Dagmar Geisler: “Wieso hab ich eigentlich Angst?”
© Loewe
Ein Freund, der uns schützen will
06:09 Minuten
Dagmar Geisler
Wieso hab ich eigentlich Angst?Loewe Verlag, Bindlach 202236 Seiten
12,95 Euro
Dunkelheit, Unfälle, Scheitern: Es gibt vieles, wovor sich Menschen fürchten. Ein neues Buch von Dagmar Geisel unterstützt Kinder ab fünf Jahren dabei, ihre Ängste besser zu verstehen und sich nicht für sie zu schämen.
Die einen bekommen schwitzige Hände, die anderen Herzklopfen. Es gibt die, die ganz steif werden, sich kaum noch rühren, und die, die hektisch werden, am liebsten wegrennen würden. Angst zeigt sich bei jedem von uns unterschiedlich und sie hat ganz verschiedene Auslöser: Das beschreibt die Illustratorin und Autorin Dagmar Geisler in ihrem neuen Sachbuch für Kinder ab fünf Jahren.
Auf großformatigen, bunt gestalteten Doppelseiten lernen wir ganz unterschiedliche Figuren kennen: Kim, die Angst hat vor dem großen Hund ihrer Nachbarn, Frau Sebald, die sich vor Spinnen fürchtet, Leo, der sich nicht traut, seiner Freundin einen Heiratsantrag zu machen - denn was macht er, wenn sie Nein sagt? Von Anfang an macht Dagmar Geisler klar: Angst haben Erwachsene genauso wie Kinder - und weder Groß noch Klein muss sich dafür schämen.
Farbenfreude und Humor
Ihre Illustrationen setzen dem negativ konnotierten Thema Angst Farbenfreude und Humor entgegen: In einer Zeichnung entpuppt sich ein Haifisch im Wasser als aufblasbares Spielzeug. Auf einer anderen Seite recken aufgeschreckte Nervenzellen ihre Zellfortsätze in alle Richtungen und rufen in Sprechblasen: Geh in Deckung! Stell dich tot!
So zeigt Dagmar Geisler kindgerecht, was in unserem Körper passiert, wenn wir Angst bekommen. Die Gänsehaut zum Beispiel erklärt sie in einfachen Sätzen als Erbe unserer tierischen Vorfahren: “Die kleinen Härchen am Körper stellen sich auf. Wenn wir ein Fell hätten, sähen wir jetzt riesig aus.”
Themen, die auch Erwachsene meiden
“Wieso hab ich eigentlich Angst?” ist in der Buchreihe “Emotionale Entwicklung” des Loewe-Verlags erschienen, die Kindern hilft, ihre Gefühle zu reflektieren. Dagmar Geisler macht darin vor allem Emotionen zum Thema, die auch Erwachsene in Gesprächen oft meiden: Wut, Trauer, Stress. Schwierige Situationen in Familien wie Streit zwischen Geschwistern oder Eltern, die sich trennen, stellt sie ins Zentrum.
Denn die Autorin, die schon seit über 25 Jahren Bücher für Kinder schreibt, ist überzeugt: “Jedes Gefühl ist, wenn es da ist, erst einmal richtig.” Sie schreibe und zeichne, um Kindern zu zeigen, wie man über Emotionen spricht - und dass es darauf ankomme, seine Gefühle auszuleben, ohne andere dabei zu verletzen.
Der Angst ein Gesicht geben
Mit Kindern und Jugendlichen über ihre Ängste zu reden, scheint in Zeiten des Angriffskriegs gegen die Ukraine ratsamer denn je. In einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung sagt rund die Hälfte der befragten 12- bis 18-Jährigen, dass es auch in Deutschland Krieg geben könnte, bereite ihnen “sehr große Sorgen”. Den Klimawandel fürchten 42 Prozent sehr.
Was gegen die Angst am besten hilft, hat Dagmar Geisler in ihrem einfühlsamen Buch aufgezeichnet: ein Gespräch mit einer Vertrauensperson. Danach kann man der Angst gemeinsam ein Gesicht geben, sie auf ein Blatt Papier malen, um sie am Ende als das zu begreifen, was sie ist: ein Freund, der versucht, uns vor Gefahren zu bewahren.