Letztes Album von DAF
Nach dem Tod von Gabi Delgado hat Robert Görl ein letztes Album als DAF veröffentlicht. © Grönland Records/Rick Burger
Ohne Delgado, ohne Wucht
09:30 Minuten
Mit provokanten Songs wie "Der Mussolini" schrieb das Elektropunk-Duo DAF Anfang der 80er-Jahre Popgeschichte. Nach dem Tod von Gabi Delgado veröffentlicht Robert Görl nun das Album „Nur noch einer“. Der Anschluss ans Frühwerk der Gruppe gelingt nicht.
Der Kritiker Martin Risel ist enttäuscht. Auch wenn Robert Görl jetzt betone, er habe den toten Gabi Delgado gespürt bei der Produktion, sogar Eingebungen erhalten – auf dem neuen und letzten Album von DAF fehle das Besondere, der Kick, der Punch, die Wucht. Denn dafür habe DAF gestanden, dieses Duo aus Görl und Delgado, das Anfang der 80er-Jahre die deutschsprachige Popmusik nachhaltig veränderte.
Wegbereiter für Elektropunk, Techno und NDW
Die beiden verzichteten damals auf klassische Songstrukturen, stattdessen waren die Stücke aufgebaut wie Tracks, erklärt Risel. Wichtig war der Sequencer-Sound des Korg-Modells MS-20, einem der ersten erschwinglichen Synthesizer. Der Produzent Conny Plank jagte den Klang durch einen Gitarrenverstärker – und sorgte damit für den DAF-typischen Sound.
Dazu kamen die Texte von Gabi Delgado, mit denen er zu provozieren wusste: Der bekannteste Song der Band heißt „Der Mussolini“. DAF – der Name stand für Deutsch-amerikanische Freundschaft – waren Wegbereiter für Elektropunk, Techno und Neue Deutsche Welle. Immer wieder werden sie in der Popkultur zitiert.
Im März 2020 starb Delgado im Alter von 61 Jahren. Angeblich – so steht es im Presseanschreiben – hätten er und Görl kurz davor gestanden, für neue Aufnahmen gemeinsam ins Studio zu gehen. Dieses Album hat Görl nun nach dem Tod von Delgado alleine fertiggestellt – mit der Hilfe der Produzentin Sylvie Marks. Es trägt den Namen „Nur noch einer“.
Alte Aufnahmen und eine neue Stimme
Nicht mehr Gabi Delgados Stimme ist nun auf den Aufnahmen zu hören, sondern die von Robert Görl. Auch die Texte kommen von ihm. Beides hätte wohl Delgado besser, kunstvoller hinbekommen, sagt unser Kritiker. Das musikalische Material auf „Nur noch einer“ stamme in Teilen von alten Tonbändern, etwa aus der Anfangszeit der Band. Zur Konservierung sei es luftdicht verpackt gewesen.
Inhaltlich gibt es Bezüge zur Bandgeschichte: Zwei Songs beziehen sich auf den Ratinger Hof, die längst nicht mehr existierende Düsseldorfer Altstadtkneipe, die heute als Keimzelle von Deutsch-Punk und Elektro gilt. Hier waren DAF Stammgäste, ebenso wie Kraftwerk oder die Fehlfarben.
Ein Erinnerungsstück, das vermissen lässt
Das neue Album soll das endgültig letzte sein von DAF. Doch als Erinnerungsstück tauge es wenig, urteilt Martin Risel. Fans des Duos werden die Texte und die Stimme von Delgado nun erst recht vermissen. Das Fazit unseres Kritikers: „Nur noch einer“ ist eben wirklich nur noch einer – und nicht mehr eines der aufregendsten Duos der deutschen Popgeschichte.