"Crossing Europe" - Filmfestival in Linz
146 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme aus 43 Ländern waren beim Filmfestival in Linz zu sehen. Der Wandel der Arbeitswelten stand auf dem Programm, genauso wie eine Reihe über den europäischen Animationsfilm.
Ein verstörendes Bild. Eine alte Frau schreit immer wieder. Offensichtlich ist sie dement. In einem verwahrlosten Dorf in Polen leben die Einwohner zwischen Müll und Dreck. Ein Altwarenhändler verschwindet und die Situation eskaliert. Der polnische Film "Aus der Ferne sieht es nett aus" von Anka und Wilhelm Sasnal wurde in Linz als bester europäischer Spielfilm ausgezeichnet.
Das Debüt des bekannten polnischen Malers und seiner Frau überzeugte durch eine dichte und beklemmende Atmosphäre, spröde, fast ohne Dialoge, ohne Musik und mit ausdrucksstarken Bildern. Auch bei den anderen acht Debütfilmen ging es um gesellschaftliche und individuelle Grenzsituationen. Künstlerisch ausdrucksstarkes Autorenkino, das - so Jurymitglied Lluis Galter - auch in Zeiten knapper Kassen seinen Weg findet. Der katalanische Filmemacher erhielt im vergangenen Jahr den Hauptpreis, für sein Debüt über einen spanischen Widerstandskämpfer, den er mit minimalsten finanziellen Mitteln realisierte:
"In Momenten der Krise, wie wir sie gerade durchleben, müssen wir uns den Umständen mit kreativer Energie anpassen, wir müssen alternative Finanzierungen entwickeln, wir müssen kleinere Filme realisieren, nur so können wir dem Wegfall der Filmförderung begegnen."
Auch unter den Dokumentarfilmen fanden sich faszinierende künstlerische Annäherungen an komplexe gesellschaftliche Themen: Ausgezeichnet wurde unter anderem der deutsche Beitrag "Brief aus Deutschland". Regisseur Sebastian Mez erzählt eindringlich von Menschenhandel und Zwangsprostitution, indem er die Briefe junger Prostituierter mit distanzierten, fast kalten Bildern kontrastiert.
Die Reihe "Arbeitswelten" führte in französische Schlachthöfe, spanische Gemüseplantagen, aber auch in die Fortbildungsseminare hoch bezahlter Manager. Dabei kommen die Dokumentarfilme über ganz unterschiedliche Formen der Gewinnmaximierung und Effizienzsteigerung, so die Kuratorin der Reihe Lina Dinkler zu einem ähnlichen Ergebnis:
"Das es ein Ende haben muss, also da gibt es irgendwann kein Wachstum mehr, da gibt es irgendwann nur noch ein Zusammenfallen. Und ich denke, das zeigen alle fünf Filme ganz gut, dass es am Ende ist."
Das Festival in Linz definiert sich über das inhaltliche und das künstlerische Experiment. Der Name ist dabei Programm sagt Festivalleiterin Christine Dollhofer:
"Einerseits "Crossing Europe", den Kontinent durchkreuzen, filmische Landschaften durchkreuzen, regionale Besonderheiten wahrnehmen, aber auch das Cross over, Cross over im Kunstbetrieb, also zwischen Filmkunst und bildender Kunst oder Performance Kunst oder ob das jetzt in die Musik geht, wir sind da ja sehr offen, wir haben ja auch sehr viele Rahmenprogramme, auch Ausstellungen, die im Cross over Bereich angesiedelt sind. Das finde ich das Spezielle an "Crossing Europe," dass wir hier sehr offen sind auch hin zum Experimentellen, durchaus auch Dinge zulassen."
Diese Verbindung von klassischer Erzählung und künstlerischem Experiment findet sich besonders im Animationsfilm. In Linz war dieser Filmgattung, die allzu oft mit harmlosen "family-entertainment" verwechselt wird ein Programmschwerpunkt gewidmet.
Ein Film führte in die dunklen Wälder des deutsch-tschechischen Grenzgebietes, in das Altvatergebirge. "Alois Nebel" erzählt von einem skurrilen wortkargen Bahnvorsteher, der den Zusammenbruch des Kommunismus erlebt und immer wieder von den Schatten der Vergangenheit eingeholt wird, etwa von der Vertreibung der Sudetendeutschen 1945. Als Vorlage für den Film diente der Cartoon Roman des tschechischen Autors Jaroslav Rudis, er schrieb auch das Drehbuch:
"In der Sparte Animation hat sich in der letzten Zeit unglaublich viel bewegt, in Filmen wie "Persepolis" oder "Waltz with Bashir", und als ich die gesehen habe, da war eigentlich schon "Alois Nebel" im Entstehen, aber dann dachten wir "wow", einfach großartig. Man ist irgendwie auch mehr frei, man befreit sich auch von dieser Geschichte, wenn man es irgendwie animiert, man kriegt sogar, auch wenn die Themen, das Thema von "Alois Nebel" ist ein bisschen eher düster, man kriegt sogar so eine Art Abstand, so einen Filter, wenn man es animiert, eine gewisse Art Leichtigkeit mit diesem schweren Thema vielleicht anders umzugehen."
Auch andere Animationsfilme greifen gesellschaftliche Brennpunkte auf, so erzählt die rumänische Filmemacherin Anka Damian von einem tragischen Ende innereuropäischer Migration: Der Rumänen Claudiu Crulic wurde in Polen wegen Diebstahls verhaftet, obwohl er zum Zeitpunkt der Tat nicht im Lande war und starb im Hungerstreik. Ob Spiel-, Dokumentar oder Animationsfilm, Kunst und Politik werden in Linz nicht getrennt voneinander gesehen. In seiner Vielfalt war das Programm auch dieses Jahr eine gelungene Mischung aus neuen Ausdrucksformen und inhaltlichem Engagement, immer auf der Suche nach filmkünstlerischen Ausdruck jenseits des kommerziellen Mainstreams.
