"Da fliegen sie wieder – Die große Vogelschau im Deutschlandradio Kultur"

Gäste: Prof. Dr. Franz Bairlein, Ornitholge und Direktor des Instituts für Vogelforschung "Vogelwarte Helgoland" Wilhelmshaven & Dr. Markus Nipkow, Biologe und Vogelschutzexperte beim NABU · 08.05.2010
Wie können wir die letzten Kakapos vor dem Aussterben retten? Wie sieht das Liebesleben der Vögel aus? Warum werden Kohlmeisen mitunter zu Killern? Diesen und anderen Fragen sind wir im Rahmen unserer ornithologischen Themenwoche im "Radiofeuilleton" nachgegangen. Mit Beiträgen, Gesprächen, Reportagen, Hörspielen, Musik und Klangperformances haben wir die wunderbar radiophone Vogelwelt gefeiert.
Anlass ist – wie auch in den Jahren zuvor – die "Stunde der Gartenvögel" des Naturschutzbund Deutschland (NABU). Diese Beobachtungsaktion findet seit 2005 statt; immer am zweiten Maiwochenende - diesmal zwischen dem 07. und 09. Mai - sollen Vögel im heimischen Garten oder Stadtpark gezählt und die Ergebnisse dann dem NABU gemeldet werden.

Der Biologe und NABU-Vogelschutzexperte Markus Nipkow gehört zu den Initiatoren. Er lädt auch die Hörerinnen und Hörer von Deutschlandradio Kultur ein, sich an der Aktion zu beteiligen und die Artenvielfalt im eigenen Garten oder in den Parkanlagen zu entdecken und zu dokumentieren.

"Jeder entdeckt auf einmal Dinge, die er sonst so nicht wahrgenommen hat. Man sieht vielleicht sonst einen Vogel vorbei fliegen, aber auf einmal entdeckt man, der brütet ja! Und dann will man auch wissen, was macht der Nachwuchs, wie geht es weiter? Man wird auch sensibler für die Gefahren, für den Straßenverkehr, Sperber oder Elstern. Das sieht man sonst nicht, auch nicht im Fernsehen."

Am 08.05.2010 ist aber auch der Bird-Migration-Day, an dem auf die Bedrohung der Zugvögel aufmerksam gemacht werden soll.

"Die Vögel können verunglücken, an Hochspannungsmasten oder Strommasten. Eine andere Gefährdung sind Vergiftungen durch Müllhalden. Sie werden gern von Zugvögeln aufgesucht, dort kreisen Möwen, Greifvögel und Störche gern, sie finden jede Menge Nahrung. Aber sie können sich auch verletzen oder vergiften. In den afrikanischen Überwinterungsgebieten gibt es großflächigen Einsatz von Insektiziden wie DDT gegen Heuschrecken. Eine weitere Gefahr: Die Ausbreitung der Wüsten, Auswirkungen, die mit der Dürre einhergehen. Es ist ja ohnehin eine enorme Leistung für die Vögel, diese Strecken zurückzulegen. Und dafür müssen sie Fettdepots anlegen. Und wenn diese Depots nicht reichen, dann reicht der Treibstoff nicht."

Die Faszination der Zugvögel ist das Spezialgebiet von Prof. Dr. Franz Bairlein, Ornithologe und Direktor des Instituts für Vogelforschung "Vogelwarte Helgoland" Wilhelmshaven, das in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiert.

"Es ist doch faszinierend: Wie schafft es eine Schwalbe, bis Afrika zu fliegen und das allein? Bei sehr vielen Zugvogelarten fliegt der Jungvogel ohne elterliche Anleitung, er macht sich allein auf den Weg. Warum weiß der Vogel, wann es Zeit ist, fortzuziehen? Woher weiß er, wohin er fliegen soll? Wie findet er den Weg? Wie schafft er die Reise? Das sind Fragen, die sich bis heute der Vogelzugforschung stellen."

Im Laufe der 100 Jahre wurden im Institut insgesamt rund neun Millionen Vögel 585 verschiedener Arten beringt. Dafür werden die Vögel in Trichterreusen auf der Insel Helgoland gefangen. Seit 1909 haben sich 800000 rastende Vögel verfangen, wurden vermessen, gewogen und beringt. Und sie werden mit modernster Technik ausgestattet, um ihre Zugwege nachzeichnen zu können.

Der neueste Coup: Der "Geolokator", mit dem das Flugverhalten des Steinschmätzers erforscht werden soll. Da diese Zugvögel lediglich 22 bis 28 Gramm wiegen, wurde für sie eigens ein 1,1 Gramm leichtes Miniatursystem entwickelt, das aus einem Lichtsensor, einem Datenspeicher mit Uhr und Kalender und einer Batterie besteht. Mindestens ein Jahr lang speichert es Tag für Tag die Daten für Auf- und Untergang der Sonne. In Kombination mit dem Kalender lässt sich daraus mit einer Genauigkeit von 120 Kilometern ein Bewegungsprofil für jeden Ort der Erde ermitteln.

"Die Frage ist doch, wie schafft es ein so kleiner Vogel, 120 bis 140 Stunden nonstop flügelschlagend in der Luft zu bleiben?"

"Da fliegen sie wieder – Die große Vogelschau im Deutschlandradio Kultur".Anlässlich der Themenwoche diskutiert Gisela Steinhauer heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr gemeinsam mit den Vogelschutzexperten Franz Bairlein und Markus Nipkow rund um die Faszination der Vogelwelt. Hörerinnen und Hörer sind herzlich eingeladen Fragen zu stellen und mitzudiskutieren. Unter der Telefonnummer 00800 / 2254 -2254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.

Informationen im Internet:
Stunde der Gartenvögel
Institut für Vogelforschung "Vogelwarte Helgoland" Wilhelmshaven
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