Country-Musik-Rückblick 2021
Anerkannt in der Country-Szene: der schwarze Musiker Darius Rucker © imago images/ UPI Photo / Mike Gentry
Sehnsucht nach mehr Offenheit
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Country-Musik gilt als konservativ und weiß. Doch die Alben von 2021 zeigen, dass die Szene in Bewegung ist. Selbst ein Abgesang auf den amerikanischen Traum ist plötzlich möglich.
Immer mehr Künstlerinnen und Künstler beweisen, dass das Country-Genre auch gesellschaftskritisch sein kann. Anders als noch vor 20 Jahren verkörpere Country nicht mehr das wütende, patriotische Gezeter der Bush-Ära als Soundtrack der Invasion in den Irak, sagt Musikkritiker Fabian Wolff beim Blick auf die Alben des Jahres 2021.
Natürlich finde man nach wie vor vor allem „weiße Typen mit Cowboyhut“ im Country-Geschäft. Trotzdem gebe es mittlerweile auch anerkannte schwarze Musiker, wie etwa Darius Rucker.
Noch im Jahr 2005 sei die Szene rassistisch und sexistisch gewesen. Schwarze Künstlerinnen wie Miko Marks habe man fallengelassen und sabotiert, obwohl sich ihre Songs inhaltlich nicht von denen ihrer weißen Kolleginnen unterschieden.
Vielleicht habe sie sich auch deshalb auf ihrem neuen Album „Our Country“ dazu entschieden, für die Szene ungewöhnlich offen zu sprechen, so Wolff: „Es ist tatsächlich ein Abgesang auf den amerikanischen Traum.“
Abkehr vom Mainstream
Auch andere Künstler und Künstlerinnen wie Sturgill Simpson oder Brandi Carlile üben inzwischen Kritik an ihrer Heimat. Sie verfolgten zudem auch eine eigene Ästhetik, statt sich dem Mainstream anzubiedern.
„Sturgill Simpson hat eines der verschrobensten und schönsten Alben des Jahres gemacht, auf dem er eine Westernliebesgeschichte erzählt, in der es auch um Race und Gewalt geht“, berichtet Wolff.
Diese Generation habe sich selbst gefunden. „Die Jüngeren feilen noch etwas am Profil – auch wenn Adia Victoria mit 'A Southern Gothic' ein wirklich kohärentes Statement über ihre Position als schwarze Frau in dieser Südstaaten-Gespensterästhetik veröffentlicht hat.“
Kampf um Anerkennung
Doch den Country-Mainstream zu besiegen, sei schwer. Dass es nicht nur um Geld, sondern auch um Ideologie gehe, zeige die Karriere der schwarzen Künstlerin Mickey Guyton: Deren Musik sei der Inbegriff von radiofreundlichem Country-Pop. Doch erst ein Auftritt bei den Grammys habe dafür gesorgt, dass die Musikindustrie sie nun „halbherzig als potenziell profitable Künstlerin“ sieht.
Trotzdem sei dies kein schlechtes Zeichen, findet Wolff: „Selbst im Mainstream höre ich eine durchaus bewegende Sehnsucht nach Mehr, nach Offenheit.“
Trotzdem bleibt der Musikkritiker und Szenekenner mit seiner Prognose, was die Zukunft angeht, vorsichtig. Natürlich könne die Macht des Mainstreams auch wieder "zuschnappen" und den Traum beenden.