"Da werden wir international sehr drum beneidet"
Hinter der rekonstruierten Barockfassade des Stadtschlosses wird mitten in Berlin einer der spannendsten Orte der Republik entstehen, ist sich Manfred Rettig sicher. Das Humboldtforum habe ein "tolles Konzept", so der Stiftungschef am Tag der Grundsteinlegung.
Jan-Christoph Kitzler: Wenn irgendwo auf der Welt ein Haus gebaut wird, dann ist normalerweise vorher schon klar, was hinein soll. In Berlin ist das anders, da gab es vor allem den Willen, den Platz, an dem früher mal das Stadtschloss stand, wieder neu zu bebauen, auch wenn das vielleicht nicht gerade Zeiten sind, um Schlösser zu bauen, und dann gab es vor allen den Streit um das Wie. Jetzt gibt es eine klassische Berliner Sowohl-als-auch-Lösung: Auf der einen Seite wird die Barockfassade des Preußenschlosses nachgebaut, zum Wasser hin soll das Gebäude von Franco Stella modern aussehen. Heute wird der Grundstein gelegt im Beisein des Bundespräsidenten – und was kommt hinein ins Schloss? Auch das soll heute im Detail bekannt gegeben werden, darüber spreche ich jetzt mit Manfred Rettig, Vorstand der Stiftung Berliner Schloss Humboldtforum und damit so eine Art Hausherr des künftigen Gebäudes. Schönen guten Morgen, Herr Rettig!
Manfred Rettig: Guten Morgen, Herr Kitzler!
Kitzler: Bekommt Berlin jetzt wieder eine Mitte, oder ist das zu viel verlangt von diesem Neubau?
Rettig: Natürlich bekommt Berlin eine Mitte. Ich erinnere mich an Anfang der 90er-Jahre, wo wir unter den Architekten darüber diskutiert haben, wo ist eigentlich die Mitte in Berlin. Und da stellte sich schon heraus, hier fehlt eigentlich das Gebäude, was eigentlich diese Mitte ausgemacht hat. Alle Gebäude rund um dieses Berliner Schloss haben sich die ursprünglich mal am Berliner Schloss orientiert, und insofern ist dieser Baustein notwendig, um das Stadtbild wieder zu bekommen, was früher dort war. Und da bin ich sehr froh, dass wir das jetzt wieder hinkriegen und hier ein Stück Stadtreparatur vornehmen.
Kitzler: Aber war das im Nachhinein vielleicht keine gute Idee, vielleicht sogar hinderlich für das Konzept für dieses Gebäude, dass man erst eben diesen Willen hatte, das Haus zu bauen, und sich dann erst überlegt hat, was hinein soll?
Rettig: Nein, das ist ja nicht ganz richtig, wie Sie sagen. Es war sowohl die Diskussion, wie gehen wir mit dem Palast der Republik um? Das war ja das Problem, dass der Palast der Republik schwerst asbestbelastet war. Was machen wir mit diesem Ort, wie gehen wir mit diesem Ort dann weiter um? Und da war es von vornherein klar, ohne eine klare Konzeption, was inhaltlich in dieses Gebäude rein soll, wird man keinen Neubau starten. und insofern stand die inhaltliche Diskussion von vornherein mit im Mittelpunkt.
Wir haben bereits in den 90er-Jahren Interessenbekundungsverfahren zum Beispiel ausgelobt gehabt, wo wir untersucht haben, gibt es irgendwelche Interessenten, die damals noch den Palast der Republik oder die Reste vom Palast der Republik hätten nutzen können. Also die inhaltliche Frage war von vornherein immer im Zentrum. Und nachdem die internationale Expertenkommission Ende der 90er-Jahre, Anfang 2000 dann dieses Konzept herauskristallisiert haben, was wir jetzt umsetzen werden, danach war erst klar, dass gebaut werden kann.
Kitzler: Es wurde ja viel gestritten, vor allem um die Fassade, aber heute wollen Sie ja auch ausdrücklich die Pläne vorstellen für die Nutzung dieses Gebäudes. Wie konkret wird es denn?
