Dänische Zivilcourage
Anfang Oktober 1943 bewahrten die Dänen mehr als 6000 einheimische Juden vor der Deportation nach Auschwitz. In einer Nacht- und Nebelaktion wurden fast alle Juden des Landes nach Schweden gebracht. Möglich wurde die einzigartige Aktion, weil ein deutscher Diplomat heimlich vor dem drohenden Abtransport gewarnt hatte.
"Die Menschen an Bord waren seekrank, meine arme Mutter, die ohnehin ungern auf dem Meer ist, war dazu noch schwanger. Man musste kotzen und zitterte vor Angst, denn oben kreisten deutsche Flugzeuge."
1943, in der Nacht vom ersten auf den zweiten Oktober: Tausende dänische Juden fliehen in kleinen Fischerbooten über den Öresund nach Schweden. Darunter Bent Melchior, der Sohn und Nachfolger des damaligen dänischen Oberrabbiners Markus Melchior. Bent, mittlerweile 84 Jahre alt, erinnert sich genau an das Abenteuer seiner Familie:
"Mein Vater hat mir das niemals erzählt, aber ich glaube, dass er Tabletten bei sich hatte für den Fall, dass wir in die Hände der Deutschen geraten. Er würde in diesem Fall dem eigenen Leben ein Ende setzen, weil er wahrscheinlich ahnte, was die Deutschen uns antun würden. Als wir nach einer zehnstündigen Irrfahrt endlich an Bord die Worte hörten, "Willkommen in Schweden" fühlten wir uns wie im Garten Eden."
1943, in der Nacht vom ersten auf den zweiten Oktober: Tausende dänische Juden fliehen in kleinen Fischerbooten über den Öresund nach Schweden. Darunter Bent Melchior, der Sohn und Nachfolger des damaligen dänischen Oberrabbiners Markus Melchior. Bent, mittlerweile 84 Jahre alt, erinnert sich genau an das Abenteuer seiner Familie:
"Mein Vater hat mir das niemals erzählt, aber ich glaube, dass er Tabletten bei sich hatte für den Fall, dass wir in die Hände der Deutschen geraten. Er würde in diesem Fall dem eigenen Leben ein Ende setzen, weil er wahrscheinlich ahnte, was die Deutschen uns antun würden. Als wir nach einer zehnstündigen Irrfahrt endlich an Bord die Worte hörten, "Willkommen in Schweden" fühlten wir uns wie im Garten Eden."
Die dänische Polizei schaute bewusst weg
Die Flüchtlinge waren gewarnt worden. Die dänische Bevölkerung hatte sich für "ihre Juden" eingesetzt. Unbekannte hatten Geld und Kleidung gespendet, Taxifahrer Transporte angeboten und Ärzte die Verfolgten in Krankenhäusern versteckt - getarnt als Patienten. Die dänische Polizei schaute bewusst weg. Jørgen Kieler, 94 Jahre alt, war damals Medizinstudent und aktiver Widerstandskämpfer. Er half - mit seinen Freunden - über 800 Juden zur Flucht:
"Wir machten uns auf die Suche in den Armenvierteln Kopenhagens, wo osteuropäische Juden lebten. Über Kontaktpersonen fanden wir sie letztlich in Hinterhöfen und in Kellerräumen. Manchmal waren sie so verängstigt, dass sie einen Rechtsanwalt verlangten. Manchmal überraschte uns eine deutsche Patrouille, aber als sie sahen, dass wir bewaffnet waren, zogen sie sich zurück."
Die meisten dänischen Juden - rund 6000 - entgingen der Verhaftung. Hinzu kamen bis zu 1500 deutsche Juden, die zuvor nach Dänemark geflüchtet waren. Knapp 500 Verfolgte hingegen wollten oder konnten nicht mehr untertauchen. So stand etwa bei der achtköpfigen Kopenhagener Familie Fischermann plötzlich die SS vor der Tür:
"So, dann hat meine Mutter aufgemacht die Tür und da ist ein dänischer SS-Mann reingekommen mit drei Wehrmachtssoldaten und hat gesagt: Nimm warme Kleider und Essen für drei Tage. Und dann sind wir alle unten in einen Lastwagen, und wir sind rausgefahren bis zum Hafen. Da ist gelegen ein deutsches Schiff, ein Frachtschiff. "Vaterland" hat es geheißen. Und von dort sind wir ganz unten im Boden auf dem Schiff gebracht, zusammen mit zirka 50 Leute. 50 dänische Juden. Und von dort sind wir gefahren nach Swinemünde und von Swinemünde in Viehwagen nach Theresienstadt."
