"Der beste Punk der Fotowelt"
Als Jugendlicher verdiente er sein Geld als Skater, in den 90ern machten ihn seine Fotos von Clubbesuchern plötzlich berühmt. Nun ist der Fotograf Daniel Josefsohn im Alter von 54 Jahren gestorben. "Er war immer in Bewegung", meint "Zeit"-Redakteur Christoph Amend. Fotograf Julian Röder erinnert sich an seine anarchische Seite.
In den 90er-Jahren tauchte Daniel Josefsohn plötzlich auf - mit einer brillanten Fotostrecke für den Musikkanal MTV. Er hatte junge Leute aufgenommen, die nachts in Clubs unterwegs waren und labelte sie frech als "Egoist", "Chaot", "Miststück" und "Konsumgeile Göre". Egal wem, er muss den von ihm Porträtierten immer nah gekommen sein, denn Josefsohns Bilder wirken offen, direkt und auf den wesentlichen Ausdruck eines Menschen oder die Szenerie, in der er steckt, gerichtet.
2012 erlitt Daniel Josefsohn einen Schlaganfall. Am Samstag ist er nun im Alter von nur 54 Jahren gestorben.
Christof Amend ist Chefredakteur des "Zeit-Magazins", in dem Daniel Josefsohn ein Jahr lang eine feste Kolumne hatte. Er schrieb darin über sein Leben vor und nach dem Schlaganfall. Sein Tod kam nicht ganz überraschend, sagte Amend im Deutschlandradio Kultur.
"Man hat schon gemerkt, dass er unglaublich damit gehadert hat, dass er nicht mehr der Alte ist. Und in den letzten Monaten hatte man schon zunehmend das Gefühl, es gehen ihm die Kräfte aus."
Daniel Josefsohns letztes großes Projekt war eine Israel-Reise ins Land seiner Eltern. Fotos zeigen ihn im Rollstuhl, mit orthodoxen Juden tanzend an der Klagemauer, erzählte Christoph Amend, Es war die letzte Geschichte, die sie im "Zeit-Magazin" mit dem Fotografen gemacht haben.
"Er war immer in Bewegung, diese Art des Skateboarders: aufs Brett, die Halfpipe, ab in die Luft, das ist ihm auch später immer eigen geblieben."
Alltagsbeobachtungen mit viel Humor
Tatsächlich war Josefsohn einer der ersten deutschen Skateboarder, in den 70er-Jahren in Hamburg. Sein Arbeitsstützpunkt lag immer in Deutschland, erst in der Hansestadt, später in Berlin. Der "Zeit"-Redakteur beschreibt ihn als "unglaublich einnehmend"
"Er verlangte Aufmerksamkeit, egal zu welcher Zeit. … Wenn man Daniel getroffen hat, er stand nicht nur vor mir, er war da, in Großbuchstaben 'DA'."
Christoph Amend sieht Daniel Josefsohn in einer Reihe mit Wolfgang Tillmans und Jürgen Teller, beides Fotografen seiner Generation:
"Ich glaube die drei haben auf ihre Art, den Blick - wie soll ich sagen - auf unseren Alltag und auf die Brüche und auf das Nicht-Perfekte mit einem, in seinem Fall, auch großen Witz gelenkt."
"Der beste Punk der Fotowelt", so nennt ihn Julian Röder. Mit dem Fotografen sprachen wir im Kulturmagazin "Kompressor" darüber, was Daniel Josefsohn ausgemacht hat, über seine Bildsprache und den Stil, der Josefsohn auszeichnete: spontan, frech und anarchisch.
Röder selbst zählt zu den wichtigsten Dokumentarfotografen Deutschlands, ist Teil der Ostkreuz-Fotoagentur in Berlin. Und er hat im Rahmen der diesjährigen Ruhrtriennale mit Daniel Josefsohn zusammengearbeitet - beide gaben dort Workshops für Nachwuchsfotografen.
Hören Sie hier das ganze Gespräch mit Julian Röder: