/Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa
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Die Leipziger Buchmesse ist wegen des Coronavirus abgesagt. "Ein harter Schlag" für viele Beteiligte, berichtet unser Sachsen-Korrespondent. Und Messedirektor Oliver Zille erklärt, er fühle sich wie nach der Vollbremsung eines Hochgeschwindigkeitszugs.
Die Leipziger Buchmesse findet in diesem Jahr nicht statt. Das teilte die Stadt Leipzig am Mittag mit. Hintergrund der Absage sind die Vorsichtsmaßnahmen für öffentliche Veranstaltungen aufgrund des Coronavirus.
Die Messe sollte am Abend des 11. März eröffnet werden und bis Sonntagabend (15. März) dauern. Etwa 2.500 Aussteller aus 51 Ländern hatten sich für den traditionsreichen Branchentreff angemeldet. Im vergangenen Jahr konnten die Veranstalter rund 300.000 Besucher auf dem Messegelände und den begleitenden Veranstaltungen in der Stadt begrüßen.

"Erst einmal zur Besinnung kommen"

"Die Stadt Leipzig und die Leipziger Messe haben gemeinsam entschieden, die Buchmesse abzusagen", teilte ein Stadtsprecher am Dienstag mit. Es handle sich um eine Präventionsmaßnahme, damit sich das Virus in Deutschland nicht weiter ausbreiten könne.

Messedirektor Oliver Zille hat seine Enttäuschung klar zum Ausdruck gebracht: "Man muss es sich so vorstellen: Man sitzt in einem Hochgeschwindigkeitszug und der leitet eine Vollbremsung ein, dann fliegen alle nach vorne und knallen mit dem Kopf gegen die Wand – so fühlen wir uns im Moment und müssen erst einmal zur Besinnung kommen und gut überlegen, was man jetzt im Frühjahr tun kann, um bestimmte Elemente dieser Buchmesse doch noch zum Klingen zu bringen."
Die Entscheidung sei eine gemeinsame Entscheidung der Messe mit der Stadt Leipzig gewesen, sagt unser Sachsen-Korrespondent Bastian Brandau. Dabei ginge es letztlich um Auflagen aus dem Bundeswirtschaftsministerium. "Demnach hätte man die Rückverfolgbarkeit von Kontakten gewährleisten müssen, sprich: Jeder, der auf die Messe geht, hätte schriftlich belegen müssen, nicht aus definierten Risikogebieten zu stammen, oder Kontakt zu solchen Personen aus Risikogebieten gehabt zu haben."
Das sei bei 2.500 Ausstellern und etwa 280.000 zu erwartenden Besuchern nicht sicherzustellen gewesen. Deswegen habe man sich dafür entschieden, dass die Gesundheit vorgehe. Die Reaktionen in Sachsen aus Politik und Bevölkerung schwanken "zwischen Bedauern und Verständnis", sagt Brandau.
Was nun konkret mit bestimmten Programmpunkten wie dem Preis der Leipziger Buchmesse passiere, sei derzeit noch unklar. Es sei aber ein "harter Schlag" für Freiberufler, für Verlage, Hotels und die Wirtschaft. Wie genau Tickets für die Messe zurückgegeben werden könnten, darüber werde die Buchmesse bald auf ihrer Webseite informieren, sagt Brandau.

Das Gespräch mit Bastian Brandau können Sie hier hören: Audio Player


Leipzig ist als Publikumsmesse wichtig

Für die Buchbranche sei eine solche Absage ein ziemlicher Einschnitt, sagt René Aguigah, Ressortleiter Literatur in Deutschlandfunk Kultur. Er habe es in den vergangenen 20 Jahren nicht erlebt, dass eine Buchmesse abgesagt wurde. "Es ist vielleicht etwas weniger dramatisch als die Meldung, wenn die Frankfurter Buchmesse, die größte Messe der Welt, abgesagt werden würde." Aber auch Leipzig sei in Deutschland als Publikumsmesse wichtig und werde als "das Frühjahrsereignis der Buch- und Medienbranche" betrachtet. Jahr für Jahr erziele Leipzig dabei neue Besucherrekorde: "Wenn das ausfällt, ist tatsächlich ein zentraler Ort im deutschen Jahreskalender der Buchbranche weg."

Unklarheit um die Verleihung des Leipziger Buchpreises

Und die Autorin Ines Geipel ergänzte: "Grundsätzlich ist das eine richtige Entscheidung." Wenn man die Gegebenheiten in Leipzig kenne, reiche eine einzige mit dem Coronavirus infizierte Person aus, um tausende mit anzustecken.

In Leipzig sei immer der erste Tag der Messe interessant, an dem der Leipziger Buchpreis verliehen werde, sagte Aguigah. Das geschehe in drei Kategorien: Belletristik, Sachbuch und Übersetzungen. "Da ist jetzt schon interessant, wie damit verfahren wird – ich kann mir nicht vorstellen, dass man das ausfallen lässt." Möglicherweise werde der Preis ohne Publikum verliehen.

Kretschmer: Gesundheit und Sicherheit gehen vor

In einer ersten Stellungnahme erklärte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, sicher sei die Leipziger Buchmesse ein wichtiger Treffpunkt für Menschen aus der ganzen Welt, doch gingen Gesundheit und Sicherheit in diesem Fall vor. Noch am Wochenende hatten die Veranstalter erklärt, dass die Messe stattfinden werde.
In den vergangenen Tagen waren in Deutschland bereits mehrere Großveranstaltungen abgesagt oder mit Einschränkungen belegt worden, darunter die Berliner Touristikmesse ITB. Auch der Pariser "Salon du Livre" Ende März wurde bereits vom Terminkalender gestrichen.

Die Absage der Leipziger Buchmesse habe ihn zwar kalt erwischt, aber letztlich mache sie Sinn, sagt der Verleger des Münchener Hanser Verlags, Jo Lendle. Auch wäre der bürokratische Aufwand, der durch die behördlichen Auflagen auf seinen Verlag zugekommen wäre, problematisch gewesen. Stattdessen rät er "ganz unzynisch" dazu, ruhig zu bleiben und ein Buch zu lesen. Denn Quarantäne sei das, was man sich mit einem Stapel ungelesener Bücher neben dem Bett heimlich immer wünsche – nur eben ohne einen solchen Grund wie das Coronavirus.

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