Daddeln mit Bildungsanspruch
An der Uni Paderborn wird ein neues Kapitel in der Ausbildung von Computerspieleexperten aufgeschlagen: Neben Informatikern sitzen dort auch angehende Literaturwissenschaftler, Historiker und Musiker - und entwickeln Spiele der etwas anderen Art.
Möwen kreischen, Schiffe tuckern im Hafen. Dahinter erhebt sich die Silhouette einer Stadt: Wer sich hier reinklickt, kommt in die Stadt der Zukunft, erklärt Sebastian Gethke, der gerade an der Betaversion von "Urban Life 2060" arbeitet:
"Das Szenario, das wir gewählt haben, ist die Antarktis im Jahre 2060. Wir gehen davon aus, dass bis dahin ein bisschen Klimaerwärmung stattgefunden hat, das heißt, Teile davon sind schon abgeschmolzen. Und jetzt sind die Menschen der Zukunft in die Antarktis gegangen und haben gesagt, okay, wir versuchen hier einen Neuanfang, wir versuchen einfach mal eine Modellstadt zu bauen, und das als Leuchtstern der Zivilisation neu aufzubauen."
Viele Länder in Europa und anderswo sind überflutet. Staaten haben sich aufgelöst. Millionen von Menschen fliehen als Folge der Klimaerwärmung. Für die Macher von "Urban Life" - dem urbanen Leben - sind das ideale Bedingungen die Spieler anzuregen. Sie sollen nachdenken, wie man sich in die Stadt der Zukunft einbringen möchte: Egoistisch, auf Geld bedacht, oder altruistisch, in Sorge um's Gemeinwohl:
"... und je nachdem wie ich mich entscheide, verändert sich sowohl die Belohnung, die ich dafür bekomme, als auch das, was mit der Stadt passiert. Wenn sich jetzt viele Spieler egoistisch verhalten, dann würden diese Gebäude auf einmal anders aussehen, da würden Risse reinkommen, da würden auf einmal kleine Teile abfallen, die würden dreckig werden, weil sich eben niemand um die Stadt kümmert. Erst wenn sich die Spieler wieder entschließen altruistisch zu handeln, dann würde es wieder sauber werden, dann würde es glänzen, dann würden man diese Lichter wieder sehen."
Sebastian Gethke studiert Literaturwissenschaften. Für das Computerspiel schreibt er Dialoge, denkt sich Handlungsabläufe aus. Mit dabei sind aber auch Studierende der Musik, der Medienwissenschaften und natürlich Informatiker, die das Ganze programmieren. 80 Studierende arbeiten an dem Projekt. Sie treffen sich im "GamesLab" – einem Raum mit mehr als 30 Rechnern. Bei Professor Jörg Müller-Lietzkow, dem Leiter von "GamesLab", laufen die Fäden zusammen.
"Wir haben vor allem auch mit dem Thema "Serious Game" einen wichtigen Zusatzbaustein, der den akademischen Rahmen setzt. Also das heißt, wir wollen nicht nur Spiele machen, die man einfach am Markt kaufen könnte, das wäre mir zu wenig. Sondern ich möchte tatsächlich, dass wir eine Botschaft haben, dass wir einen Lehrinhalt vermitteln, oder dass wir zumindest zum Nachdenken anregen. Also dass wir nicht nur ein einfaches, marktgängiges Produkt erzeugen, sondern ein Produkt, was mit Hirn und Herz und vor allem mit Verstand gebaut ist, was vielleicht auch marktfähig ist. Das ist ja nicht verboten."
"Serious Games", das sind "ernsthafte Spiele" - mit Bildungsanspruch. Neben "Schachmatt" und "Polit World", mit dem schon an Schulen unterrichtet wurde, nun also "Urban Life 2060". Angehende Spiele-Entwickler sollen lernen, verantwortlich mit dem Thema umzugehen. Auch später, wenn die Absolventen in der Spieleindustrie arbeiten:
"Wenn sie dann im Game-Design landen, haben sie ja die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen auf besseres Game-Design. Und das ist so ein bisschen die Hoffnung, aber wenn wir die nicht haben, dann brauchen wir das erst gar nicht zu machen."