"Wir machten uns auf die Suche in den Armenvierteln Kopenhagens, wo osteuropäische Juden lebten. Über Kontaktpersonen fanden wir sie letztlich in Hinterhöfen und in Kellerräumen. Manchmal waren sie so verängstigt, dass sie einen Rechtsanwalt verlangten. Manchmal überraschte uns eine deutsche Patrouille, aber als sie sahen, dass wir bewaffnet waren, zogen sie sich zurück."
Die meisten dänischen Juden - rund 6000 - entgingen der Verhaftung. Hinzu kamen bis zu 1500 deutsche Juden, die zuvor nach Dänemark geflüchtet waren. Knapp 500 Verfolgte hingegen wollten oder konnten nicht mehr untertauchen. So stand etwa bei der achtköpfigen Kopenhagener Familie Fischermann plötzlich die SS vor der Tür:
"So, dann hat meine Mutter aufgemacht die Tür und da ist ein dänischer SS-Mann reingekommen mit drei Wehrmachtssoldaten und hat gesagt: Nimm warme Kleider und Essen für drei Tage. Und dann sind wir alle unten in einen Lastwagen, und wir sind rausgefahren bis zum Hafen. Da ist gelegen ein deutsches Schiff, ein Frachtschiff. "Vaterland" hat es geheißen. Und von dort sind wir ganz unten im Boden auf dem Schiff gebracht, zusammen mit zirka 50 Leute. 50 dänische Juden. Und von dort sind wir gefahren nach Swinemünde und von Swinemünde in Viehwagen nach Theresienstadt."
Dänen schickten Hilfspakete nach Theresienstadt
Salle Fischermann ist ein kleiner, agiler 83-Jähriger mit grauen Haaren, grauem Bart und blauen Augen. Trotz des schweren Schicksals versprüht er eine ungemeine Lebensfreude. Dabei stand er 1943, als 13-Jähriger, zusammen mit seiner Mutter und seinen Geschwistern kurz vor dem Tod durch Krankheit und Hunger. 54 der insgesamt 480 Dänen in Theresienstadt starben - doch dann gab es plötzlich eine Extraversorgung:
"Wir haben Glück gehabt. Weil wir haben Pakete bekommen von Dänemark. Und jeder hat bekommen fünf Kilo jeden Monat. Mit sehr gutem Essen drinnen. Da war Käse, da war Fleisch - da war alles drin. Dass wir können überleben!"
Die dänischen Behörden hatten die Esspakete gegenüber der Besatzungsmacht durchsetzen können. Noch Unglaublicheres geschah: Während Juden anderer Nationalität von Theresienstadt aus in Vernichtungslager geschickt wurden, konnten die dänischen Juden wieder aus dem KZ herausgeholt werden. Und zwar vom Schwedischen und vom Dänischen Roten Kreuz. Dazu waren - in den Wirren der letzten Kriegsmonate - Berliner SS-Funktionäre bestochen und überlistet worden. Überlebender Salle Fischermann hat seine Rettung noch immer vor Augen: Im April 1945 holten weiße Busse die ausgemergelten Gefangenen ab:
"Wir sind gekommen zur Grenze nach Dänemark. Von dort sind wir weiter gefahren nach der Insel Fyn. Am Abend haben wir ein großes Mittag bekommen. Und man kann sich vorstellen, so ein großes dänisches Mittag, was das ist! Die Klosetten waren nicht schön nachher."
