Die Zukunft des Daten-Barons
17:01 Minuten
20 Jahre wurde Google diese Woche alt und aus einem Suchmaschinenunternehmen wurde eines der größten Unternehmen der Welt mit unzähligen Geschäftszweigen. Was erwartet uns für die Zukunft?
Alles begann mit der Idee der beiden Gründer Sergey Brin und Larry Page eine Suchmaschine für das Internet zu erschaffen, die einem dabei hilft die Informationen zu finden, die tatsächlich wichtig sind. 20 Jahre später hat das Mutterunternehmen Alphabet einen Marktwert von über 750 Milliarden US-Dollar. Cory Doctorow sagt, dass Google zu einem dieser Unternehmen geworden ist, das "zu groß wird und nicht mehr weiß, wohin mit seinem Geld. Eine Sache, die passiert, ist, dass sie alle möglichen seltsamen Ideen finanzieren wie Unsterblichkeitsforschung."
Mehr über die eigenen Nutzerinnen und Nutzer zu erfahren bleibt aber der Hauptbestandteil von Googles Unternehmenszielen. Und hier tritt Google als wichtiger Partner für die staatlichen Geheimdienste auf. Wenn, wie in Deutschland, 90 Prozent der Bürgerinnen und Bürger online sind und von diesen ebenfalls über 90 Prozent Produkte von Google verwenden, dann besitzt das Unternehmen bereits unfassbar viele Informationen über die meisten Einwohner dieses Landes. Kooperationen mit dem Militär, oder aber, wie wir seit Snowden wissen, mit den Geheimdiensten, sind demnach laut Cory Doctorow auch eine Gefahr für die Bevölkerung.
(Don’t) Be Evil
Viel wurde auch darüber gesprochen, dass Google den Slogan "Don’t Be Evil" nicht mehr vor sich her trägt, aber noch immer ist er eng mit der Firmenphilosophie verbunden. Und dieser Slogan wird von den Mitarbeiterinnen weiterhin beherzigt und es wurde sich auch schon auf diesen bezogen um milliardenschwere Verträge zu verhindern.
Erst "kürzlich plante Google einen Vertrag mit dem Pentagon, demzufolge es künstliche Intelligenz für Drohnenkriege zur Verfügung stellen würde. Dieses [und ein weiteres Projekt] hätte sich in einem finanziellen Rahmen von circa 19 Milliarden Dollar bewegt. Aber weil zehn Prozent der Mitarbeiter gesagt haben, wir gehen, oder wir werden die Firma deutlich kritischer sehen, wenn das gemacht wird, musste Google von diesem Milliarden-Vertrag Abstand nehmen. Das hätte in jedem Technologie-Unternehmen passieren können, aber der Grund dafür, dass es zuerst bei Google passiert ist, ist, dass einige der Ingenieure sich in der Lage sehen, jeden Morgen zur Arbeit zu gehen, weil sie für eine Firma arbeiten, deren Motto "Don’t be evil" lautet", erzählt Cory Doctorow.
Vielleicht liegt also eine Chance auf Veränderung bei Google darin, bedeutsame Ingenieure der Arbeitsfelder der Zukunft, wie die Künstliche Intelligenz, auf Probleme hinzuweisen, die im Konflikt mit einem der zentralsten Elemente der Unternehmensphilosophie stehen? Gute Entwicklerinnen sind schließlich teuer und nur begrenzt verfügbar.
Die Verantwortung Googles
Wie aber sieht es mit einer Einschränkung der Monopolstellung Googles aus, aber auch mit der Verantwortung, die Google zum Beispiel für den Schutz des Urheberrechtes übernehmen soll? Die EU plant verpflichtende Upload-Filter für alle Unternehmen um bereits beim Upload von Inhalten, zum Beispiel Videos bei YouTube, zu überprüfen, ob diese Urheberrecht verletzen.
Cory Doctorow sieht dies als eine Maßnahme an, die vor allem für kleine Unternehmen mit Risiken verbunden sind: "Am schlimmsten werden aber die Auswirkungen sein, die das auf europäische Konkurrenten von Google haben wird. [Aber] Wenn Sie eine kleine europäische Firma sind und versuchen ein lokaler Konkurrenz von Google, Facebook oder Twitter zu werden, einer der die Privatsphäre respektiert, der Belästigungen und Schikane verfolgt, der nicht auf Überwachung begründet ist, der seine Steuern zahlt, dann haben Sie nicht das Kapital [...] für solche Filter übrig. [...] Was die EU also im Grunde vorschlägt, ist Google eine Lizenz zu verkaufen, die dem Unternehmen ermöglicht, die letzte Suchmaschine zu sein, die wir jemals haben werden."
Statt Google und Co. über den Umweg des Urheberrechts zu regulieren, fordert Cory Doctorow vielmehr dazu auf, dass wir die Unternehmen dazu bringen ihre Steuern zu bezahlen und die Steuerschlupflöcher schließen. "Wenn diese Unternehmen regulär Steuern zahlen würden, dann würde es ihnen auch schwerer fallen, mit lokalen Firmen in Wettbewerb zu treten, mit kleineren Unternehmen, die nicht das Extra-Kapital haben um Strategien zur Steuervermeidung zu entwickeln. Oder wir könnten sie dazu bringen, Dritten Zugang zu ihren Services zu gestatten."
Aber "das Problem liegt nicht darin, dass Google existiert und uns mit Such-Hilfsmitteln versorgt. Das Problem liegt darin, dass Google metastasiert ist zu einem riesigen, gefräßigen Daten-Baron, der sich um seine Steuerzahlungen drückt, mit dem Militär zusammenarbeitet und so weiter. Aber man muss kein Science-Fiction-Autor sein, um sich vorzustellen, wie ein Google aussehen würde, das diese Dinge nicht tut."
Das vollständige Gespräch mit Cory Doctorow (30 min) (Fragen auf deutsch, Antworten auf englisch)