Eine Geige und ihre dramatische Geschichte
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Von Krieg und Vertreibung könnte sie erzählen, aber auch von Konzerten in großen Sälen und kleinen Cafés. Der Violinist Daniel Weltlinger hat eine Geige von seinem Großvater in Australien geerbt. Deren Geschichte beginnt um 1910 im ungarischen Szolnok.
Das Instrument von Daniel Weltlinger ist ein Familienerbstück. Sein Großvater hat das Instrument erworben. Es wurde Anfang des 20. Jahrhunderst in Ungarn gebaut, in Szolnok. Mit seinem jüdischen Besitzer kam es über Wien, Marseille und Casablanca schließlich nach Australien. Es überstand alle Wirren der Zeit - genauso wie der Besitzer Zoltan Fischman, der sich nie von seiner Geige trennte.
Die Violine liegt nun in den Händen von Daniel Weltlinger, der die Geschichte des Erbstückes als Ausgangspunkt für seine neue CD "Szolnok" genommen hat. Das Instrument habe einen tiefen, dunklen, typisch ungarischen Ton, sagt der Geiger.
Das Stück "Ernö" erzählt von der ersten Station der Geige. Der Großvater habe das Instrument nämlich von seinem Bruder Ernö erhalten, berichtete Weltlinger im Deutschlandfunk Kultur. Dieser war 1918 im Budapester Opernhaus aufgetreten. Er spielte damals als Solist das Violinkonzert von Johannes Brahms. Wenige Tage nach dem Konzert starb Ernö an einer Grippe.
Sein Großvater habe dann nach dem tragischen Tod des Bruders mit dessen Instrument seinen Lebensunterhalt verdient. Er glaubte, damit dem Geist des Bruders gerecht zu werden. In Erinnerung an diese Geschichte trägt das Stück "Ernö" laut Weltlinger melodische Bruchstücke des virtuosen Violinkonzertes von Brahms in sich.
2004 kam Daniel Weltlinger von Australien das erste Mal nach Deutschland. Inzwischen reist er auch viel mit seiner Geige quer durch Europa. Auch durch Ungarn. Dort hat er etliche Freunde. Leider gäbe es aber keine Verbindung mehr in den Geburtsort seines Großvaters, sagt der Musiker: "Nur eben diese Geige."
(cdr)