Bei Cum-Ex-Geschäften verkaufen Investoren Wertpapiere, die sie eigentlich gar nicht besitzen und kaufen sie danach erneut auf dem Markt. Ziel ist es, durch die Mehrfachabrechnungen auch mehrfach Steuererstattungen zu bekommen. Das hat deutsche Steuerzahler in der Vergangenheit Milliarden gekostet.
"Die Justiz zeigt ihre Zähne"
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Es war einer der größten Steuerskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte: Mit Cum-Ex-Aktiengeschäften haben Investoren jahrelang den Fiskus betrogen. Nun soll sich ein Mann vor Gericht verantworten, der dabei als treibende Kraft gilt.
Hanno Berger ist eine der Schlüsselfiguren im Cum-Ex-Skandal. Berger, ehemaliger Finanzbeamter in Hessen, beriet als selbstständiger Finanzberater Banken und Vermögende. Für ihn endet mit dem Gerichtsverfahren eine jahrelange Flucht vor der deutschen Justiz.
Hanno Berger habe in Deutschland dafür gesorgt, dass das Interbankengeschäft, also das Geschäft von Banken untereinander, möglich gewesen sei, sagt Yannick Schwarz vom Netzwerk Steuergerechtigkeit.
Zudem habe Berger es für Privatkunden geöffnet. Er sei die "graue Eminenz" hinter dem "System" Cum-Ex. Er habe nicht nur beraten, sondern habe dafür gesorgt, dass das Geschäft länger habe laufen können.
Er habe Wissenschaftler für Gutachten bezahlt, Lobbyarbeit geleistet und versucht, Finanzbeamte einzuschüchtern, die sein Geschäft nicht anerkennen wollten.
Grundsätze wurden missachtet
Hanno Berger hat stets bestritten, dass er sich strafbar gemacht habe. Doch das Argument will Yannick Schwarz nicht gelten lassen.
Es gebe bestimmte Grundsätze des deutschen Rechts. Dazu gehöre, dass eine nicht gezahlte Steuer auch nicht zurück ausgezahlt werden könne. Das sei durch Gerichte bestätigt, auch der Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages sehe das so.
"Das sind Grundsätze, die wurden missachtet." Und daran komme man auch mit, wie einige sagten, Gefälligkeitsgutachten oder bezahlten Gutachten von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nicht vorbei.
Inzwischen sind Cum-Ex-Geschäfte strafbar. Ein "Star-Steueranwalt" könne aber nicht für sich in Anspruch nehmen, nicht gewusst zu haben, worum es genau gegangen sei.
Die Geschäfte seien auch nicht erst seit 2012 illegal, sondern seien ab dem Zeitpunkt technisch unmöglich gemacht worden. Illegal seien sie schon vorher gewesen.
Der Justiz ist Bergers Auslieferung gelungen
"Die Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte in Deutschland ist der Lichtblick bei dem Skandal", sagt Yannick Schwarz. Über Jahre habe die Politik verschlafen, gegen Cum-Ex vorzugehen. Einige der Straftaten seien daher inzwischen verjährt.
Derzeit passiere aber sehr viel. Erstmals könnten Banker, die an Steuerhinterziehungsmodellen beteiligt waren, für lange Jahre ins Gefängnis wandern. Man versuche, trotz Personalknappheit dagegen vorzugehen.
Das zeige auch der Fall Hanno Berger: Die deutsche Justiz habe es geschafft, seine Auslieferung aus der Schweiz zu erreichen. Dorthin war Berger geflohen, nachdem seine Büroräume durchsucht worden waren. Die Schweiz liefere sonst eher keine Verdächtigen aus. "Die Justiz zeigt ihre Zähne", meint Schwarz.
Die zuständigen Behörden sind extrem unterbesetzt
Vor einigen Monaten verfasste Yannick Schwarz mit einem Kollegen das Strategiepapier "Nie wieder Cum-Ex". Für ihn gebe es eine "extreme Waffenungleichheit" zwischen der deutschen Steuer- und Finanzverwaltung auf der einen und dem Finanzsektor auf der anderen Seite, sagt er.
Die Personalzahlen in den Behörden nähmen eher ab, besonders in den Bereichen Steuerfahndung und Betriebsprüfung, "so wird man nicht langfristig Steuerkriminalität verhindern können". Dort gebe es "extreme Unterbesetzungen".
Bei Cum-Ex habe das zwar geklappt. "Aber dann wird eben ausgewichen auf andere Modelle."
(ros)