Grüße aus der Wagenburg
In der aktuellen Diskussion um Islam, Extremismus und Zuwanderung haben sich die CSU und der Zentralrat der Muslime in ihrer jeweiligen Wagenburg verschanzt, kommentiert Philipp Gessler. So komme der politische Diskurs auf den Hund.
Wer Angriffen ausgesetzt ist, zieht sich in die Wagenburg zurück. Das ist derzeit mal wieder zu beobachten – bei zwei sehr unterschiedlichen Akteuren auf dem politischem Schlachtfeld, leider: bei der CSU auf der einen, bei Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime auf der anderen Seite.
Die CSU schließt die Reihen, redet dem bayerischen Volk – oder was sie dafür hält – nach dem Mund und hat ganz offensichtlich aus lauter Angst vor dem vermeintlichen Wählerunmut in Panik das Denken abgeschaltet. Wie anders ist zu erklären, dass sich die Christsozialen an dem marginalen Sommerloch-Thema "Burka-Verbot" hochziehen. Außerdem fordert die Regionalpartei, die doppelte Staatsbürgerschaft abzuschaffen. Obwohl man mit der seit mittlerweile vielen Jahren fast nur positive Erfahrungen gesammelt hat– in den multikulturellen Großstädten, klar, aber die hat die CSU offensichtlich ja eh schon aufgegeben.
"Dümmste Forderung": Vorrang für christlich-abendländische Zuwanderer
Die dümmste Forderung der Beschlussvorlage für die Parteivorstandsklausur der CSU aber ist die nach einem "Vorrang für Zuwanderer aus unserem christlich-abendländischen Kulturkreis", wie es heißt. Die CSU will also ernsthaft die Menschen eher nicht nach Deutschland lassen, die weder Christen noch Juden sind. Ganz abgesehen davon, dass dies schon rechtlich kaum durchzuhalten ist, denn das Asylrecht schaut völlig zu Recht nicht darauf, welcher Religion der Zufluchtsuchende ist.
Es sei bei den Christsozialen auch an den jüdischen Rabbiner Jesus von Nazareth erinnert, der den barmherzigen Samariter allen als Vorbild vorgehalten hat: Auch der schaute nicht, welcher Religion oder Nationalität jemand war, der Hilfe brauchte.
In die Wagenburg aber zieht sich offenbar auch Aiman Mazyek zurück. Er redet pro domo, wenn er nun von einer tiefen Verankerung von rassistischen Ressentiments in unserer Gesellschaft spricht – oder davon, es fehle seit den Anschlägen von 9/11 an einer "Trennlinie" zwischen Extremismus und Islam. Sicherlich, es gibt rassistische Ressentiments in der Gesellschaft. Aber dies zuzuspitzen mit der Aussage, diese seien tief verankert, unterstellt, dass sie quasi zu Deutschland gehören. Das zu belegen dürfte ihm schwer fallen, ganz abgesehen davon, dass dies sehr statisch, nationalstaatlich und unpolitisch gedacht ist.
"Natürlich hat 9/11 mit dem Islam zu tun"
Ähnlich verhält es sich mit Mazyeks Aussagen, es fehle eine Trennlinie zwischen Extremismus und Islam – eine Wendung, die mittlerweile zu einer Standardfloskel verkommen ist, so oft wurde sie seit 9/11 von muslimischen Vertretern schon bemüht. Denn natürlich haben die Anschläge von 9/11 und die vielen danach etwas mit dem Islam zu tun, schließlich berufen sich die Attentäter seit Jahren auf ihn.
Der friedliche Islam, der so weit, weit überwiegt, muss sich aber mit dieser extremistischen Interpretation seines Glaubens auseinander setzen, anstatt so zu tun, als habe das alles nichts mit einem zu tun. Eine "Trennlinie" haben hier manche islamische Vertreter, vor allem im Ausland, zu ziehen versäumt.
So bleibt das frustrierende Fazit: Mazyek und CSU - der politische Diskurs in Deutschland kommt langsam auf den Hund.