"Dreigroschenoper" als Therapie
Der Regisseur Dani Levy lässt am Theater Basel die "Dreigroschenoper" mit Figuren wieder auferstehen, die sich in einer japanischen Irrenanstalt befinden. Das Bühnenbild soll eine Insel sein. Mackie Messer ist sehr brav – und das Ergebnis zwiespältig.
Der seit Langem in Berlin lebende Schweizer Filmregisseur und Komödienspezialist Dani Levy ("Mein Führer", "Alles auf Zucker") hat in seiner Heimatstadt Basel Brechts "Dreigroschenoper" auf die großen Opernbühne gebracht. Das Ergebnis ist zwiespältig: originelle Regiekonzeption, ziemlich langatmige Umsetzung.
Dani Levy hat für die "Dreigroschenoper" eine Regiekonzeption gefunden, die – wie bei Peter Weiss' "Marat/Sade" – das Stück von einer Truppe hilfsbedürftiger Personen aufführen lässt (Burnout, posttraumatische Störung etc). Die befinden sich in einer japanischen Irrenanstalt; gespielt wird auf einer märchenhaften asiatischen Insel mit Pagoden, Felsen und Seerosenteichen (Bühne: Jo Schramm).
Gestörte bürgerliche Existenzen
Die Figuren werden anfangs als gestörte bürgerliche Existenzen vorgestellt (Manager, Banker, Soldat) und führen dann, angeblich aus therapeutischen Zwecken, die "Dreigroschenoper" auf. Die Schauspieler leiden unter jenen Ticks und Verrücktheiten, die ihnen Levy im Vorspiel angedichtet hat: der eine hat ein Beschimpfungssyndrom, andere fallen ständig oder zucken mit den Gliedern.
Die Aufführung nimmt nur sehr langsam Fahrt auf, zumal Bettlerkönig Peachum (Thomas Reisinger) erkältet ist und nicht singen kann. Seine Songs wurden in der Premiere vom kurzfristig eingesprungenen Klaus Brömmelmeier übernommen. Bei den Damen wird es in den Höhen stimmlich leider etwas dünn – das Schiff mit acht Segeln kann auf diese Weise auch baden gehen.
Sehr braver Mackie Messer
Thiemo Strutzenberger ist ein sehr braver Mackie Messer, immer bemüht, es den Frauen recht zu machen, obgleich die ihm doch zu Füßen liegen. Die Polly der Paula Hans ist ein Hascherl aus gutem Hause, während Frau Peachum (Cathrin Störmer) ein resolutes Regiment führt. Mackies Gangsterbande spielt gleichzeitig die Huren und Polizeichef Brown (Ingo Tomi) ist ein Altfreak, der sich zur Polizei verirrt hat.
Der als E-Musik-Komponist vielfach ausgewiesene Johannes Kalitzke fällt durch ein fast akademisches Dirigat auf, das der großartigen "Basel Sinfonietta" einen durchsichtigen, analytischen Sound ermöglicht. Das Problem ist nur, dass das Orchester mitten im kindertheatralisch bunten Bühnenbild hockt und zeitweise quasi eingemauert ist. Das hat leider sehr ungute Konsequenzen für den Klang und ist sehr schade.
Aktien für eine Therapie-Compagnie
Am Ende kommt eine Vertreterin des Wohlfühl-Unternehmens "Healing-Mammon.com" auf die Bühne und bietet dem Publikum an, Aktien dieser Therapie-Compagnie zu erwerben, welche soeben mit der Aufführung der "Dreigroschenoper" psychodramatisch zur Gesundung der Schauspieler beigetragen habe. Ob das eine lohnende Investition ist, bleibt nach dieser Aufführung eher unklar.