Rettig: Also die Nutzung – ich bin ja der Vorstand der Stiftung Berliner Schloss Humboldtforum, das ist die Stiftung, die Bauherr und Eigentümerin des Projektes ist. Die Nutzung wird heute vorgestellt, im wesentlichen von Herrn Staatsminister Neumann in Verbindung mit Martin Heller, der im Auftrage der Stiftung preußischer Kulturbesitz das Nutzungskonzept vorstellen wird. Also insofern möchte ich dem jetzt im Moment nicht vorgreifen. Nur so viel kann man schon jetzt sagen, und davon bin ich fest überzeugt: Wir werden hier ein Schaufenster der Bundesrepublik Deutschland erleben, wo wir eben nicht nur ein schönes Museum bauen, wie es häufig geschrieben wird. Sondern wir werden hier einen wirklich sehr, sehr spannenden Ausstellungsbereich haben, und in Verbindung mit den Möglichkeiten für Veranstaltungen, die in diesem Gebäude sein wird, ist es eine einmalige Situation in Europa. Und insofern hier ein Zentrum zu schaffen, wo der Dialog der Kulturen möglich wird, die baulichen Voraussetzungen sind da, und die inhaltlichen werden heute Nachmittag vorgestellt. Das ist ein tolles Konzept, was da kommen wird, und da werden wir international sehr drum beneidet, muss ich sagen.
Kitzler: Die Humboldtbrüder Alexander und Wilhelm, die haben sich ja für viele ganz verschiedene Dinge interessiert, heute ist die Welt ja so ein bisschen spezialisierter, muss man sagen. Wie kann man denn dafür sorgen, dass aus einem Sammelsurium mit verschiedenen Einrichtungen, die Teile des Schlosses bespielen, auch wirklich ein einheitliches Ganzes wird?
Rettig: Also wir haben, wenn Sie sagen, Sammelsurium, wir haben ein ethnologisches Museum, was von den Exponaten her weltweit ziemlich einmalig ist, mit über 500.000 Exponaten. Das heißt, dieses Museum wird in der Lage sein, sich auf die verschiedensten Themenstellungen, die sich auch aktuell ergeben, Antworten zu geben beziehungsweise aus der Historie etwas herauszubringen, sodass wir also immer den ... nicht nur den Dialog der Kulturen haben werden. Sondern wir werden also auch immer aus der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft schöpfen können, und das macht dieses Zentrum nachher aus.
Kitzler: Die Nutzungskonzepte sind ambitioniert, das konnte man so lesen, von dem, was da so geplant ist. Besteht aber nicht die Gefahr, dass durch den Streit, den es gab um diesen Bau, um die Fassade, das Ganze so ein bisschen in Mitleidenschaft gezogen wird?
Rettig: Ach, dieser Streit ist doch in dem Moment vorbei, wo das Gebäude steht. Überall, wenn Sie in Städte reingehen, wo das Thema Rekonstruktion anstand, hatten Sie eigentlich immer eine ähnliche Diskussion. Das ist eine sehr deutsche Diskussion, die wir da an dieser Stelle führen. Und wenn dann das Projekt abgeschlossen ist und alle erst mal begeistert sind von der städtebaulichen Situation, die wir dann wieder geschaffen haben, werden diese Diskussionen in den Hintergrund treten. Davon bin ich fest überzeugt.
Kitzler: Was tun Sie denn, um den Berlinern und auch um den vielen Besuchern, die nach Berlin kommen aus Deutschland, aus der ganzen Welt, diese Baustelle schmackhaft zu machen?