Das Debüt des bekannten polnischen Malers und seiner Frau überzeugte durch eine dichte und beklemmende Atmosphäre, spröde, fast ohne Dialoge, ohne Musik und mit ausdrucksstarken Bildern. Auch bei den anderen acht Debütfilmen ging es um gesellschaftliche und individuelle Grenzsituationen. Künstlerisch ausdrucksstarkes Autorenkino, das - so Jurymitglied Lluis Galter - auch in Zeiten knapper Kassen seinen Weg findet. Der katalanische Filmemacher erhielt im vergangenen Jahr den Hauptpreis, für sein Debüt über einen spanischen Widerstandskämpfer, den er mit minimalsten finanziellen Mitteln realisierte:
"In Momenten der Krise, wie wir sie gerade durchleben, müssen wir uns den Umständen mit kreativer Energie anpassen, wir müssen alternative Finanzierungen entwickeln, wir müssen kleinere Filme realisieren, nur so können wir dem Wegfall der Filmförderung begegnen."
Auch unter den Dokumentarfilmen fanden sich faszinierende künstlerische Annäherungen an komplexe gesellschaftliche Themen: Ausgezeichnet wurde unter anderem der deutsche Beitrag "Brief aus Deutschland". Regisseur Sebastian Mez erzählt eindringlich von Menschenhandel und Zwangsprostitution, indem er die Briefe junger Prostituierter mit distanzierten, fast kalten Bildern kontrastiert.
Die Reihe "Arbeitswelten" führte in französische Schlachthöfe, spanische Gemüseplantagen, aber auch in die Fortbildungsseminare hoch bezahlter Manager. Dabei kommen die Dokumentarfilme über ganz unterschiedliche Formen der Gewinnmaximierung und Effizienzsteigerung, so die Kuratorin der Reihe Lina Dinkler zu einem ähnlichen Ergebnis:
"Das es ein Ende haben muss, also da gibt es irgendwann kein Wachstum mehr, da gibt es irgendwann nur noch ein Zusammenfallen. Und ich denke, das zeigen alle fünf Filme ganz gut, dass es am Ende ist."
Das Festival in Linz definiert sich über das inhaltliche und das künstlerische Experiment. Der Name ist dabei Programm sagt Festivalleiterin Christine Dollhofer:
"Einerseits "Crossing Europe", den Kontinent durchkreuzen, filmische Landschaften durchkreuzen, regionale Besonderheiten wahrnehmen, aber auch das Cross over, Cross over im Kunstbetrieb, also zwischen Filmkunst und bildender Kunst oder Performance Kunst oder ob das jetzt in die Musik geht, wir sind da ja sehr offen, wir haben ja auch sehr viele Rahmenprogramme, auch Ausstellungen, die im Cross over Bereich angesiedelt sind. Das finde ich das Spezielle an "Crossing Europe," dass wir hier sehr offen sind auch hin zum Experimentellen, durchaus auch Dinge zulassen."
Diese Verbindung von klassischer Erzählung und künstlerischem Experiment findet sich besonders im Animationsfilm. In Linz war dieser Filmgattung, die allzu oft mit harmlosen "family-entertainment" verwechselt wird ein Programmschwerpunkt gewidmet.
Ein Film führte in die dunklen Wälder des deutsch-tschechischen Grenzgebietes, in das Altvatergebirge. "Alois Nebel" erzählt von einem skurrilen wortkargen Bahnvorsteher, der den Zusammenbruch des Kommunismus erlebt und immer wieder von den Schatten der Vergangenheit eingeholt wird, etwa von der Vertreibung der Sudetendeutschen 1945. Als Vorlage für den Film diente der Cartoon Roman des tschechischen Autors Jaroslav Rudis, er schrieb auch das Drehbuch:
"In der Sparte Animation hat sich in der letzten Zeit unglaublich viel bewegt, in Filmen wie "Persepolis" oder "Waltz with Bashir", und als ich die gesehen habe, da war eigentlich schon "Alois Nebel" im Entstehen, aber dann dachten wir "wow", einfach großartig. Man ist irgendwie auch mehr frei, man befreit sich auch von dieser Geschichte, wenn man es irgendwie animiert, man kriegt sogar, auch wenn die Themen, das Thema von "Alois Nebel" ist ein bisschen eher düster, man kriegt sogar so eine Art Abstand, so einen Filter, wenn man es animiert, eine gewisse Art Leichtigkeit mit diesem schweren Thema vielleicht anders umzugehen."
Auch andere Animationsfilme greifen gesellschaftliche Brennpunkte auf, so erzählt die rumänische Filmemacherin Anka Damian von einem tragischen Ende innereuropäischer Migration: Der Rumänen Claudiu Crulic wurde in Polen wegen Diebstahls verhaftet, obwohl er zum Zeitpunkt der Tat nicht im Lande war und starb im Hungerstreik. Ob Spiel-, Dokumentar oder Animationsfilm, Kunst und Politik werden in Linz nicht getrennt voneinander gesehen. In seiner Vielfalt war das Programm auch dieses Jahr eine gelungene Mischung aus neuen Ausdrucksformen und inhaltlichem Engagement, immer auf der Suche nach filmkünstlerischen Ausdruck jenseits des kommerziellen Mainstreams.