Ob mit diesem "Paderborner Weg" nun auch das Ende von Ego-Shootern und anderen Gewaltspielen eingeläutet wird, bleibt wohl eher zu bezweifeln. Aber soweit will Anne Krienert nicht denken. Als Studentin der Medienwissenschaft macht ihr der Entwurf einer virtuellen Stadt einfach nur Spaß:
"Die Hauptmotivation ist, dass mir diese ganze 3-D-Geschichte unheimlich viel Spaß macht. Also dass ich da etwas gefunden habe, was ich auf jeden Fall auch so weitermachen will. Was für mich halt so das ist, was ich als Beruf mal so wählen möchte auf jeden Fall. Und dass ich hier eine unglaublich gute Möglichkeit habe, mich da selber weiterzubilden."
So wie Anne Krienert hat auch Christian Günther schon als Kind viel Zeit mit Computerspielen verbracht. Heute hat der Vater von zwei Kindern keine Zeit mehr für solche Dinge – jedenfalls in der Freizeit. An der Uni Paderborn studiert er Literatur und Geschichte und sieht die Entwicklung von Computerspielen vor allem aus dieser Perspektive:
"Ich denke ganz einfach mal, dass man als Historiker gewisse Mechanismen kennen lernt. Man lernt Techniken, die helfen, Gesellschaften zu analysieren, und vielleicht auch auf Probleme hin zu analysieren und auf Probleme hin zu betrachten. Und darauf kann man natürlich sehr kreationistisch arbeiten. Das ist auch im Endeffekt das, was wir gemacht haben. Und da bringt sich der Historiker nicht unbedingt mit Fachwissen ein, aber mit den analytischen Grundfertigkeiten, die man dann im Studium halt auch gelernt hat."
So hängt die Zukunft der digitalen Stadt am Rande der Antarktis allein von dem Verhalten der Spieler ab. Da "Urban Life 2060" ein Internet basiertes Browser-Spiel ist, mit wechselnden Teilnehmern, die mit positivem Beispiel vorangehen oder eben nicht, ist das Ergebnis völlig offen. Ganz so wie im richtigen Leben.
"Das Szenario, das wir gewählt haben, ist die Antarktis im Jahre 2060. Wir gehen davon aus, dass bis dahin ein bisschen Klimaerwärmung stattgefunden hat, das heißt, Teile davon sind schon abgeschmolzen. Und jetzt sind die Menschen der Zukunft in die Antarktis gegangen und haben gesagt, okay, wir versuchen hier einen Neuanfang, wir versuchen einfach mal eine Modellstadt zu bauen, und das als Leuchtstern der Zivilisation neu aufzubauen."
Viele Länder in Europa und anderswo sind überflutet. Staaten haben sich aufgelöst. Millionen von Menschen fliehen als Folge der Klimaerwärmung. Für die Macher von "Urban Life" - dem urbanen Leben - sind das ideale Bedingungen die Spieler anzuregen. Sie sollen nachdenken, wie man sich in die Stadt der Zukunft einbringen möchte: Egoistisch, auf Geld bedacht, oder altruistisch, in Sorge um's Gemeinwohl:
"... und je nachdem wie ich mich entscheide, verändert sich sowohl die Belohnung, die ich dafür bekomme, als auch das, was mit der Stadt passiert. Wenn sich jetzt viele Spieler egoistisch verhalten, dann würden diese Gebäude auf einmal anders aussehen, da würden Risse reinkommen, da würden auf einmal kleine Teile abfallen, die würden dreckig werden, weil sich eben niemand um die Stadt kümmert. Erst wenn sich die Spieler wieder entschließen altruistisch zu handeln, dann würde es wieder sauber werden, dann würde es glänzen, dann würden man diese Lichter wieder sehen."
