Mäandernde Gospelchöre und meditative Percussion
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Damon Locks geht es darum, die strukturelle Gewalt in den USA zu überwinden. Mit seinem Black Monument Ensemble verfolgt er diese Vision musikalisch. Mitten im Lockdown hat er mit dem Orchester nun ein neues Album veröffentlicht.
"Ich war wirklich nervös, weil sechs Sängerinnen dabei waren. Ich wollte garantieren, dass jeder sicher ist, keiner sollte wegen der Aufnahmen an Corona erkranken. Im selben Moment war es so schön, dass wir wieder zusammenkommen und etwas Neues schaffen konnten."
Schön und gruselig
Damon Locks hatte die elfköpfige Band in zwei Gruppen aufgeteilt, für zwei Aufnahmesessions. Die erste Session konnte im Garten des Studios mit den Sängerinnen und Klarinettistin Angel Bat Dawid aufgezeichnet werden, bei 34 Grad im Schatten. Beim zweiten Termin sah es etwas anders aus.
"Das Schlagzeug wurde im Studio abgenommen. Wir trugen alle Masken und konnten einander nicht richtig nahekommen. Aber mit dem gemeinsamen Musikmachen entstand dann wieder Nähe. Es war schön und es war gruselig."
Die Musik hat etwas Verspieltes, sie nimmt noch einmal andere Farben an in den vielen Kontexten, die Locks für sie öffnet. Auf dem Albumcover ist Tänzerin Raven Lewis in einer Collage mit einer Protestgruppe der Occupy-Bewegung zu sehen. Im Video zum Titel-Track tauchen historische Bilder von US-Bürgerrechtsprotesten auf.
Panorama-Aufnahme der Black Community
Seine Songs speist Locks mit Spoken-Word-Passagen, das Spektrum reicht von gesampelten Dokuaufnahmen bis zu philosophischen Auseinandersetzungen. So entsteht eine Panorama-Aufnahme der Black Community, in der Vergangenheit und Gegenwart sich begegnen.
"Wir leben in harten Zeiten, die Leute brauchen die Kunst und die Gemeinschaft, sie brauchen auch aufregende Sounds. Und mehr als jemals zuvor verbinden sich die Szenen in Chicago dafür - Künstler und Dichter, Tänzer, Theatermacher und Theoretiker."
Diese Vielfalt spiegelt sich in Locks Orchester wider, mit all den Instrumentalisten, Sängerinnen und Tänzerinnen, die die Musik live in ein Multimedia-Erlebnis verwandeln.
Die Grenze der Bühne überwinden
Der Bandchef denkt dabei an die Chicagoer Afrojazz-Band von Phil Cohran und Happenings im Geiste der 1960er.
"Ich stelle mir vor, wie eine Phil-Cohran-Performance 1968 gewesen sein könnte. Wenn 17 Leute die Bühne betreten, kommen und gehen, fühlt sich das nicht wie ein Konzert an. Wir überwinden mit dem Black Monument Ensemble die Grenzen der Bühne die ganze Zeit, besonders mit den Tänzerinnen."
Wann wir das Ensemble live erleben können, steht in den Sternen. Das Album ist aber mehr als nur ein großartiger Vorbote geworden. Eine Feier des Come-together mit elegant mäandernden Gospelchören und meditativer Percussion, selbst die Zikaden im Garten kann man singen hören. Diesem Moment setzt Damon Locks ein Denkmal, es tanzt geradezu auf Beats und Stimmen.