Ein radikaler Bohème-Antifaschist
Der Künstler Daniel Richter erinnert in einer gemeinsamen Berliner Ausstellung "Im Atelier Liebermann" an den Maler Jack Bilbo (1907-1967). Zu sehen sind in einem imaginären Atelier grafische Arbeiten, Gemälde und Skulpturen beider Künstler.
Unter dem Titel "Im Atelier Liebermann" wird die Stiftung Brandenburger Tor zweimal im Jahr mit einer kleinen Schau Einblick in das Atelier eines zeitgenössischen Künstlers gewähren. Sie erinnert an das berühmte Dachatelier Max Liebermanns, das über Jahrzehnte Zentrum seines künstlerischen Wirkens war und knüpft mit der künstlerischen Kraft und Energie des Atelierblickes an den genius loci an. Bei der im April eröffnenden Schau "Im Atelier Liebermann: Daniel Richter/Jack Bilbo" lädt der Künstler Daniel Richter (geb. 1962) den vergessenen Lebenskünstler und Maler Jack Bilbo (1907–1967) in sein imaginäres Atelier ein. Gezeigt werden grafische Arbeiten, Gemälde, Skulpturen und Zeichnungen beider Künstler, wobei der Fokus auf grafischen Arbeiten liegt.
Anarchistisch-künstlerischer Lebensentwurf
Richter zeigt sich von der "künstlerischen Haltung und der Haltung zum Leben" von Jack Bilbo beeindruckt, sagte er im Deutschlandfunk Kultur. "Die Strategien, die er angewendet hat, nicht nur als Künstler, sondern auch als Antifaschist und Anarchist, als Kneipenbesitzer, als Schriftsteller, als Bonvivant und anti-bürgerlicher Boheme, die finde ich interessant." Der anarchistisch-künstlerische Lebensentwurf von Bilbo habe ihn angezogen. Es sei schade, dass der Künstler in Berlin vergessen worden sei. Das rühre daher, dass er Deutschland bereits zu Beginn des Dritten Reiches verlassen habe und sehr spät zurückgekehrt sei. Dadurch habe der Maler die wesentliche Zeit seines Wirkens im Ausland verbracht.
Erinnerung an die Popologie
"Ich finde, er sah einfach toll aus", sagte Richter. Auf Fotos von 1941 sehe er mit Afro-Look und Vollbart bereits wie ein "früher Beatnik" aus. "Der könnte auch 1958 in den USA herumgestrolcht sein." Richter erinnerte an die "Popologie", Bilbos letzte Ausstellung im Europa-Center des pulsierenden Westberlins im Jahr 1967, kurz vor seinem Tod. Trotz eines veränderten Blicks auf die Abbildung von Sexualität finde er es amüsant, dass Bilbo eine Kunstrichtung auf der Bewunderung für den weiblichen Hintern aufgebaut habe. "Ein anderer Aspekt seiner Kunst ist, dass er sich sehr stark mit sich, mit seinen Ängsten, Dämonen, der Beschreibung der Welt beschäftigt." (gem)