Rettig: Ja, wir machen viel Öffentlichkeitsarbeit. Wir werden jetzt zum Beispiel am kommenden Sonntag einen Tag der offenen Baustelle haben, wo die Berlinerinnen und Berliner eingeladen sind, auf die Baustelle zu kommen, direkt an den Grundstein heranzutreten und sich ein Bild von dieser Riesenbaumaßnahme zu machen. Das werden wir auch in den nächsten Jahren so machen. Wir werden also immer wieder Tage der offenen Baustelle machen, wo wir also die Berlinerinnen und Berliner und auch insgesamt die Bundesbürger einladen, schaut euch diese Baustelle an, dieses werdende Humboldtforum. Das ist einer der spannendsten Orte, die wir in der Republik haben werden.
Kitzler: Manfred Rettig, Vorstand der Stiftung Berliner Schloss Humboldt-Forum, vielen Dank für das Gespräch, und ich wünsche Ihnen eine schöne Feier heute Nachmittag bei der Grundsteinlegung!
Rettig: Danke schön!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Manfred Rettig: Guten Morgen, Herr Kitzler!
Kitzler: Bekommt Berlin jetzt wieder eine Mitte, oder ist das zu viel verlangt von diesem Neubau?
Rettig: Natürlich bekommt Berlin eine Mitte. Ich erinnere mich an Anfang der 90er-Jahre, wo wir unter den Architekten darüber diskutiert haben, wo ist eigentlich die Mitte in Berlin. Und da stellte sich schon heraus, hier fehlt eigentlich das Gebäude, was eigentlich diese Mitte ausgemacht hat. Alle Gebäude rund um dieses Berliner Schloss haben sich die ursprünglich mal am Berliner Schloss orientiert, und insofern ist dieser Baustein notwendig, um das Stadtbild wieder zu bekommen, was früher dort war. Und da bin ich sehr froh, dass wir das jetzt wieder hinkriegen und hier ein Stück Stadtreparatur vornehmen.
Kitzler: Aber war das im Nachhinein vielleicht keine gute Idee, vielleicht sogar hinderlich für das Konzept für dieses Gebäude, dass man erst eben diesen Willen hatte, das Haus zu bauen, und sich dann erst überlegt hat, was hinein soll?
Rettig: Nein, das ist ja nicht ganz richtig, wie Sie sagen. Es war sowohl die Diskussion, wie gehen wir mit dem Palast der Republik um? Das war ja das Problem, dass der Palast der Republik schwerst asbestbelastet war. Was machen wir mit diesem Ort, wie gehen wir mit diesem Ort dann weiter um? Und da war es von vornherein klar, ohne eine klare Konzeption, was inhaltlich in dieses Gebäude rein soll, wird man keinen Neubau starten. und insofern stand die inhaltliche Diskussion von vornherein mit im Mittelpunkt.
Wir haben bereits in den 90er-Jahren Interessenbekundungsverfahren zum Beispiel ausgelobt gehabt, wo wir untersucht haben, gibt es irgendwelche Interessenten, die damals noch den Palast der Republik oder die Reste vom Palast der Republik hätten nutzen können. Also die inhaltliche Frage war von vornherein immer im Zentrum. Und nachdem die internationale Expertenkommission Ende der 90er-Jahre, Anfang 2000 dann dieses Konzept herauskristallisiert haben, was wir jetzt umsetzen werden, danach war erst klar, dass gebaut werden kann.
Kitzler: Es wurde ja viel gestritten, vor allem um die Fassade, aber heute wollen Sie ja auch ausdrücklich die Pläne vorstellen für die Nutzung dieses Gebäudes. Wie konkret wird es denn?
