Country

Die Nashville-Alternative

Der Steg und die Saiten einer "Martin SPD-16 Special Edition" glänzen im Sonnenlicht. Diese Westerngitarre ist ein von Johnny Cash lizenziertes Modell, von dem es weltweit nur zwei Exemplare gibt.
Country - eine Bastion des Konservatismus © picture alliance / Maximilian Schönherr
Von Veronika Schreiegg |
Schwule oder lesbische CountrymusikerInnen treten in Nashville kaum in Erscheinung. Dafür hat sich in Brooklyn eine Queere Countryszene entwickelt, zu der auch das schwul-lesbische Trio Kings gehört.
Der Harmoniegesang gehört zum Country wie die E-Gitarre zum Rock. Emily Bielagus, Steph Bishop und Robert Maril beherrschen ihn perfekt. Sie nennen sich Kings, nicht nur weil sie aus Brooklyn, dem Kings County stammen, sondern auch, weil sie das Bild eines weißen, dickbäuchigen Königs durch ihre Erscheinung konterkarieren wollen.
Robert Maril trägt einen hippen Vollbart, ist am Unterarm tätowiert und auch Emily Bielagus und Steph Bishop sehen mit schicker Bob-Frisur und markantem Fingerschmuck eher urban als provinziell aus. Die Drei lernten sich auf unkonventionellem Wege kennen. Emily Bielagus jobbte noch vor ein paar Jahren bei einem Reiseveranstalter, der sich auf LGBT-Events spezialisiert hatte, also auf Veranstaltungen für Lesben, Schwule und Transsexuelle.
Emily: "Wir entdeckten diesen schwulenfreundlichen Campingplatz in Pennsylvania, mitten im Wald gelegen, - und wir dachten: Mensch, das ist perfekt! Wir haben also die ganze Reisegruppe dorthin mitgenommen, sprich: Das waren ich, meine Freundin und dann eben 30 schwule Männer. Es hat sich dann herausgestellt, dass es sich um einen FKK-Campingplatz handelt."
Robert: "Das war wie Sodom und Gomorra. Ein Tanz-Club mitten in der Pampa mit 40 bis 50 aufgekratzten Nudisten, die zu Lady Gaga tanzen."
Auch wenn die erste Begegnung von Emily Bilegaus und Robert Maril in einem Umfeld stattfand, dass man vielleicht sogar als klischeehaft "schwules Setting" bezeichnen mag: Lustvoll, körperlich und niemals um eine Party verlegen - als typische Queer Band sieht Sänger und Cellist Robert Maril sich und seine Bandkolleginnen keinesfalls.
"Wir sind keine Schwulenband"
Robert: "Verglichen mit vielen Queer Künstlern - ich mag keine Namen nennen, aber es gibt viele Künstler, die sich in diesem Eitelkeitszirkus bewusst schwul inszenieren - fühlen wir uns viel mehr als Indie oder Countryband. Wir sind keine Schwulenband. Wir sind homosexuelle Menschen in einer Band und natürlich sind wir auch ganz offen als Queer Band ... aber unsere Ästhetik hat nichts mit der einer typischen Gay Band zu tun."
Die Kings treten also weder in Glitzeranzügen auf, noch ist ihnen daran gelegen sich anderweitig medienwirksam in Szene zu setzen. Doch ausgerechnet ihr bodenständiger und einfach nur ehrlicher Umgang mit ihren Geschlechteridentitäten scheint sie für die brummende Musikindustrie Nashvilles unbrauchbar zu machen.
Emily: "Wenn ich ein Liebeslied singe, dann singe ich die Pronomen sie und ihre - und wenn Robert singt, dann benutzt er die Pronomen er und sein Freund zum Beispiel. Wir sprechen es also ziemlich klar aus: Hör zu, wir sind homosexuell du wirst das nicht vergessen können! Aber ich denke, das genau so auszusprechen ist auch nur hier in Brooklyn möglich."
... und eben nicht in Nashville und auch sonst haben Queer-Countrybands in der US-amerikanischen Provinz keine wirkliche Chance auf Erfolg. Diese kleine Country-Szene in Brooklyn wirft ein Licht auf die bis ins Mark puritanische Masse Amerikas. In den USA sind 40 Prozent aller obdachlosen Kinder gay, transsexuell oder transgender. Insbesondere auf dem Land ist die Scham der Eltern groß, sobald sich die eigenen Kinder outen. Umstände, die nicht zuletzt die Kings dazu bewegen, ihre eigene Community zu stärken und ins musikindustrielle Geschehen einzubringen.