In anderen besetzten Ländern - und auch im Deutschen Reich - schaute die Bevölkerung zumeist weg, wenn Juden abgeholt wurden. Viele verrieten sogar die Verfolgten. Das dänische Volk hingegen stellte sich schützend vor die Minderheit:
Poulsen-Hansen: "Die Dänen haben die jüdischen Bürger als Mitbürger, als Landsleute betrachtet. Da ist vielleicht ein Unterschied zu anderen Ländern."
Maier-Wolthausen: "Also der Hintergrund muss wohl ein im Verhältnis zu anderen Ländern weniger gewaltbereiter Antisemitismus und weniger Stereotype sein."
Herbert: "Und der Versuch der Deutschen, die dänischen Juden aus dem dänischen Volk heraus zu lösen, sie gewissermaßen in eine völkische Sonderrolle zu bringen, ist auf Unverständnis und Ablehnung gestoßen."
"Wir haben Glück gehabt. Weil wir haben Pakete bekommen von Dänemark. Und jeder hat bekommen fünf Kilo jeden Monat. Mit sehr gutem Essen drinnen. Da war Käse, da war Fleisch - da war alles drin. Dass wir können überleben!"
Die dänischen Behörden hatten die Esspakete gegenüber der Besatzungsmacht durchsetzen können. Noch Unglaublicheres geschah: Während Juden anderer Nationalität von Theresienstadt aus in Vernichtungslager geschickt wurden, konnten die dänischen Juden wieder aus dem KZ herausgeholt werden. Und zwar vom Schwedischen und vom Dänischen Roten Kreuz. Dazu waren - in den Wirren der letzten Kriegsmonate - Berliner SS-Funktionäre bestochen und überlistet worden. Überlebender Salle Fischermann hat seine Rettung noch immer vor Augen: Im April 1945 holten weiße Busse die ausgemergelten Gefangenen ab:
"Wir sind gekommen zur Grenze nach Dänemark. Von dort sind wir weiter gefahren nach der Insel Fyn. Am Abend haben wir ein großes Mittag bekommen. Und man kann sich vorstellen, so ein großes dänisches Mittag, was das ist! Die Klosetten waren nicht schön nachher."
In anderen besetzten Ländern - und auch im Deutschen Reich - schaute die Bevölkerung zumeist weg, wenn Juden abgeholt wurden. Viele verrieten sogar die Verfolgten. Das dänische Volk hingegen stellte sich schützend vor die Minderheit:
Poulsen-Hansen: "Die Dänen haben die jüdischen Bürger als Mitbürger, als Landsleute betrachtet. Da ist vielleicht ein Unterschied zu anderen Ländern."
Maier-Wolthausen: "Also der Hintergrund muss wohl ein im Verhältnis zu anderen Ländern weniger gewaltbereiter Antisemitismus und weniger Stereotype sein."
Herbert: "Und der Versuch der Deutschen, die dänischen Juden aus dem dänischen Volk heraus zu lösen, sie gewissermaßen in eine völkische Sonderrolle zu bringen, ist auf Unverständnis und Ablehnung gestoßen."
Die Dänen hatten die deutschen Besatzer satt
Die Experten wissen heute: Das "skandinavische Wunder" war nicht nur wegen der liberalen, freisinnigen dänischen Mentalität möglich. Sondern auch wegen der besonderen politischen Ausgangslage.
"Deutsche Truppen sind im Morgengrauen in Kopenhagen gelandet. Die Zitadelle und die Rundfunkstation wurden besetzt."
Rückblick, 9. April 1940. Die Deutschen brechen ihren Nichtangriffspakt und marschieren in Dänemark ein. Doch sie behandeln das Königreich mit Samthandschuhen - als ein "Musterprotektorat":
Maier-Wolthausen: "Na, zum einen ist Dänemark nicht das Ziel dieses Angriffs. Das Ziel dieses Angriffs ist Norwegen. Dänemark liegt strategisch dazwischen. Insbesondere der Flughafen in Aalborg ist ein wichtiger Versorgungsstützpunkt für die deutschen Truppen in Norwegen. Und darum sagt man, man möchte vielleicht von deutscher Seite Dänemark mit so wenig Truppen wie möglich sichern, denn die braucht man im Norden."