Rettig: Also die Nutzung – ich bin ja der Vorstand der Stiftung Berliner Schloss Humboldtforum, das ist die Stiftung, die Bauherr und Eigentümerin des Projektes ist. Die Nutzung wird heute vorgestellt, im wesentlichen von Herrn Staatsminister Neumann in Verbindung mit Martin Heller, der im Auftrage der Stiftung preußischer Kulturbesitz das Nutzungskonzept vorstellen wird. Also insofern möchte ich dem jetzt im Moment nicht vorgreifen. Nur so viel kann man schon jetzt sagen, und davon bin ich fest überzeugt: Wir werden hier ein Schaufenster der Bundesrepublik Deutschland erleben, wo wir eben nicht nur ein schönes Museum bauen, wie es häufig geschrieben wird. Sondern wir werden hier einen wirklich sehr, sehr spannenden Ausstellungsbereich haben, und in Verbindung mit den Möglichkeiten für Veranstaltungen, die in diesem Gebäude sein wird, ist es eine einmalige Situation in Europa. Und insofern hier ein Zentrum zu schaffen, wo der Dialog der Kulturen möglich wird, die baulichen Voraussetzungen sind da, und die inhaltlichen werden heute Nachmittag vorgestellt. Das ist ein tolles Konzept, was da kommen wird, und da werden wir international sehr drum beneidet, muss ich sagen.
Kitzler: Die Humboldtbrüder Alexander und Wilhelm, die haben sich ja für viele ganz verschiedene Dinge interessiert, heute ist die Welt ja so ein bisschen spezialisierter, muss man sagen. Wie kann man denn dafür sorgen, dass aus einem Sammelsurium mit verschiedenen Einrichtungen, die Teile des Schlosses bespielen, auch wirklich ein einheitliches Ganzes wird?
Rettig: Also wir haben, wenn Sie sagen, Sammelsurium, wir haben ein ethnologisches Museum, was von den Exponaten her weltweit ziemlich einmalig ist, mit über 500.000 Exponaten. Das heißt, dieses Museum wird in der Lage sein, sich auf die verschiedensten Themenstellungen, die sich auch aktuell ergeben, Antworten zu geben beziehungsweise aus der Historie etwas herauszubringen, sodass wir also immer den ... nicht nur den Dialog der Kulturen haben werden. Sondern wir werden also auch immer aus der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft schöpfen können, und das macht dieses Zentrum nachher aus.
Kitzler: Die Nutzungskonzepte sind ambitioniert, das konnte man so lesen, von dem, was da so geplant ist. Besteht aber nicht die Gefahr, dass durch den Streit, den es gab um diesen Bau, um die Fassade, das Ganze so ein bisschen in Mitleidenschaft gezogen wird?
Rettig: Ach, dieser Streit ist doch in dem Moment vorbei, wo das Gebäude steht. Überall, wenn Sie in Städte reingehen, wo das Thema Rekonstruktion anstand, hatten Sie eigentlich immer eine ähnliche Diskussion. Das ist eine sehr deutsche Diskussion, die wir da an dieser Stelle führen. Und wenn dann das Projekt abgeschlossen ist und alle erst mal begeistert sind von der städtebaulichen Situation, die wir dann wieder geschaffen haben, werden diese Diskussionen in den Hintergrund treten. Davon bin ich fest überzeugt.
Kitzler: Was tun Sie denn, um den Berlinern und auch um den vielen Besuchern, die nach Berlin kommen aus Deutschland, aus der ganzen Welt, diese Baustelle schmackhaft zu machen?
Rettig: Ja, wir machen viel Öffentlichkeitsarbeit. Wir werden jetzt zum Beispiel am kommenden Sonntag einen Tag der offenen Baustelle haben, wo die Berlinerinnen und Berliner eingeladen sind, auf die Baustelle zu kommen, direkt an den Grundstein heranzutreten und sich ein Bild von dieser Riesenbaumaßnahme zu machen. Das werden wir auch in den nächsten Jahren so machen. Wir werden also immer wieder Tage der offenen Baustelle machen, wo wir also die Berlinerinnen und Berliner und auch insgesamt die Bundesbürger einladen, schaut euch diese Baustelle an, dieses werdende Humboldtforum. Das ist einer der spannendsten Orte, die wir in der Republik haben werden.
Kitzler: Manfred Rettig, Vorstand der Stiftung Berliner Schloss Humboldt-Forum, vielen Dank für das Gespräch, und ich wünsche Ihnen eine schöne Feier heute Nachmittag bei der Grundsteinlegung!
Rettig: Danke schön!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.