Sebastian Gethke studiert Literaturwissenschaften. Für das Computerspiel schreibt er Dialoge, denkt sich Handlungsabläufe aus. Mit dabei sind aber auch Studierende der Musik, der Medienwissenschaften und natürlich Informatiker, die das Ganze programmieren. 80 Studierende arbeiten an dem Projekt. Sie treffen sich im "GamesLab" – einem Raum mit mehr als 30 Rechnern. Bei Professor Jörg Müller-Lietzkow, dem Leiter von "GamesLab", laufen die Fäden zusammen.
"Wir haben vor allem auch mit dem Thema "Serious Game" einen wichtigen Zusatzbaustein, der den akademischen Rahmen setzt. Also das heißt, wir wollen nicht nur Spiele machen, die man einfach am Markt kaufen könnte, das wäre mir zu wenig. Sondern ich möchte tatsächlich, dass wir eine Botschaft haben, dass wir einen Lehrinhalt vermitteln, oder dass wir zumindest zum Nachdenken anregen. Also dass wir nicht nur ein einfaches, marktgängiges Produkt erzeugen, sondern ein Produkt, was mit Hirn und Herz und vor allem mit Verstand gebaut ist, was vielleicht auch marktfähig ist. Das ist ja nicht verboten."
"Serious Games", das sind "ernsthafte Spiele" - mit Bildungsanspruch. Neben "Schachmatt" und "Polit World", mit dem schon an Schulen unterrichtet wurde, nun also "Urban Life 2060". Angehende Spiele-Entwickler sollen lernen, verantwortlich mit dem Thema umzugehen. Auch später, wenn die Absolventen in der Spieleindustrie arbeiten:
"Wenn sie dann im Game-Design landen, haben sie ja die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen auf besseres Game-Design. Und das ist so ein bisschen die Hoffnung, aber wenn wir die nicht haben, dann brauchen wir das erst gar nicht zu machen."
Ob mit diesem "Paderborner Weg" nun auch das Ende von Ego-Shootern und anderen Gewaltspielen eingeläutet wird, bleibt wohl eher zu bezweifeln. Aber soweit will Anne Krienert nicht denken. Als Studentin der Medienwissenschaft macht ihr der Entwurf einer virtuellen Stadt einfach nur Spaß:
"Die Hauptmotivation ist, dass mir diese ganze 3-D-Geschichte unheimlich viel Spaß macht. Also dass ich da etwas gefunden habe, was ich auf jeden Fall auch so weitermachen will. Was für mich halt so das ist, was ich als Beruf mal so wählen möchte auf jeden Fall. Und dass ich hier eine unglaublich gute Möglichkeit habe, mich da selber weiterzubilden."
So wie Anne Krienert hat auch Christian Günther schon als Kind viel Zeit mit Computerspielen verbracht. Heute hat der Vater von zwei Kindern keine Zeit mehr für solche Dinge – jedenfalls in der Freizeit. An der Uni Paderborn studiert er Literatur und Geschichte und sieht die Entwicklung von Computerspielen vor allem aus dieser Perspektive:
"Ich denke ganz einfach mal, dass man als Historiker gewisse Mechanismen kennen lernt. Man lernt Techniken, die helfen, Gesellschaften zu analysieren, und vielleicht auch auf Probleme hin zu analysieren und auf Probleme hin zu betrachten. Und darauf kann man natürlich sehr kreationistisch arbeiten. Das ist auch im Endeffekt das, was wir gemacht haben. Und da bringt sich der Historiker nicht unbedingt mit Fachwissen ein, aber mit den analytischen Grundfertigkeiten, die man dann im Studium halt auch gelernt hat."
So hängt die Zukunft der digitalen Stadt am Rande der Antarktis allein von dem Verhalten der Spieler ab. Da "Urban Life 2060" ein Internet basiertes Browser-Spiel ist, mit wechselnden Teilnehmern, die mit positivem Beispiel vorangehen oder eben nicht, ist das Ergebnis völlig offen. Ganz so wie im richtigen Leben.