Filmemacher bringt illegalen Waffenhandel vor Gericht
Für seine Recherche zu der ARD-Dokumentation "Tödliche Exporte. Wie das G36 nach Mexiko kam" wurde Daniel Harrich mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet. Der 33-jährige Regisseur und Autor hat das Genre "investigativer Spielfilm" etabliert − und erreicht damit ein Millionenpublikum.
Jahrelang haben Daniel Harrich und sein Team zum illegalen Handel mit Kriegswaffen recherchiert. Über den E-Mail-Verkehr bei der deutschen Rüstungsfirma Heckler und Koch und im Wirtschaftsministerium werden unter anderem Exportlisten und falsche Ausfuhrpapiere als Beweise für betrügerisches Handeln offen gelegt. Am Ende scheint offensichtlich, dass Deutschland illegal Waffen in Krisenregionen geliefert hat, dass in Mexiko demonstrierende Studenten mit G36-Sturmgewehren von Heckler und Koch erschossen wurden.
Die Recherche, ein jahrelanger Kraftakt, undenkbar ohne die volle Rückendeckung der Redaktion, beteuert Grimme-Preisträger Daniel Harrich:
"Wenn es so hochpolitische Themen sind, wie etwa Waffenexport, braucht man auch Redaktionen, die in guten wie in schlechten Zeiten zu einem stehen. Und in diesem Fall wurde nach Veröffentlichung der Filme nicht nur gegen die Waffenhändler verschiedener Kleinwaffenhersteller wie unter anderem Heckler und Koch ermittelt, sondern auch gegen uns investigative Journalisten."
Gerade erst ist eine Anklage gegen den Filmemacher wegen Veröffentlichung von Ermittlungsakten über illegale Waffengeschäfte geplatzt. Das Amtsgericht München hat die Eröffnung eines Hauptverfahrens abgelehnt mit der Begründung auf nicht hinreichenden Tatverdacht. Die ARD-Anstalten, in diesem Fall der Bayerische Rundfunk und als federführender Sender der Südwestrundfunk, haben den Journalisten auch in schweren Zeiten mit juristischem Beistand unterstützt, getreu der Überzeugung:
"Wenn es sein muss, gehen wir für die Pressefreiheit bis nach Karlsruhe. Und wir haben jetzt die interessante und glückliche Situation, dass eine sehr kluge Richterin am Amtsgericht München die Anklage der Staatsanwaltschaft einfach abgewiesen hat, gesagt hat, die ist nicht zulässig."
Heikle juristische Fragen
Martina Zöllner, Fernsehfilmchefin des SWR, hat nicht nur die Dokumentation "Tödliche Exporte" mit betreut, sondern auch den Fernsehfilm zum Thema mit dem Titel "Meister des Todes" begleitet. Daraus hat sich eine langjährige Zusammenarbeit mit dem Journalisten Regisseur und Autor Daniel Harrich und seinem Team ergeben. Neben der komplexen Recherche, die begleitet werden müsse, gelte es vor allem, heikle juristische Fragen zu klären, sagt Martina Zöllner:
"Fragen des Persönlichkeitsrechtes, Fragen des Schutzes des Projektes und der Protagonisten. Es ist einerseits eine qualitativ hochstehende journalistische Begleitung solcher Projekte notwendig, andererseits genauso eine juristische Begleitung."
Es sind Millionenprojekte, die Macher und Sender über eine lange Zeit aneinander binden. Verantwortung und Verpflichtung auf beiden Seiten ohne Erfolgsgarantie. Das Risiko, dass das Projekt an einstweiligen Verfügungen oder einer geplatzten Recherche scheitert, besteht immer. Eine Verantwortung, der sich vor allem öffentlich-rechtliche Sendeanstalten stellen sollten, meint die SWR-Fernsehchefin. Der juristische Beistand für den Filmemacher sei selbstverständlich gewesen:
"Wir haben getan, was wir konnten, damit Daniel Harrich nicht das Gefühl hat, er ist damit allein, mit den möglichen Konsequenzen für seine Produktionsfirma zum Beispiel. Das haben wir getan und das tun wir in aller Regel, soweit es möglich ist."
Der ARD-Themenabend "Tödliche Exporte" habe einiges ins Rollen gebracht, erklärt Filmemacher Daniel Harrich. Er nennt das Stichwort Endverbleibskontrolle, die stünde nun auf der politischen Agenda:
"Es ist auch nach über fünf Jahren Ermittlungen im Juni 2016 zur Anklage gegen sechs ehemalige Mitarbeiter von Heckler und Koch, darunter mehrere Geschäftsführer wegen bandenmäßiger illegaler Kriegswaffenexporte gekommen. Das ist ein Präzedenzfall, das wird jetzt zum größten öffentlichen Prozess gegen einen Kriegswaffenexporteur in der Bundesrepublik Deutschland. Das soll Anfang nächsten Jahres losgehen."
Das Publikum emotional erreichen
Um mit brisanten Inhalten ein möglichst breites Publikum zu erreichen, habe sich eine Kombination aus Fernsehfilm und Dokumentation bewährt. Volker Herres, Programmdirektor Erstes Deutsches Fernsehen, spricht von fiktionalen Stoffen mit journalistischer Vertiefung. Die Kombination, die er favorisiert:
"Über die Fiktion kriegen Sie ein Millionenpublikum. Sie können ein Thema emotional aufbereiten, Menschen emotional erreichen, aber dann gleichzeitig eine starke inhaltliche Botschaft damit verknüpfen, und 'Meister des Todes' hat ja für erhebliche Wirkung gesorgt. Ich glaube schon, dass wir damit eine große Wirkung erzielen und dass wir Gesellschaft bewegen."
Mit einem 90-minütigen Dokumentarfilm werde die ARD im nächsten Frühjahr die politische Befindlichkeit einer "nervösen Republik" aufgreifen. Auch Daniel Harrich, der das Genre "investigativer Spielfilm" etabliert hat, arbeitet längst an weiteren brisanten Dokus:
"Man sagt immer: Man ist immer so gut wie der letzte Film, den man gemacht hat. Ganz ehrlich, überhaupt nicht. Man fängt immer wieder von vorne an und es ist immer dieselbe Überzeugungsarbeit und immer ein großer Kampf."
Und trotzdem, er wird es immer wieder versuchen.