Clemens Maier-Wolthausen hat dieses dänische Kapitel detailliert untersucht. Der Historiker vom Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung erklärt, dass Dänemark sogar seine Regierung behalten und freie Wahlen durchführen konnten. Der Grund: Das Agrarland exportierte kriegswichtige Nahrungsmittel ins NS-Reich. Doch 1943 änderte sich die Lage: Stalingrad war verloren, die Alliierten hatten Nordafrika befreit und begannen mit der Italien-Invasion.
Angesichts der deutschen Schwäche kam es im August 1943 in Dänemark zu Unruhen. Flugblattaktionen, Streiks und Sabotageversuche standen auf der Tagesordnung. Die Deutschen forderten von der dänischen Regierung ein hartes Durchgreifen, doch die Regierung legte lieber ihr Amt nieder. Daraufhin verhängten die Nationalsozialisten den Ausnahmezustand - und nahmen schließlich auch die Deportation dänischer Juden in Angriff. Doch 95 Prozent der Gesuchten waren bereits abgetaucht - bei Nachbarn, Freunden und unbekannten Helfern.
Maier-Wolthausen: "Ich glaube, viele Dänen wussten insgeheim, dass die Rettung der dänischen Juden zwar eine großartige Leistung war. Dass sie aber für viele der aktiven Retter vor allem eine Möglichkeit war, den Deutschen die Stirn zu bieten. Es ging nicht unbedingt für jeden einzelnen um die Rettung eines jüdischen Bürgers, sondern hier zu zeigen, dass man - auf gut Deutsch gesagt- die Schnauze voll hatte von der Zusammenarbeit mit den Deutschen."
Duckwitz: "Der Mensch hat ganz selten das Glück, das ganz große Glück, eine Aktion zu veranstalten, die eigentlich vom Menschlichen her gesehen ganz selbstverständlich ist."
"Deutsche Truppen sind im Morgengrauen in Kopenhagen gelandet. Die Zitadelle und die Rundfunkstation wurden besetzt."
Rückblick, 9. April 1940. Die Deutschen brechen ihren Nichtangriffspakt und marschieren in Dänemark ein. Doch sie behandeln das Königreich mit Samthandschuhen - als ein "Musterprotektorat":
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Clemens Maier-Wolthausen hat dieses dänische Kapitel detailliert untersucht. Der Historiker vom Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung erklärt, dass Dänemark sogar seine Regierung behalten und freie Wahlen durchführen konnten. Der Grund: Das Agrarland exportierte kriegswichtige Nahrungsmittel ins NS-Reich. Doch 1943 änderte sich die Lage: Stalingrad war verloren, die Alliierten hatten Nordafrika befreit und begannen mit der Italien-Invasion.
Angesichts der deutschen Schwäche kam es im August 1943 in Dänemark zu Unruhen. Flugblattaktionen, Streiks und Sabotageversuche standen auf der Tagesordnung. Die Deutschen forderten von der dänischen Regierung ein hartes Durchgreifen, doch die Regierung legte lieber ihr Amt nieder. Daraufhin verhängten die Nationalsozialisten den Ausnahmezustand - und nahmen schließlich auch die Deportation dänischer Juden in Angriff. Doch 95 Prozent der Gesuchten waren bereits abgetaucht - bei Nachbarn, Freunden und unbekannten Helfern.
Maier-Wolthausen: "Ich glaube, viele Dänen wussten insgeheim, dass die Rettung der dänischen Juden zwar eine großartige Leistung war. Dass sie aber für viele der aktiven Retter vor allem eine Möglichkeit war, den Deutschen die Stirn zu bieten. Es ging nicht unbedingt für jeden einzelnen um die Rettung eines jüdischen Bürgers, sondern hier zu zeigen, dass man - auf gut Deutsch gesagt- die Schnauze voll hatte von der Zusammenarbeit mit den Deutschen."
Duckwitz: "Der Mensch hat ganz selten das Glück, das ganz große Glück, eine Aktion zu veranstalten, die eigentlich vom Menschlichen her gesehen ganz selbstverständlich ist."
Diplomat Duckwitz liefert die entscheidende Information
Die Massenrettung - zweifellos ein Ergebnis dänischer Zivilcourage. Allerdings war sie nur dank eines mutigen Deutschen möglich: Georg Ferdinand Duckwitz. Der Schiff-Experte arbeitete an der Botschaft in Kopenhagen - und erfuhr dort von der geplanten Deportation der dänischen Juden. Wenige Tage vor Beginn gab Duckwitz den Termin - heimlich - an die dänischen Sozialdemokraten weiter. Diese wiederum warnten die jüdische Gemeinde. Duckwitz beschrieb später sein Motiv:
"Dass etwas gefährlich war, will ich nicht leugnen. Aber ... ich glaube, ich wäre mein ganzes Leben lang nicht mehr glücklich gewesen, wenn ich es nicht getan hätte."
Herbert: "Er ist einer der ganz wenigen Deutschen, bei denen man nachweisen kann, dass er unmittelbar und direkt zur Rettung von Juden beigetragen hat, die sonst dem Tode geweiht gewesen wären."
Der Freiburger Historiker Ulrich Herbert verweist darauf, dass Duckwitz jedoch eine widersprüchliche Person gewesen ist: Der Diplomat war NSDAP-Mitglied sowie Agent der deutschen Abwehr - vieles in seiner Biografie ist bis heute unklar. Sein selbstloser Einsatz ist allerdings unbestritten:
"Es widerspricht aber der Vorstellung, er sei ein Widerstandskämpfer sui generis."
Die Geflohenen überlebten in schwedischen Flüchtlingslagern. Nach dem Krieg debattierte die skandinavische Öffentlichkeit viel über die Hilfsaktion. Doch die meisten der betroffenen Juden schwiegen. Selbst innerhalb der Familie Fischermann wurde das Thema nicht angerührt. Theresienstadt-Überlebender Salle, der später den Dachverband der dänischen Freiheitskämpfer leitete, erklärt das Schweigen der ehemaligen KZler:
"Also sie haben sich geschämt, dass sie sind verhaftet worden. Und die anderen nicht. Und dafür haben sie nie davon gesprochen."
Auch Salles Schwester, Fanny Fischermann, schwieg jahrzehntelang. Denn sie war 1943 - zusammen mit einem Bruder und ihrem Vater - der Verhaftung in Kopenhagen entronnen. Doch beim Übersetzen über den Öresund kenterte ihr Fluchtboot. Bruder und Vater ertranken:
Fischermann: "So eine große Familie - und in zwei Tagen ist alles weg. Das ist ... das ist ... das ist sehr schwer zu überleben!"
Bendmann: "Die Leute, was gerettet werden, die haben faktisch lebenslang ein schlechtes Gewissen. Weil die verstehen nicht, warum die gerade gerettet werden."
Fannys Freundin Sonja Bendmann, 88 Jahre alt und ebenfalls Schweden-Flüchtling, wollte bis vor einigen Jahren ebenfalls nicht von ihrer Rettung berichten:
"Wenn mich jemand gefragt hat, hab ich immer gelogen. Richtig gelogen - ganz komisch."
Trotz vieler Tragödien - und auch trotz heftiger Debatten über die anfängliche dänische Kooperations-Politik: Heute nimmt die einzigartige Rettungsaktion einen bedeutenden Teil der nationalen Geschichtsschreibung ein. Für den dänischen Botschafter Per Poulsen-Hansen hat sein Land allen Grund, auf das Ereignis vor 70 Jahren stolz zu sein:
"Weil es ist ja nicht in anderen okkupierten Ländern so gegangen in Europa. Und wir also haben diese Möglichkeit gehabt, die jüdischen Landsleute, Mitbürger - und sie wurden so betrachtet - nach Schweden zu bringen. Und ich glaube, es spielt eine Rolle für unser Selbstbewusstsein."
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"Es widerspricht aber der Vorstellung, er sei ein Widerstandskämpfer sui generis."
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"Also sie haben sich geschämt, dass sie sind verhaftet worden. Und die anderen nicht. Und dafür haben sie nie davon gesprochen."
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